Die Engelmünze aus dem Atelier Gregor Merten und Carmen Dietrich. Wer mehr zu dem Kunstprojekt erfahren will: www.engel -der-kulturen.de

Dialog, Begegnungsstätte der Kulturen, ein Ort des Friedens, diese oder ähnliche Worte fehlten in keiner der Reden im großen Zelt auf dem Sportplatz neben der Baustelle. Aber und das ist schade, von einer Normalität der Begegnung ist man noch weit entfernt. Massiver Polizeieinsatz, Leibesvisitationen am Eingang. Denn draußen auf der Straße schlägt die als rechtsextrem geltende Bürgerbewegung „Pro Köln“ andere Töne an. Aber und das ist beruhigend, die Gruppe der Störer bleibt immer etwa gleich groß, zwischen 50 -100 Anhängern und muss sich sogar Unterstützung aus dem Ausland holen. In Ehrenfeld, so wird es später Bezirksbürgermeister Josef Wirges feststellen, hat „Pro Köln“ einen Sitz im Bezirksparlament bei der Kommunalwahl verloren. Damit wird auch deutlich, dass die überwiegende Mehrheit der Ehrenfelder der Argumentation der als rechtsextrem geltenden „Pro Köln“ Bürgerbewegung nicht folgt.

Und viele Ehrenfelder stellten sich auch gestern wieder quer. Die Künstler Gregor Merten und Carmen Dietrich aus Burscheid unterstützten den Protest gegen „Pro Köln“ mit ihrem Kunstprojekt „Engel der Kulturen“. Das von den Künstlern entwickelte Symbol besteht aus einem Kreuz, einem Halbmond und einem Davidstern, die kreisförmig angelegt sind. Sie haben mit Google Maps festgestellt, dass man diese Kreislinie um Dom, Synagoge und Moschee legen kann, so daß Kreuz, Davidstern und Halbmond auf die realen Orte an denen die Bauwerke stehen passen. In der Binnenform entsteht dann ein Engel. So wurde mitten auf der Venloer Straße mit Hilfe der metallenen Grundform ein Engel aus Sand gemeinsam hergestellt. Zudem schmieden die Künstler in ihrer Werkstatt aus 50 Cent Münzen ihre Engelform um zu zeigen dass die Kultur über dem Geld steht, das uns oft genug trennt. Die Künstler werden mit ihrer Aktion auch auf Reisen gehen, von Essen nach Augsburg, dem Ort des Religionsfriedens von 1555, aber auch nach Ungarn und nach Istanbul. Für die Künstler ist die Kreisform aber auch ein Symbol dafür, dass sich keine der Kulturen über die andere stellen darf und somit den Kreis brechen darf, denn sonst zerstört sie den Globus, das Gemeinwesen. „Das ist auch ein Symbol gegen „Pro Köln“, so Gregor Merten, „keine der Kulturen und niemand kann aus diesem Kreis herausgerissen werden, ohne das deutlich wird, dass die anderen damit gleichzeitig beschädigt werden“.

Mit einem Gebet zur Grundsteinlegung durch Saban Kondi, den Vorbeter und Prediger der DITIB-Moschee  Köln, begann die Feierstunde zur Grundsteinlegung. Kondi rezitierte unter anderem Al-i Imran 84: „(O Muhammed) sprich: Wir glauben an Allah und an das, was auf uns herabgesandt worden ist, und was auf Abraham und Ismael und Isaak und Jakob und die Stämme herabgesandt worden war, und was Moses und Jesus und den Propheten von ihrem Herrn gegeben wurde. Wir machen keinen Unterschied zwischen einem von ihnen, und Gott sind wir ergeben.“ Und unter anderem aus „Hucurat: 13: „O ihr Menschen! Wir erschufen euch aus einem Mann und aus einer Frau und machten euch zu Völkern und Stämmen, auf dass ihr euch kennen lernet. Wahrlich, der Geehrteste unter Euch ist für Allah der, der die meiste Ehrfurcht vor ihm hat. Fürwahr, Allah ist wissend und über alles kundig.“

Sadi Arslan machte in seiner Rede deutlich, dass ohne die Unterstützung durch die Kölner Politik und Bevölkerung die Grundsteinlegung an dem Ort, an dem die DITIB 1984 das ehemalige Fabrikgelände kaufte und zur provisorischen Moschee umfunktionierte, nicht möglich geworden wäre. Für Arslan soll der Neubau ein Ort des Zusammenlebens, der Begegnung werden, aber er mahnte und forderte gleichzeitig dazu auf, dass der neue Ort gemeinsam weiterentwickelt und beseelt werden muss. „Dieses Gebäude, das wir bauen, ist eine Brücke zwischen gestern und morgen, ein Wegweiser beginnend 1984 in unsere gemeinsame Zukunft hier in Köln, hier in Deutschland. Dies sind der Grundstein und eine Investition für eine, unsere gemeinsame Zukunft.“ Auch Architekt Böhm forderte auf, den Begriff Kulturzentrum weit zu fassen und ernst zu nehmen und den neuen Ort zum kulturellen, kultivierten Austausch und zur Diskussion, die kontrovers sein kann, zu nutzen. Stadtdechant Fischer und Stadtsuperintendent Domnig, die ihre Rede gemeinsam hielten, freuen sich auf einen neuen Ort des gegenseitigen Respektes, einen Ort an dem Liebe und Gerechtigkeit gelebt wird. Domnig las eine Passage aus der Kölner Friedensverpflichtung und zeigte sich überzeugt davon dass Hass und Gewalt zu überwinden sind. Abraham Lehrer, Vorstand der Synagogen-Gemeinde Köln, der aufgrund des Sabbat verhindert war persönlich zu kommen: „Die jüdische Gemeinschaft in Köln befürwortet ohne Wenn und Aber den Bau eines moslemischen Gotteshauses. Für uns gehört dies zur grundgesetzlich verbrieften Religionsfreiheit.“

Der Integrationsbeauftragte der Landesregierung NRW Kufen zeigte auf, dass der Weg bis zur Grundsteinlegung kein einfacher gewesen ist, dass es Anfeindungen und Verletzungen gab. Das neue Kulturzentrum werde Köln nicht nur schmücken, sondern ein Symbol für Köln als offene und tolerante Stadt sein und zeigen dass Fremdenfeindlichkeit hier keinen Platz haben werde. Für Kufen muss das neue Haus dann für Akzeptanz und Dialog stehen. Der neue Kölner Oberbürgermeister Jürgen Roters sprach von einem guten Tag für Köln: „Unser Kulturzentrum ist kein Zeichen von Separation, es ist unsere Moschee und ein klares Zeichen für Toleranz.“ Roters appellierte an die türkische Regierung in Tarsus, der Geburtstätte des Apostel Paulus, ein christliches Pilgerzentrum zu ermöglichen. Der Kölner Altoberbürgermeister Fritz Schramma wurde minutenlang gefeiert und zeigte sich davon überzeugt, dass die Kölner Bürger in spätestens fünf Jahren sagen werden: „Ne wat han ma en schön Moschee he in Kölle“. Schramma ist fest davon überzeugt, dass die Akzeptanz steigen werde, sobald das Haus fertig sein wird und glaubt heute schon fest daran, dass die DITIB und ihr Architekt Böhm damit einen Architekturpreis gewinnen werden. Schramma machte deutlich, dass das Haus eine Chance ist, wenn es alle wollen, ein Haus der Integration zu werden, ein Haus des Dialogs, der Begegnung und des Friedens.

Der Ehrenfelder Bezirksbürgermeister Josef Wirges betonte, dass das Veedel Ehrenfeld für ein friedliches und tolerantes Zusammenleben der unterschiedlichsten Kulturen stehe. Stolz sei man auch auf das Bündnis gegen Rechtsextremismus. Die Moschee sei ein Signal für die Zukunft und Wirges zeigte sich überzeugt davon, dass die Touristen bald erst den Dom knipsen werden und dann mit dem Bus nach Ehrenfeld kommen werden und dort „unsere“ Moschee knipsen werden. Auch Ralph Sterck von der FDP zeigt sich überzeugt, dass die Moschee gut für Köln ist. Vor allem dass Kirchenbaumeister Böhm diesen Entwurf gezeichnet hat und die Ditib diesen Entwurf realisiert, sieht Sterck als ein gutes Zeichen auch städtebaulich. Der türkische Staatsminister Faruk Celik versprach zum Ende seiner Rede, das Thema „Tarsus“ auf der nächsten Ministerratssitzung in der Türkei zur Sprache zu bringen. Celik ging in seiner Rede auf die Verwerfungen des letzten Jahrhunderts, seiner Kriege und Schrecken ein. Seit 1960 seien Deutschland und die Türkei noch stärker Nachbarn geworden und die neue Moschee sei ein weiteres Zeichen für Toleranz und gute nachbarschaftliche Beziehungen.

Im Anschluss an die Reden gab es Kulturvorführungen und die Grundsteinlegung. Bis in die frühen Abendstunden feierten die Festgäste in den großen Zelten. Für den Bau der Moschee sammelt man jetzt auch Geld, denn der Bau soll aus Eigenmitteln finanziert werden. Nach Einschätzung türkischer Journalisten, das Medieninteresse an der Grundsteinlegung war sehr hoch, ist der Bau der Moschee vor allem für die türkische Politik ein wichtiges Anliegen, in der Türkei selbst und der Bevölkerung sei das Interesse an dem Bau einer Moschee in Deutschland eher gering.

Bauherr DITIB geht von einer Bauzeit von zwei Jahren aus. Die Baugrube ist bereits ausgehoben und die ersten Fundamente sind gesetzt.

Andi Goral für report-k.de / Kölns Internetzeitung