Modellauto im Wasser (Symbolfoto)

Köln | Es rauscht, rumort und donnert in den digitalen Gazetten, sozialen Meinungsblasen und die wildesten Memes werden verbreitet. VW hat ein Problem. Wer ist schuld: Die Grünen. So funktioniert Populismus. Die Fakten sprechen dagegen. Immerhin benennt der Gesamtbetriebsrat die Probleme und kündigt Widerstand an.

Robert Habeck mahnte bereits 2019

Es war Robert Habeck im Jahr 2019, der damals noch nicht Vizekanzler und Wirtschaftsminister war, der in einem Interview der konservativen Zeitung „Welt“, das gemeinsam mit dem VW-Chef Diess geführt wurde, folgenden Satz sagte: „Wenn Sie 2025 kein E-Mobil für unter 20.000 Euro anbieten, dann werden Sie – so fürchte ich – im Markt scheitern“. Habeck war 2019 gemeinsamer Grünen-Chef gemeinsam mit Annalena Baerbock.

Habeck formulierte damals, dass sich VW dann auf das Premiumsegment konzentrieren müsse und in „PW“ umbenennen könne. Bei VW startet die Modellpalette mit ID 3 und ID 4 aktuell bei 36.900 Euro und wird schnell teurer, selbst wenn man noch den E-Mobilitätsbonus von 3.570 Euro abzieht. Viele Experten gehen von hausgemachten Problemen bei VW aus. Eine überalterte Modellpalette und für den wichtigen chinesischen Markt zu wenig elektrische oder Hybridangebote.

Wer Memes wie „Ampel-Politik treibt deutsche Automobilindustrie in den Abgrund!“ richtig findet oder teilt, der sitzt Fake News auf. Nein, es sind Management-Fehler und eine Politik, die seit Jahren falsche Ziele als Technologieoffenheit postuliert. Nur wenige Beispiele.

Für einen Verbrenner, der mit eFuels 100 Kilometer weit fährt werden 105 kWh Stunden Strom benötigt. Für ein reines E-Auto mit Batterie 15kWh. Diese Zahlen stammen von der Agora Verkehrswende/DLR 2015. Seit Jahren sinken die Zulassungszahlen von VW-Verbrennern. Wer es schon vergessen hatte, der VW Dieselskandal erfährt mit dem gestern begonnenen Prozess gegen deren früheren Chef Winterkorn eine mediale Renaissance.

Die „Tagesschau“ titelte am 23. Juli 2024 „So verdienen die DAX-Chefs“ und startete gleich im ersten Absatz mit dem VW-Chef. Dort steht: „Oliver Blume hat eine Schallmauer durchbrochen: Im vergangenen Jahr verdiente der Vorstandsvorsitzende von Volkswagen und der VW-Tochter Porsche AG 10,3 Millionen Euro. Er ist damit der erste DAX-Konzernchef, dessen Gehalt die Marke von zehn Millionen Euro übersteigt. Das geht aus der „Vorstandsvergütungsstudie“ hervor, welche die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) heute vorstellte.“ Und wem das noch nicht reicht, der sollte sich einmal die Entwicklung der Dividende der Volkswagen VZ Aktie der letzten 25 Jahre ansehen. Diese stieg mit Ausnahme des Jahres 2015 von rund 70 Cent im Jahr 1999 auf 9,06 Euro im Jahr 2023. Insgesamt machte das eine Summe von 4,5 Milliarden Euro Dividende für die Aktionäre.

VW-Gesamtbetriebsrat stellt sich gegen Standortschließungen

Nach Berichten, dass der Vorstand von Volkswagen Standortschließungen und die Aufkündigung der Jobgarantie bis 2029 erwägen soll, hat der VW-Betriebsrat Widerstand angekündigt. Die Belegschaft habe dem Vorstand „sehr deutlich und unmissverständlich“ entgegengebracht, „dass sie bereit sind mit dem Betriebsrat und der IG Metall dafür zu kämpfen, dass das nicht kommt“, sagte VW-Betriebsratschefin Daniela Cavallo nach einer Betriebsversammlung mit 25.000 Beschäftigten.

Niedersachsens IG-Metall-Chef Thorsten Gröger ergänzte, das Unternehmen müsse mit dem „erbitterten Widerstand der Beschäftigten“ rechnen, wenn es den eingeschlagenen Weg weiterverfolge. Die Unternehmensführung habe bei der Versammlung „nochmal bekräftigt, dass sie die Beschäftigungssicherung, die seit 30 Jahren in jeweils modifizierter Form gilt, kündigen werden“, so Gröger. Seit über 30 Jahren sei eigentlich klar gewesen, dass Probleme des Unternehmens „mit den Beschäftigten und nicht gegen die Beschäftigten gelöst“ werden.

Es sei zu kurz gegriffen, nur über Arbeitskosten und Standortschließungen zu sprechen, sagte Cavallo. Es gehe auch „darum, dass wir natürlich wettbewerbsfähige, gute Produkte haben müssen, die die Kundschaft auch uns aus den Händen reißt“. Sie verwies etwa auf fehlende Einstiegsmodelle in der Elektromobilität. Hinzu kämen Probleme mit der Marken- und Konzernstruktur. „Es gibt leider an vielen Stellen eine Zerfaserung, Markenegoismen, und es wird nicht zusammengearbeitet. Das ist Aufgabe des Vorstands, das zu steuern und zu koordinieren. Da werden im Prinzip Milliardenbeträge aus meiner Sicht verbrannt.“

Gröger sprach von schwierigen Rahmenbedingungen für die Automobilindustrie insgesamt. „Wir haben nicht, wie wir das jetzt schon gehört haben, ein `Deutschlandproblem` bei Volkswagen, sondern wir haben schon ein Problem des Top-Managements bei Volkswagen, das die Weichen anders stellen muss“, so Gröger. „Nichtsdestotrotz kann das natürlich der Gesamtsituation helfen, wenn die konjunkturelle Lage nicht weiter so vor sich hin dümpeln würde, sondern wenn wir da auch einen konjunkturellen Impuls setzen könnten.“ Er brachte ein „Konjunkturpaket Automobil“ ins Spiel. „Und zwar mit Schwerpunkt auf das Thema Elektromobilität, weil die Kapazitäten sind im Hochlauf.“

Auch Cavallo will an der Elektromobilität festhalten und forderte für den Konzern einen „Masterplan Zukunftsfähigkeit“ für die Zeit bis zum Inkrafttreten des Verbrennerverbots in der EU im Jahr 2035. Die Antriebswende hält sie weiter für richtig. „Wir haben uns auf den Weg gemacht, Investitionen sind da und deswegen halte ich es auch weiterhin für richtig, dass dieser Weg eingehalten wird“, so Cavallo. „Wir machen das ja nicht nur, weil es Regelungen dazu gibt, sondern weil wir auch sehen, dass auch die Automobilindustrie natürlich einen Beitrag leisten muss, dass wir eben auch unseren Planeten noch zukunftsfähig machen.“ Aus ihrer Sicht gab es jedoch in der Vergangenheit Strategiefehler. „Wir hätten uns viel früher damit auseinandersetzen müssen, dass Elektrofahrzeuge ja auch per se schon teurer sind.“

Laut Medienberichten fehlen Volkswagen Verkäufe von rund 500.000 Autos im Jahr. Der Konzern erwägt den Berichten zufolge, den bisherigen Sparplan um Kürzungen in Höhe von vier Milliarden Euro jährlich auszuweiten. 2023 schüttete der Konzern an seine Aktionäre 4,5 Milliarden Euro an Dividendenzahlungen aus.

2023 wurde mit insgesamt rund 9,5 Millionen verkauften batterieelektrischen Autos international jeder fünfte Neuwagen elektrisch betrieben. Der Volkswagen-Konzern konnte in dem Jahr 771.100 Elektro-Fahrzeuge verkaufen. Zum Vergleich: 2020 wurden insgesamt rund 2 Millionen E-Autos verkauft.

Mit Material der dts nachrichtenagentur