Die Auszeichnung ist mit 20.000 Euro dotiert. Kölns Oberbürgermeister Schramma übergab Urkunde und Plakette an Christoph Ransmayr in der Piazetta des Historischen Rathauses von Köln. Ransmayr ist der 21. Preisträger, des Preises der seit 1985 den Namen Heinrich Bölls trägt. Der Heinrich-Böll-Preis wird alle zwei Jahre vergeben. Kölns Oberbürgermeister Fritz Schramma, der auch der Jury vorsitzt die den Preis vergibt, lobte Ransmayr als einen der wichtigsten und international renommiertesten deutschprachigen Schriftsteller, dessen Bücher im In- und Ausland intensiv gelesen und diskutiert werden. "Mit Christoph Ransmayr wird ein herausragender Schriftsteller mit dem Heinrich-Böll-Preis 2007 ausgezeichnet, ein Meister der Sprache, dessen schriftstellerisches Werk in der deutschen Gegenwartsliteratur einen besonderen Stellenwert einnimmt", lobte der Kölner Oberbürgermeister den Ausgezeichneten.

Sigrid Löffler hielt die Laudatio auf Christoph Ransmayr. Sie stellte den Autor in eine Reihe mit den bekanntesten Österreichischen Autoren der Neuzeit, Thomas Bernhard, Peter Handke und Elfriede Jelinek. Allerdings findet sie einen Unterschied, bei Ransmayr gibt es keine Feindschaft zum österreichischen Staat und so wird diese nicht wie bei den anderen zu seinem Markenzeichen. Löffler mutmaßt das es bei Ransmayr nicht dazu kam, weil er Österreich früh verlassen habe. Die renommierte Literaturkritikerin skizzierte ein Bild des Autors Ransmayr in ihrer Laudatio: "Das Sich-Entfernen ist der liebste Bewegungsmodus Christoph Ransmayrs. Er hat eine habituelle Rastlosigkeit zu seinem Lebensstil gemacht, im permanenten Unterwegs-Sein in den abseitigsten, exponiertesten, gewaltigsten Landstrichen der Erde, in der kanadischen Wildnis, in den Hochtälern des Himalaya und des Landes Kham in Ost-Tibet, in den Wüsten Mexikos oder Nordindiens, in der menschenleeren Hinterwelt Irlands, an der wilden Atlantikküste, in den Insellabyrinthen Malaysias und Indonesiens, in den Urwäldern von Amazonien, Laos und Kambodscha, in den Roten Bergen des nördlichen Jemen oder den Tafelbergen des Franz Joseph Landes, mitten im Packeis der Hocharktis. Dieses Weltfahrertum habe mit seiner Neugierde zu tun, schriebt Ransmayr, mit seiner Gier nach Bildern, mit der Faszination, einen Talschluss, eine Hochebene oder eine Ruinenstadt zu erreichen, "aus eigener Kraft und in jener allmählich langsamer, bis zum Stillstand langsamer und schließlich rückläufig werdender Zeit, die nur ein Fußgänger kennt." Löffler stellt auch fest, das bei Ransmayr, den rastlose Mobilität zu treiben scheint, diese kongruiert mit einer Verlangsamung des Schreiblebens bei Ransmayr. "Diese Erzählmanier kann den Leser süchtig machen. Süchtig nach der nächsten Weg-Erzählung an den Rand der Welt und in ihr Herz." schließt Löffler ihre Laudatio zu Ransmayrs Werk "Der fliegende Berg".

In seiner Dankesrede führte Ransmayr die Gäste der Piazetta nach Irland, nach Doogort, wo Heinrich Böll wirkte und heute Stipendiaten leben und zurück ins Nachkriegsköln. Er führte durch die Brüche Bölls, seine politischen Einmischungen, die Reaktionen darauf. "Verständlich, daß Enttäuschung, ja Zorn selbst in grundverschiedenen, einander gegenüberstehenden Lagern entsprechend groß waren, als ausgerechnet dieser, mit patriotischen Aufgaben betraute, dafür sogar mit dem Nobelpreis honorierte Mann darauf hinwies, daß so etwas wie Gewissen oder umständlicher gesagt: die Haltung eines einigermaßen aufgeklärten, humanen Individuums grundsätzlich nicht delegierbar sei. Das wichtigste Verfahren dieser Haltung habe dabei aber niche ein auf programmatische Rezepte verweisendes Sytem von Antworten zu sein, sondern vor allem: Die Frage.", analysierte Ransmayr das Wirken Bölls und stellt selbst Fragen zu heutigen weltpolitischen Fragen, dem Irak-KOnflikt, der Präsidentschaft von George W. Bush und 9/11 in New York und den tausenden von toten Zivilisten im Irak. Ransmayr mahnte aber auch nachzudenken über die Vergänglichkeit literarischen Schaffens: "Auch wenn in unseren Tagen, Bölls Name im saisonal angestimmten Gezeter um die jeweils neuesten literarischen Popstars kaum noch zu hören ist, werden uns seine Erzählungen gewiß noch eine Weile begleiten, bis sie – wie die Gedichte, Erzählungen und Dramen auch der größten Poeten, sei es der Antike oder eines künftig aufklaffenden Cyberspace – nach der Erfüllung oder dem Widerruf aller jemals mit ihnen verknüpften Hoffnungen in Frieden vergessen werden."

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Die Biografie
Ransmayr ist am 20. März 1954 in Wels/Oberösterreich geboren. Aufgewachsen ist Ransmayr am Traunsee. Nach der Matura studierte er in Wien Philsosphie und Ethnologie. Für die Magazine "Extrablatt", "Geo", "TransAtlantik" und "Merian" arbeitete Ransmayr als freier Kulturredakteur. 1982 begann Ransmayr´s Karriere als Schriftsteller mit der in rythmischer Prosa verfassten Erzählung "Strahlender Untergang". 1984 erschien der erste Roman "Die Schrecken des Eises und der Finsternis". Ein Roman der sich um eine österreichisch-ungarische Arktisexpedition der Jahre 1872-1874 rankt. Der Roman "Die letzte Welt", 1988 erschienen, war der internationale Durchbruch für Ransmayr. Inhaltlich spielt "Die letzte Welt" in der Zeit des antiken Roms, um den verbannten Dichter Ovid und verwebt antike Zeit, Gegenwart und Zukunft zu einer "Allzeit". Ransmayr wurde noch im gleichen Jahr von den deutschen Buchhändlern zum "Autor des Jahres 1988" gewählt. Das nächste Werk "Morbus Kithara", entstanden nach ausgiebigen Reisen, bringt dem Autor gemeinsam mit Salman Rushdie 1996 den "Aristeion Literaturpreis der Europäischen Union" ein. 2000 wurde Ransmayr als "Dichter zu Gast" zu den Salzburger Festspielen geladen, daraus resultierte sein einzigster Theatertext "Die Unsichtbare. Tirade an drei Stränden." 2001 uraufgeführt von Claus Peymann bei den Salzburger Festspielen erhielt er für diesen Text den Nestroy-Preis. Es folgten weitere Werke. Heute lebt und arbeitet Ransmayr in West Cork / Irland, am oberösterreichischen Traunsee und in Wien.

Neben den genannten Auszeichnungen kommen zahlreiche weitere Preise hinzu: 1986 das Elias-Canetti-Stipendium der Stadt Wien, 1987 der Anton-Wildgans-Preis der österreichischen Industrie, der Große Literaturpreis der Bayerischen Akademie der Schönen Künste 1992. 1995 folgte der Franz-Kafka-Literaturpreis, 1995 der Franz-Nabl-Preis, 1997 der Solothurner Literaturpreis, im gleichen Jahr Premio Mondello Letterario Internazionale und der Kulturpreis des Landes Oberösterreich. 1998 verlieh ihm die Stadt Bad Homburg den Friedrich-Hölderlin-Preis und 2004 die Stadt Augsburg den Bertolt-Brecht-Literaturpreis.

Werke von Christoph Ransmayr
Der fliegende Berg [2006]
Geständnisse eines Touristen [2004]
Die Verbeugung des Riesen [2003]
Der Ungeborene [2002]
Die Unsichtbare [2001]
Die dritte Luft [1997]
Der Weg nach Surabya [1997]
Morbus Kithara [1995]
Die letzte Welt [1988]
Die Schrecken des Eises und der Finsternis [1984]
Strahlender Untergang [1982]
Die Erfindung der Welt

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Die Historie des Literaturpreises der Stadt Köln
 

1954 eingerichtet
1957 Erhart Kästner
1959  Heinrich Böll
1961  Annette Kolb
1963 Johannes Urzidil
1968 Jürgen Becker
1980  erneut eingerichtet
1980 Hans Mayer
1981 Peter Weiß
1982  Wolfdietrich Schnurre
1983 Uwe Johnson
1984 Helmut Heißenbüttel
1985 Hans-Magnus Enzensberger
1986 Elfriede Jelinek
1987 Ludwig Harig
1988 Dieter Wellershof
1989 Brigitte Kronauer
1990 Günter de Bruyn
1991 Rainald Goetz
1992 Hans Joachim Schädlich
1993 Alexander Kluge
1995 Jürgen Becker
1997 W.G. Sebald
1999 Gerhard Meier
2001 Marcel Beyer
2003 Anne Duden
2005  Ralf Rothmann
2007 Christoph Ransmayr

Andi Goral für report-k.de / Kölns Internetzeitung