Porzellan des Rokoko
Die letzte der großen deutschen Porzellanmanufakturen des 18. Jahrhunderts hat Herzog Carl Eugen von Württemberg per Dekret am 5. April 1758 in Ludwigsburg als "Herzoglich ächte Porcellain Fabrique" gegründet. 150 Exponate aus der Blütezeit der Manufaktur präsentiert das Museum für Angewandte Kunst in der Ausstellung "Glanz des Rokoko". Neben Beispielen des prunkvoll mit Rocaille-Ornamenten, Schuppenmuster, Genre- oder Blumenmalerei verzierten Tafelgeschirrs zeigt die Ausstellung vor allem Figuren. Die grazilen Miniaturen zeigen Szenen des höfischen Lebens, Tänzer, Gottheiten und Allegorien der Jahreszeiten, aber auch bäuerliche Szenen und Tiergruppen. Alle Objekte stammen aus der Sammlung Dr. Reinhard Jansen.

Einblicke in das Lebensgefühl einer Epoche
Die Porzellanfiguren der Ludwigsburger Manufaktur zeichnen sich – neben der kunsthandwerklichen Präzision ihrer Ausarbeitung – vor allem durch ihre Ausdrucksstärke aus. So finden sich erotische Anspielungen, hintergründig satirische Darstellungen und in Symbolen chiffrierte Aussagen, die einen präzisen Blick auf das Weltbild und Selbstverständnis des Adels im 18. Jahrhundert erlauben. In Körperhaltung und Mimik geben die in sanften Pastelltönen colorierten Figuren einen Eindruck von höfischer Etikette und Galanterie, aber auch den Kleidungsgewohnheiten der damaligen Zeit.


Magd mit Mohr, Ludwigsburg, Johann Christoph Haselmeyer, um1765

Gegen den Vorwurf des Kitsch
Die Intention seiner Leihgabe liegt für den Sammler Dr. Reinhard Jansen neben der Würdigung des Jubiläums in einer allgemeinen Image-Verbesserung der Rokoko-Plastik. "Es ist zu beobachten, dass Porzellan des 18. Jahrhunderts in unserer Zeit immer ein wenig mit Naserümpfen als Kitsch betrachtet wird", stellt Jansen fest. Diesem Vorurteil möchte er entgegenwirken und weist in diesem Zusammenhang auch auf die visuelle Überflutung der heutigen Gesellschaft hin, deren Seh-Gewohnheiten vornehmlich durch bewegte Bilder, weniger durch das Hinterfragen des Einzelbildes geprägt sind. "Im 18. Jahrhundert hat man versucht, den Menschen mit Figuren Geschichten zu erzählen", beschreibt Jansen und verweist beispielhaft auf die Plastik "Magd mit Mohr", deren Dynamik für ihn einen weiten Interpretationsspielraum öffnet. "Es steckt sehr viel Sinn hinter den Darstellungen", begründet Dr. Jansen seine Sammel-Leidenschaft, die ihn nach eigenen Aussagen bereits im Alter von 17 Jahren erfasst hat.

Die Luxus-Objekte des Württembergischen Herzogs – immerhin war edles Porzellan zu seiner Zeit das zweit-teuerste Material nach Gold – sind im Museum für Angewandte Kunst zu besichtigen vom 29. März bis zum 29. Juni 2008.

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INFOBOX
Glanz des Rokoko – Ludwigsburger Porzellan aus der Sammlung Jansen
29.03.2008 – 29.06.2008
Museum für Angewandte Kunst
Öffnungszeiten: Di – So 11.00 – 17.00 Uhr

Seminar
Original und Fälschung – Porzellane des 18. Jahrhunderts und die Fälschungen der Manufaktur Samson im 19. und 20. Jahrhundert mit Dr. Reinhard Jansen
26.04.2008, 10.00 – 16.30 Uhr
Verbindliche Anmeldung bis zum 18.04.2008 unter Tel.: 0221-221-23860 oder 0221-221-26725

Weitere Informationen im Internet unter: www.museenkoeln.de

Fabian Sieg für report-k.de / Kölns Internetzeitung; Fotos: Marion Mennicken / Rheinisches Bildarchiv