Köln | Der doppelte Abitur-Jahrgang stellt Kölner Wirtschaft und Bildungseinrichtungen vor eine besondere Herausforderung: Rund 6.500 Kölner Schülerinnen und Schüler werden in den kommenden Wochen ihre Schule mit einem Abitur-Zeugnis in der Hand verlassen – 2.500 mehr als im Vorjahr. Um den Abiturenten einen Überblick zu bieten, welchen Weg sie nach der Schule einschlagen können, findet am 8. Juni 2013 eine „Infobörse Doppelabi 2013“ in der Piazetta des Kölner Rathauses statt. Getragen wird die Veranstaltung von den Mitgliedern der 2011 gegründeten Initiative „Runder Tisch Doppelabiturjahrgang 2013“, die sich aus Vertretern Kölner Hochschulen, Arbeitgebervertretern, den Kammern, der Kreishandwerkerschaft , der Bundeswehr, der Stadt Köln sowie der Agentur für Arbeit zusammensetzt.   

Wie viele Abiturienten im Moment noch auf Beratung angewiesen seien, lasse sich derzeitig nicht beziffern, so die Verantwortlichen hinter der Initiative. Dies werde sich erst jetzt zeigen, nachdem die Abiturprüfungen abgeschlossen seien.

Der Runde Tisch „Doppelabiturjahrgang 2013“ habe in den vergangenen zwei Jahren seine Kräfte gebündelt, um dem Ansturm des doppelten Abiturjahrgangs gewachsen zu sein, so Kölns Schuldezernentin Agnes Klein. Neben der Beratung durch Stadt Köln und die Agentur für Arbeit böten zusätzlich Infobörsen und Messen Zugriff auf nützliche Tipps und Anregungen. Besonders nachgefragt sei die eigens dafür erstellte Homepage. Hier fänden Abiturienten umfangreiche Linksammlung, die zu den Angeboten der Hochschulen und der Wirtschaft verwiesen. Auch Freiwilligendienste, Hinweise auf Beratungsleistungen für Unentschlossene und Hilfestellungen zur Wohnungssuche seien hier leicht zugänglich zu finden. Unter den  neuen Abiturenten gebe es noch viele Unentschlossene, so Klein.

Die Leiterin der  Kölner Agentur für Arbeit, Roswitha Stock rät: „ Wer noch nicht bei der Abi-Beratung der Arbeitsagentur war, sollte das schnell nachholen.“ In einer solchen Beratung könne man Alternativen zum Studium oder auch sinnvolle Überbrückungsmöglichkeiten aufzeigen. Den Eltern rät die Agenturchefin, ihren Kinder frühzeitig bei der Berufswahl beiseite zu stehen.  Eltern sollten in die oft schwierige Entscheidung miteinbezogen werden.

Kölner Hochschulen zeigen sich vorbereitet

Die Universität zu Köln habe ihr Angebot an Studium und Lehre in den vergangenen Jahren ausgebaut, so Stefan Herzig, Prorektor für Lehre und Studium. Für den Zeitraum 2011 bis 2015 würde an seiner Hochschule Platz für zusätzliche 8.000 Studierende geschaffen. Durch das Aussetzen der Wehrpflicht habe man bereits in den letzten beiden Jahren eine Art Probelauf auf den jetzigen Ansturm gehabt, 2.000 zusätzliche Studienanfänger seien aufgenommen worden.

Auch die Fachhochschule Köln habe seit 2011 rund 2.800 mehr Studierende, so Sybille Fuhrmann, Leiterin der Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit an der FH Köln. Für 2013 rechne man mit rund 1.300 zusätzlichen Studienanfängern. Die FH richte ihren Tag der offenen Tür daher erstmalig nicht im September sondern bereits am 25. Mai aus. In den vergangenen Jahren habe die FH zusätzliche Studienplätze geschaffen, auch im Zusammenhang mit der Aussetzung der Wehrpflicht. Auch habe man rund 40 Kooperationsverträge mit Kölner Schulen geschlossen, um im Vorfeld Aufklärung und Beratung von interessierten Schülerinnen und Schülern vor Ort betreiben zu können.

Das Phänomen doppelter Abitur-Jahrgang sei der Deutschen Sporthochschule Köln bereits durch Bewerber aus anderen Bundesländern bekannt, es träfe sie nicht unvorbereitet, so Tanja Jost, vom Prorektorat Studium und Lehre an der Deutschen Sporthochschule. Seit 2007 habe man die Kapazität der aufgenommenen Studienanfänger um 70 Prozent gesteigert, für das kommende Wintersemster stünden zusätzlich 40 Studienplätze zur Verfügung. Um den Andrang der Bewerber zu entzerren, sei eine Einschreibung an der Sporthochschule nun zwei Mal pro Jahr und nicht wie bisher nur zum Wintersemester möglich.

Kölner Wirtschaftsvertreter sehen Doppelabi-Jahrgang als Chance – Kritik an Informationspolitik vieler Kölner Gymnasien

Die Vertreter der Kölner Wirtschaft sehen den doppelten Abiturjahrgang als Chance, um Abiturienten die Vorzüge der dualen Ausbildung näher zu bringen und qualifizierte Fachkräfte ausbilden zu können. So etwa durch Absolvieren eines so genannten Trialen Studiums, ins Leben gerufen durch die Handwerkskammer zu Köln, bei dem innerhalb von viereinhalb Jahren Berufsausbildung, Meisterschule und Bachelor-Studium absolviert werden sollen.  Auch Thomas Günther, Hauptgeschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Köln, sieht im Doppeljahrgang eine Chance. Viele Handwerksberufe seien in den letzten Jahren anspruchsvoller geworden, sodass ein steigender Bedarf an gut ausgebildeten Fachkräften und Spezialisten bestehe. Speziell die Gesundheitshandwerke und die Handwerke mit Kunstbezug verzeichneten seit vielen Jahren einen hohen Abiturientenanteil. Gregor Berghausen, Geschäftsführer Aus- und Weiterbildung, Industrie- und Handelskammer zu Köln, sieht in den Abiturienten 2013 auch eine einmalige Gelegenheit für die Mitglieder der IHK, qualifizierte Kräfte an sich zu binden. Er habe die Mitglieder-Betriebe dementsprechend motiviert, aktiv zu werden. Es gebe viele Angebote für Abiturenten. Man werde auch die Bewerbungsfrist nach hinten verlängern, um Studienbewerbern, die im Laufe des Sommers eine Absage erhielten, noch einen Ausbildungsplatz als Alternative anbieten zu können, auch für das sogenannte Duale Studium, bei dem Bachelor-Studium und Berufsausbildung kombiniert werden.

Kritik üben Kölner IHK und Handwerkskammer an der Informationspolitik vieler Kölner Gymnasien. Diese würden einzig über das Studium an Hochschulen informieren, alternative Angebote aus der Wirtschaft würden nicht aufgezeigt. Dabei gehe man gezielt auf die Gymnasien zu, veranstalte Informations-Kampagnen für Schulleiter und Lehrer, so  Ortwin Weltrich, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer zu Köln. Dabei gebe er zu bedenken, dass es keinen einzigen arbeislosen Handwerksmeister in Köln gebe, sehr wohl aber arbeitslose Akademiker, so Thomas Günther von der Kreishandwerkerschaft.

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Hintergrund:

Der „Runde Tisch Doppelabiturjahrgang 2013 in Köln“ wurde Anfang 2011 von Schuldezernentin Dr. Agnes Klein und der Leiterin der Agentur für Arbeit, Roswitha Stock, initiiert.

Folgende Akteure sind mitbeteiligt: die Bezirksregierung Köln, die Industrie- und Handelskammer zu Köln, die Kreishandwerkerschaft und die Handwerkskammer Köln, die Fachhochschule
Köln, die Universität zu Köln, die Deutsche Sporthochschule, die Arbeitgeber Köln, das Kreiswehrersatzamt sowie das Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben.

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Autor: Daniel Deininger | Foto: Lightpoet/Fotolia
Foto: Symbolfoto