Das Pressefoto zeigt Carolin Emcke. | Foto Andreas Labes/Queeres Netzwerk NRW

Köln | Im Hotel Maritim fand heute der CSD Empfang 2024 des Queeren Netzwerks NRW und der Aidshilfe NRW statt. Eine der politischen Veranstaltungen auf dem CSD mit der Verleihung der Kompassnadel 2024 an die Publizistin Carolin Emcke.

Die Kompassnadel

Rita Süssmuth hat sie schon entgegengenommen, die Kompassnadel, damals noch im Gürzenich, um nur eine prominente Geehrte zu nennen. Auch Claudia Roth, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger oder Hannelore Kraft stehen in der Liste der Preisträger:innen. In diesem Jahr erhält Carolin Emcke die Kompassnadel. Geehrt wird Emcke für ihr langjähriges gesellschaftliches Engagement für die Akzeptanz von queeren Menschen und für deren stetige Sichtbarkeit. Der Vorstand des queeren Netzwerks schreibt: „Mit dieser Ehrung würdigen wir Carolin Emckes herausragendes Engagement für die Sichtbarkeit und Rechte von queeren Menschen. Ihre journalistischen Arbeiten und öffentlichen Auftritte tragen maßgeblich dazu bei, Diskriminierung zu bekämpfen, Vielfalt zu fördern und eine offenere, tolerantere Gesellschaft zu schaffen!“ Die Laudatio hielt der Kölner Bundestagsabgeordnete Sven Lehmann, der zugleich Queerbeauftragter der Bundesregierung ist.

Sven Lehmann betonte, dass Demokratie für ihn Aushandlung und damit eine Auseinandersetzung über Ziele, Vorstellungen und den richtigen Weg bedeute und das öffentlich. Emcke tut genau dies. Lehmann würdigte die Trägerin der Kompassnadel 2024 so: „Eine queere Journalistin, Publizistin und Intellektuelle, eine mutige, kluge und leidenschaftliche Stimme
der Vernunft und der Freiheit, eine unermüdliche Verteidigerin der Menschenwürde des Einzelnen und eine Chronistin, ein Kompass und eine Vordenkerin für unsere Community. Diese mehr als würdige Preisträgerin ist Carolin Emcke.“

Die politischen Forderungen

Laura Becker, Vorstandssprecherin des queeren Netzwerks NRW und Arne Kayser, Landesvorsitzender der Aidshilfe NRW zeigten ihr Entsetzen über die sich vertiefenden Risse in der Gesellschaft und über die Anfeindungen, denen die queeren Communities immer wieder ausgesetzt seien. Dies gehe soweit, dass sich Menschen überlegten ob sie auswandern oder Widerstand leisten müssten. Vor einigen Jahren seien solche Fragen, so Laura Becker, nicht gestellt worden. Becker zitiert die diesjährige Preisträgerin der Kompassnadel: „Allein mit dem Mut, dem Hass zu widersprechen, und der Lust, die Pluralität auszuhalten und zu verhandeln, lässt sich Demokratie verwirklichen.“

Becker erzählte von ihrer Arbeit als Lehrerin an einer Kölner Gesamtschule, an der es trotz hoher Zustimmung bei den Bildungs- und Antidiskriminierungsworkshops von „SCHLAU“ immer wieder zu Störungen komme. Im Foyer der Schule werde immer wieder die Regenbogenfahne abgerissen und beschmutzt. Und Lehrer die sich für Offenheit und Toleranz einsetzten erhielten Hassbriefe von Schülern. Die verbale Gewalt nehme deutlich zu und werde von rechten Ideolog:innen oder religiösen Fundamentalist:innen angestachelt und präge zunehmend die Weltbilder von Minderjährigen.

Das queere Netzwerk NRW lobte die Politik für die Einführung des Selbstbestimmungsrechts und übte gleichzeitig Kritik, dass sich in diesem zu viele faule Kompromisse befänden, die noch ausgebessert werden müssten, da der politische Wind sich drehe. Laut wurde im Hotel Maritim in Köln zudem die Forderung den Artikel 3 des Grundgesetzes zu ergänzen bevor sich die Mehrheiten im Bundesrat drehen: Niemand darf wegen seiner sexuellen Orientierung oder geschlechtlichen Identität benachteiligt oder bevorzugt werden. Zudem wurde eine Stärkung der Regenbogenfamilien gefordert. In Bezug auf die Landesregierung NRW wurden die Kürzungen im Sozialbereich kritisiert, die auch die queere Community betreffen.