Von Biedermeier und Romantik bis Impressionismus

Das 19. Jahrhundert ist künstlerisch das Jahrhundert vor den riesigen Umwälzungen der Moderne, der radikalen Abkehr vom reinen Abbild nach Einführung der fotografischen Reprtoduktionstechnik. Die Ausstellung im Wallraf läßt diese Umbrüche durchschimmern, wer genau hinsieht findet die Ansätze der ganz großen Zeichner wie der eines Picasso oder Giacometti. Vielleicht auch deshalb, weil sich in der Zeichnung die Formensprache unabhängiger entwickeln kann, weil sie das freieste künstlerische Ausdrucksmittel ist. Denn es gibt nur wenige bis kaum Mäzene für Zeichnung und Zeichner. Es muss immer in Öl oder in Bronze sein. Sicher liegt es auch an den konservatorischen Schwierigkeiten und der Unrobustheit der Zeichnung. Aber gerade Skizze und Zeichnung geben am meisten über Haltung und Können des Künstlers preis. Denn hier kann man detailliert sehen, wie der Künstler seine Welt, die er abbildet oder erdenkt begreift. Von der von Licht und Schatten geformten Oberfläche, malerischer, oder von der Tiefe der inneren Form, gestaltender aber auch psychologischer Form geleitet wird. Aber auch die Persönlichkeit des Künstlers bricht sich stark in der Zeichnung, so kann man erahnen ist er ein Suchender, oder absolut selbstsicher, ein Phantast, ein Realist, oder ein Visionär. Uwe Westfehling der die Ausstellung kuratiert hat definiert Zeichnung so: "So führen uns Bleistift, Feder und Tuschpinsel zum Wesentlichen einer vielschichtigen und spannungsreichen Epoche, denn die Zeichnung, so heißt es, ist die Seele der Kunst."

"Man hat oft gesagt, dass die Zeichnung uns in die Werkstatt des Künstlers führe, aber sie führt uns weiter bis ins Innerste seiner Persönlichkeit" Max Liebermann


Jeder kann selbst ausprobieren, wie Künstler im 19.Jahrhundert mit Gitterrastern arbeiteten

Ausstellung nach Themen strukturiert
Ein besonders sehenswerter Teil der Ausstellung ist der "Werkstattbereich". Hier gibt es Skizzen aus den Ateliers zu sehen, aber auch zu erleben, wie die Künstler für ein möglichst realistisches Abbild Gitterraster verwendet haben. Besonders sticht hier eine Feuerbachzeichnung ins Auge, auf der sogar das Gitterraster zu sehen ist. Denn es war ja noch die Zeit vor Daguerotypie und fotografischer Reproduktion. 150 Blätter sind ausgestellt, darunter Blätter der klangvollsten Namen des 19. Jahrhundert: Menzel, Runge, Caspar David Friedrich, Liebermann, Corinth und Leibl. Es ist das Zeitalter der Romantik, aber auch des Realismus und des Biedermeier. Dadurch, dass die Ausstellung den Zeitrahmen bis 1914 fasst kommen die Umbrüche der Moderne, des Impressionismus, hinzu. So spannt die Ausstellung einen weiten kulturgeschichtlichen und kunsthistorischen Bogen und gliedert sich in Themen: "Das Atelier – die Ideenschmiede und Lebensraum", hier können sich die Besucher auch selbst ausprobieren, "Romantisches Empfinden", die Gegenbewegung zur Aufklärung, eine Empfindung und Haltung, die kunsthistorisch keinen eigenen Stil kreiert hat, dann "Biedermeier-Realismus", vertreten durch ihren größten Vertreter Spitzweg, die Kunst befasst und verliert sich im detailgetreuen Abbild und "Historie als Thema", Ereignisse aus der biblischen und profanen Geschichte werden neu erlebbar gemacht. Weitere Themenblöcke sind "Landschaft – Das Bild der Welt", "Sehnsucht nach Italien", "Blicke auf Köln" und der "Schritt in die Moderne". Gerade in dieser thematischen Vielfalt und dem direkten Vergleich der Stilrichtungen, Epochen und historischen Zusammenhänge wird die Ausstellung athmosphärisch und kunstgeschichtlich dicht.

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INFOBOX:
Die Ausstellung ist vom 30. November 2007 bis zum 27. Januar 2008 geöffnet.



Mitmachen kann jeder
Die Ausstellung soll aber nicht nur reine Schau sein, sondern lädt zum Mitmachen ein. Im Themenblock Atelier ist ein Zeichentisch aufgebaut, Klemmbrett, Stift und Papier stehen zur Verfügung. Neben Gleiderpuppen ist auch ein Gitterraster aufgebaut. Eine mit Licht inszenierte Skultpur lädt ebenso ein zeichnerisch aktiv zu werden. Der Kölner Museumsdienst bietet zudem Workshops für Gruppen an, bei dem das Einmaleins der Zeichnung vermittelt werden. Vom Profilriss, Rasterkopie bis zum Zeichnen nach Modell können verschiedene Techniken ausprobiert werden. Eine Gruppe Schülerinnen und Schüler der Klasse 5a des Apostelgymnasiums in Lindenthal arbeitete schon konzentriert am Modell. Lehrerin Frau Winkler war dann auch ganz begeistert, ob der großen Motivation ihrer Schülerinnen und Schüler mit der alle mitmachten und zeichneten. Das Zeichnen Spaß macht bestätigt auch der 10 jährige Philip der auch zu Hause immer wieder gerne zeichnet. Sein Mitschüler Marius, 10, stand verkleidet als Napoleon Modell und merkte dabei wie anstrengend es ist Modell zu stehen: "Mein Arm ist fast eingeschlafen". Nach den eigenen Übungen ging die Klasse gemeinsam und mit geschärftem Blick durch die Ausstellung. Mehr Informationen zum Gruppenprogramm gibt es unter der Telefonnummer: 0221.221-24077.


Online Katalog völlig neugestaltet
Einen Online-Katalog der Ausstellung in einmaliger Qualität gibt es von der Ausstellung. Die Reproduktionen sind von weltweit einmaliger Qualität. Denn die Reproduktionen wurden nicht über den Umweg der Fotografie erstellt sondern direkt vom Original gescannt. Damit wird selbst wissenschaftliches Arbeiten mittels Online-Katalog möglich. Damit verzichtet das Museum auch auf den Katalog und bietet diesen ausschließlich unter
www.museenkoeln.de/wallraf an.


Wallraf Edition Nummer 2
"Die Genien auf der Lichtlilie" ist das zweite Blatt das in exzellenter Qualität als Faksimile angeboten wird. Es ist eine Zeichnung von Philipp Otto Runge aus dem Jahr 1809. Das Blatt wird in limitierter Auflage von 500 Stück, zertifiziert und im Rahmen zum Preis von 350,00 Euro angeboten. Der Erlös des Verkaufes kommt der graphischen Sammlung des Wallraf zugute. Das Museum will mit diesen Erlösen die Wiedereröffnung seiner Graphikvorlage finanzieren.
Bestellformular: wallraf(at)museenkoeln.de, 0221.221-22372 (Tel), 0221.221-22629 (FAX)

Graphikvorlage
Ab Januar 2008 öffnet wieder die Graphikvorlage des Hauses. Damit geht ein langgehegter Wunsch der Museumsleitung wieder in Erfüllung. Die Blätter der graphischen Sammlung können durch ihre Lichtempfindlichkeit leider nicht dauerhaft präsentiert werden. Ab 3.1.2008 kann mal sich als Interessent jeden Donnerstag von 10 bis 16 Uhr Blätter seiner Wahl vorlegen lassen, intensiv studieren und genießen. Einzigste Voraussetzung ist, das man sich drei Tage vorher unter der Telefonnummer 0221.221-23492 bei Herrn Bongartz anmeldet.

Ausstellungsbegeleitende Veranstaltungen:
"Zeichnung als Medium – damals und jetzt"

Werner Klein, Galerist und Martin Schepers, Zeichner und Künstler im Gespräch mit Dr. Uwe Westfehling, dem Leiter der graphischen Sammlung des Wallraf und dem Publikum.
Donnerstag, 6.12.2007, 19:00 Uhr

""Da wird noch was draus" – Die Zeichnung als Versprechen"
Prof. Holger Bunk, Maler und Zeichner untersucht anhand von Beispielen die Werkeigenständigkeit der Zeichnung. Der Künstler lehrt an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart Malerei und Aktzeichnen.
Donnerstag 24.1.2008, 19 Uhr

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Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud
Obenmarspforten
Am Kölner Rathaus
50667 Köln
www.museenkoeln.de/wallraf

Öffnungszeiten
Di, Mi, Fr 10-18 Uhr
Do 10-22 Uhr
Sa/So 11-18 Uhr
Mo. geschlossen
(An folgenden Tagen ist das Museum ebenfalls geschlossen: 24./25./31.12.2007 und 1.1.2008)

Eintritt: 8 Euro (5 Euro ermäßigt)

Andi Goral für report-k.de / Kölns Internetzeitung