Gesamtheitlicher Bildungsansatz
Andreas Kossiski, der Vorsitzende der DGB Region Köln, bringt es unumwunden auf den Punkt: „Wir haben im Bereich des Bildungssystems kein Diskussionsproblem, sondern ein Umsetzungsproblem“. Die Forderungen und Verbesserungsvorschläge liegen alle lange auf dem Tisch, jetzt gelte es die verantwortlichen Politiker zu ermahnen, die Verbesserungen im deutschen Bildungssystem endlich vorzunehmen. Dabei ist gerade die Landes- und Bundespolitik gefragt, die hier das Heft des Handelns in der Hand halte. Also in Zeiten von Landtagswahlen der richtige Zeitpunkt. Dabei versteht der DGB Köln unter Bildungspolitik nicht nur Schule und Hochschule, sondern spannt den Bogen bis zu den Kindertagesstätten, wo das Fundament für Bildung gelegt werde.

Abschaffung der Studiengebühren für das Erststudium
Die Forderungen sind klar. Bildung habe grundsätzlich kostenlos zu sein und müsse chancengleich allen Bevölkerungsschichten zu gleichen Teilen offen stehen. Eine Schule für Alle bis zu Klasse 10 und Schluss mit den frühen Selektionen. Hier sieht sich der DGB durch PISA oder etwa die Shell Jugendstudie bestätigt und will vermeiden – vor allem unter den sozial Schwächeren – wieder eine ganze Generation zu verlieren. Das Erststudium muss, so der DGB Köln kostenfrei sein. Hier plädiert man mehr als deutlich für eine Abschaffung der Studiengebühren. Viele Studenten schrecken die hohen Gebühren ab, vor allem auch wegen der unsicheren Berufsperspektive nach dem Studium, so die Argumente des DGB Köln. So wären gerade die jungen und gut ausgebildeten Akademiker in der Wirtschafts- und Finanzkrise diejenigen gewesen, die zuerst ihre Arbeitsplätze, häufig befristete oder Leiharbeitsverhältnisse, verloren hätten. Alleine in NRW waren davon rund 80.000 Menschen betroffen. Der DGB Köln fordert aber auch Korrekturen am Bologna-Prozess und gibt zu bedenken, dass Bildung Zeit brauche und ein Studium mehr ist, als nur die Vermittlung von reinem Fachwissen.

Verpflichtung und Netzwerke für eine bessere Bildung
Die Kampagne „Zeit für Veränderungen“ soll bis Mitte 2010, also zur Landtagswahl in NRW laufen. Der DGB will das Gespräch und den Diskurs mit den Landtagskandidaten aller Parteien zum Thema Bildung suchen und diese auf eine klare Aussage zum Thema Bildung verpflichten. Daneben soll aber auch ein Netzwerk gebildet werden aus Interessierten, den Vertretern der Einzelgewerkschaften, der Studierenden- und Schülervertretungen. Die Kampagne soll auch von Fachveranstaltungen begleitet werden. Dabei sollen auch Fragen zum demographischen Wandel zur Sprache kommen und wie das Bildungssystem darauf reagieren muss. Wie sieht der Umbau des Bildungssystems dann aus? Wie können multikulturelle Bildungseinrichtungen entstehen, die auch der sich ändernden Gesellschaft Rechnung tragen? Wie kann interkulturelle Kompetenz vermittelt werden, wie der bilinguale Unterricht gleichgestellt werden? Wie die duale Ausbildung gesichert und weiterentwickelt werden und das System durchlässiger gestaltet werden?

Stephan Otten von der DGB Jugend brachte die Forderungen der DGB Jugend aus dem Kommunalwahlkampf in Erinnerung, wie etwa: Ein Grundrecht auf Ausbildung. Die Anerkennung des Praktikums als Regelarbeitsverhältnis und der freie Zugang nach abgeschlossener Ausbildung zum Hochschulstudium. Auch die DGB Jugend beteiligt sich intensiv an der Kampagne „Zeit für Veränderungen“. So will man im April 2010 eine landesweite Campustour zum Themenkomplex Bachelor und Master starten und sich anlässlich des Treffens der Kultusminister in Bonn an der Demonstration des Bildungsstreiks beteiligen.

Kossiski ist sich sicher, das Albert Einstein heute nach den Regeln des Bologna Prozesses nicht mehr zum Studium zugelassen worden wäre, zu einseitig waren seine Begabungen. Dies sollte allen Beteiligten am Prozess zu denken geben. Gefragt ist dabei aber neben der Politik auch die Wirtschaft, die so vehement kürzere Studienzeiten und die Einführung des Bachelorsystems gefordert hatte. Aber wer in den angelsächsischen Raum sieht, merkt schnell, dass sich dort etwa an das kurze Bachelorstudium häufig noch eine Ausbildungszeit im Unternehmen anschließt und das Studium oftmals nur die Grundfähigkeiten zum wissenschaftlichen Arbeiten vermittelte. Kossiskis Argumenten nicht mehr so viel zu diskutieren, sondern jetzt die Politik zumindest in NRW vor der Landtagswahl auf eine nachhaltige und konkrete Verbesserung des Bildungssystems zu verpflichten, ist der ein Ansatz in die richtige Richtung, an der sich möglichst viele Menschen beteiligen sollten.

[ag]