„Auflage ist von unschätzbar dokumentarischem Wert“
Fast 30 Jahre suchte Dr. Wolfram Hagspiel, Autor und Architekturexperte, das Buch von Hans Heinz Lüttgen. Im Jahr 1032 wurde es als neue Ausgabe in der Reihe „Neue Werkkunst“ angekündigt. Erschienen ist der Band jedoch nie. Kapp 80 Jahre später fielen die gedruckten Seiten nun Werner Schäfke, ehemaliger Direktor des Kölnischen Stadtmuseums, in die Hände. Während seiner Recherche für das jüngst erschienene Werk „Köln und seine Fotobücher“, war Schäfke bei einer Internetrecherche auf das schmale Bändchen von Lüttgen aufmerksam geworden. Ein Antiquariat hatte sie online angeboten. Als Faksimile wurde das Werk nun mit einer Auflage von 111 Büchern herausgegeben. Dabei wurden die Fotos und Bezeichnungen, die Lüttgen selbst ausgewählt hatte, durch eine Biografie, ein Werkverzeichnis und Literaturangaben ergänzt. Insgesamt gibt das Buch so Einblick in das Leben und Werk Lüttgens.

„Die Auflage ist von unschätzbar dokumentarischem Wert“, betonte heute Hagspiel. Denn viele der dort gezeigten Gebäude vor allem im Kölner Raum sind heute nicht mehr erhalten. Dazu gehören etwa die Bauten des Luna-Parks nahe dem Zoo oder die zahlreichen Vergnügungsstätten der Harzheim-Betriebe. Einige wenige Bauten wie etwa die heutigen Sartory-Säle lassen noch etwas von ihrer Lüttgen-Architektur erkennen, wurden inzwischen jedoch vollkommen umgearbeitet. „In Köln hat Lüttgen heute nicht mehr die Aufmerksamkeit, die er verdient“, so Hagspiel. Anders sei das etwa in Wuppertal. Dort sei er für seine Villen nicht nur berühmt, sie würden auch seit Jahren schon aufwendig erhalten und immer wieder restauriert. Ähnliches hat nun auch die GAG Köln vor. Das zu 70 Prozent städtische Immobilienunternehmen saniert seit zwei Jahren die Naumann-Siedlung in Köln-Riehl, die einst von Lüttgen entworfen wurde.

„Lüttgen war ein Mensch mit vielen Talenten“
Hans Heinz Lüttgen wurde 1895 in Düsseldorf geboren. 1920 brachte er sich in die Kölner Kunstszene, in den Kreis um Max Ernst, Heinrich Hoerle und August Sander ein. Hier arbeitete er vermutlich bei Architekturbüros. 1929 konzipierte er in Köln seine erste große Ausstellung unter dem Titel „Raum und Wandbild“. Schnell galt er als eine der schillernsten Persönlichkeiten der Kölner Architektur-Szene. Ab 1933 errichtete er für das Unternehmen Ludwig und Hans Herbert Blatzheim mehrere Vergnügungsbauten – unter anderem das variete „Burghof“ in der Hohe Straße oder „gross-Köln“ (heutigen Sartory-Säle) in der Friesenstraße. 1939 emigrierte Lüttgen als bekennender Pazifist in die Schweiz, später nach Brasilien. 1948 kam er in die USA und arbeitete hier vor allem als Künstler. „Lüttgen war ein Mensch mit vielen Talenten“, betonte Hagspiel heute, „er war Literat, Künstler und Architekt.“ Laut Lüttgens Sohn soll sogar der John F. Kennedy ein Gemälde von Lüttgen gekauft haben. „Er war ein Avantgardist, der Zeit seines Wirkens in Deutschland den Ideen des Bauhauses und dessen geistigen Umfeldes nahe stand“, so Hagspiel.

Erhältlich ist das Faksimile ab sofort für 55 Euro an der Kasse des Kölnischen Stadtmuseums oder im Buchhandel in Köln.

Hans Heinz Lüttgen
Neue Werkkunst
Werner Schäfke (Hrsg.)
Hergestellt durch die Reprowerkstatt Köln
Köln, 2011
111 nummerierte Exemplare

Cornelia Schlößer für report-k.de/ Kölns Internetzeitung