"Wir brauchen Disabled Mainstream" fordert Kölns Sozialdezernentin Bredehorst
Die Behindertenverbände kritisieren vor allem die Gleichgültigkeit der vermeintlich Normalen. Denn eigentlich ist es einfach, in allen Bereichen sind die Belange von Menschen mit Behinderungen mitzudenken. Dann müsste man nicht mehr die Fehler suchen, sondern Barrierefreiheit wäre Allgemeingut. Daran wollen alle Beteiligten arbeiten. So ist es nur konsequent, das OB, Sozialdezernentin und Behindertenbauftragte von einem Querschnittsthema sprechen. Was heißt das konkret, baut man ein Haus oder Toiletten wie im Kap am Südkai und baut 90 cm breite Türen statt der standardmässig vorgeschriebenen 80 cm Türen ein, dann hat man schon die Durchgänge barrierefrei gestaltet. So simpel ist das, nur man muss das Thema auf dem Schirm haben. Und die Kosten, nach Aussagen von Architekten bleiben nahezu identisch. So sollen in Zukunft so will es der Oberbürgermeister und Marlies Bredehorst alle Neubauvorhaben in Köln auf ihre Barrierefreiheit hin überprüft werden. Im Bauaufsichtsamt hat man bereits eine Checkliste erarbeitet. Damit will man verhindern, dass Pannen wie beim neuen Museum "Kolumba" passieren, also Gebäude errichtet werden, die im Jahr 2007 eröffnet werden, aber nicht barrierefrei sind.

Barrierefreies städtisches Internet kommt
So arbeite die städtische Verwaltung derzeit mit Hochdruck an einem barrierefreien Internetauftritt der städtischen Seiten. Schramma erklärte das Barrierefreiheit ein Standortvorteil ist, ganz besonders gefreut habe ihn, dass ein Fachmagazin, dass sich mit den Themen eingeschränkter Mobilität beschäftigt, Köln als interessantes Ziel für Wochenendtrips empfohlen habe. Marlies Bredehorst nannte die Behindertenarbeit ihres Dezernats "eine der wichtigsten Erfolge die wir erreichen konnten". In der Stadtarbeitsgemeinschaft sieht Bredehorst den Schlüssel zum Erfolg, denn dort diskutieren, beraten und beschließen die Vertreter der Sozial- und der Behindertenverbände gemeinsam mit der Stadt Köln konkrete Schritte. Bredehorst machte klar dass an den Worten und Beschlüssen einer so breit aufgestellten Arbeitsgemeinschaft nur schwer zu rütteln ist.

Und das Problem mit den nur 2 öffentlichen Toiletten? Tagsüber stehen die Toiletten in den städtischen Gebäuden zur Verfügung. Für die Nacht sollen Gastätten Abhilfe schaffen. So soll bei Nutzungsänderungen oder Neubauten von Gaststättenm darauf geachtet werden das ein barriefreier Zugang für Behinderte vorhanden ist. Die Gastronomen will man mit einem Flyer informieren und bitten zu verstehen, dass Barrierefreiheit auch ein Standortvorteil ist. So will man über diesen Weg die größte Not lindern und auch die entsprechenden Stellen kommunizieren.

Preiswerter barrierefreier Wohnraum gefordert
Es gibt zu wenig preiswerten Wohnraum der barrierefrei ist, wie man hier Abhilfe schaffen kann ist eine besondere Herausforderung für Politik, Verwaltung und Behindertenorganisationen. Dieses Thema wird einen Schwerpunkt in der Arbeit der nächsten Jahre bilden. Positiv sieht man, dass in den für sie relevanten Ausschüssen mittlerweile immer auch sachkundige Einwohner mit Behinderung vertreten sind. Hier will Bredehorst auch noch besonders unterstützend wirken. Die VHS ererbeitet gerade eine Fortbildungskurs für sachkundige Einwohner, damit diese sich auch kompetent einbringen können. Auch Vertreter von Behindertenorganisationen wie Herr Ladenberger werten die gemachten Schritte positiv, zeichnen aber auch ein differenziertes Bild des Erreichten. So komme man mit den Kulturinstitutionen gut und schnell voran, aber im Amt für Straßen- und Verkehrstechnik hapert es. Und gerade hier wäre es wichtig, denn hier geht es um die Sicherheit von Menschen mit Behinderung. Bei neuen Ampelanlagen fordert man Hilfen für Sehbinderte Menschen, aber auch taktile Leitelemente. Einen Handlungsschwerpunkt und den Schlüssel zum langfristigen und nachhaltigen Erfolg sieht man im gemeinsamen Unterricht. Denn wer schon in der Schule Menschen mit Behinderung und ihre speziellen Bedürfnisse, aber auch ihre Normalität und ihre besonderen Stärken kennengelernt hat, wird seine Einstellung ändern und automatisch Barrierefreiheit mitdenken und nicht einfach vergessen, wie der Architekt am Kap am Südkai.

Besserer Übergang zwischen Schule und Beruf gefordert
Die Kölner Behindertenbauftragte Reinicke formulierte die Schwerpunkte ihrer Arbeit für die nähere Zukunft und wies drauf hin, dass es nicht darum gehe ständig Neues zu erfinden, sondern handlungsorientiert Ziele umzusetzen und ähnlich wie bei einem Puzzle Teile zusammenzusetzen und fehlende Teile zu ergänzen. So müsse man die Belange und Bedarfe von Menschen mit Lernschwierigkeiten feststellen. Vor allem vor dem Hintergrund, dass Menschen mit Lernbehinderungen in Zukunft stärker auch zu Hause, oder in kleineren Einheiten wie Wohngemeinschaften leben werden. Damit fällt die Rundumversorgung der Heime weg und die Menschen müssen entsprechend stärker in ihre Veedel integriert werden. Reinicke nannte als positives Beispiel den Turnverein Rodenkirchen, der gemeinsam mit der Diakonie Michaelshofen als Leuchtturmprojekt des LVR heute schon ein Café, Lesungen, Aqua Fitness und die Angebote des Turnvereins für Menschen mit Behinderung geöffnet habe. In Rodenkirchen hat sich auf dieser Basis schon ein Netzwerk gebildet. Ein weiteres Projekt für 2008 ist der vom Bachem Verlag geplante Stadtführer in leichter Sprache und auch die Fortbildung der städtischen Mitarbeiter in leichter Sprache. Wichtig ist der Behindertenbeauftragten neben der Forcierung des gemeinsamen Unterrichts, auch die Verbesserung des Übergangs von Schule in den Beruf. Hier sei es wichtig die oft vorhandene Einbahnstrasse Förderschule und dann Behindertenwerkstatt zu durchbrechen und auch Behinderte Menschen stärker in den Ersten Arbeitsmarkt zu integrieren. Erreichen will Reinicke dies durch mehr Prakika behinderter Menschen in Betrieben, damit Unternehmensleiter den Wert der Arbeit von Behinderten erkennen, aber auch das sich frühzeitig Kontakte entwickeln können.

Oberbürgermeister Fritz Schramma schlägt einen kleinen Wettbewerb für Organisationen, Vereine, Unternehmen oder NGO´s vor, die sich in vorbildlicher Weise für die Umsetzung in theoretischer, aber auch als "Best Practice-Vorbild" des Leitmotivs "Eine Stadt für alle – Köln überwindet Barrieren" eingesetzt haben. Der Oberbürgermeister will hierfür einen Antrag in den Nachtragshaushalt einbringen. Eine gute Idee, denn so bleibt das Thema in den Köpfen, in denen ja bei dem ein oder anderen auch noch die eine Barriere zu überwinden ist. Der Flyer zum Thema beginnt übrigens mit einem wunderschönen Zitat von Reinhard Turre "Chancengleichheit bedeutet nicht, dass jeder einen Apfel pflücken darf, sondern dass der Zwerg eine Leiter bekommt."

Wer sich einbringen will, Ideen oder Fragen hat kann sich an das Büro der Behindertenbeauftragten wenden: 0221/221-29098.

// Andi Goral für report-k.de / Kölns Internetzeitung //