Köln/Leverkusen | Der Chempark-Betreiber Currenta plant den Bau eines neuen, rund 800 Meter langen Versorgungstunnels in, dem mehrere Rohrleitungen Platz finden sollen im Erdreich unter dem Rhein zur Verbindung der Chemparks Leverkusen und Dormagen. Der so genannte „Düker“ soll einen aus dem Jahr 1967 angelegten Düker ersetzten, durch den im Moment 10 Rohrleitungen verlaufen, wovon eine Kohlenmonoxid führt. Vor allem letztere Leitung war in der Vergangenheit aufgrund sicherheitstechnischer Bedenken seitens Bürgerinitiativen in Kritik geraten.

Das neue Bauwerk, 2,60 Meter im Durchmesser und begehbar, soll in unmittelbarer Nähe zum bestehenden Düker entstehen, der auf den Grund des Rheins abgelassen worden war und deshalb nicht mehr zugänglich ist. Dieser misst rund 85 Zentimeter im Durchmesser, enthält zehn einzelne Rohrleitungen und ist damit nicht mehr ausbaufähig. Nach Angaben von Chempark-Leiter Ernst Grigat wurde das Bauwerk seinerzeit in einem Stück verfertigt, mit Luft gefüllt auf dem Rhein schwimmend auf seine vorgesehene Stelle manövriert, dort abgelassen und mit Schlamm verdichtet. Somit ist das Rohrsystem von außen nicht zugänglich.

Eingeschränkter Korrosionsschutz

Zur Überprüfung der Sicherheit an dem Düker sei bis Februar 2013 ein sogenannter Katalytischer Korrosionsschutz zum Einsatz gekommen, bei dem Strom an die einzelnen Rohrleitungen angelegt wird, so Grigat. Nach der Überprüfung durch den TÜV Rheinland im Februar letzten Jahres habe dieser die Empfehlung abgegeben, diese Art der des Schutzes am Düker einzustellen und stattdessen die Rohrleitungen alle zwei Jahre durch so genanntes „Molchen“ zu auf Rost und Schadstellen zu überprüfen. Dabei wird ein Messapparat mittels Druckluft oder entlang eine Seils durch das Innere der Röhren geführt. Bei diesem Verfahren werden die Rohrwandstärken mit einem hochsensiblen Messgerät ermittelt und daraus die jeweilige Mindest-Lebensdauer der Leitungen sowie künftige Prüftermine und mögliche Instandhaltungsmaßnahmen abgeleitet. Hierzu gehören, nach Angaben von Currenta, beispielsweise Ausbesserungen der Isolierung oder der Austausch von Teilstücken.

Die Sicherheitssysteme der Rohrfernleitungen, wie etwa die Leckageüberwachung, sind nach Currenta-Angaben weiter planmäßig in Betrieb. Zusätzlich gibt es laut Currenta für das Rohrleitungsbündel einen umfangreichen Alarm- und Gefahrenabwehrplan, der detailliert Alarmierungswege und Hilfeszenarien beschreibt, so dass im Ereignisfall kurzfristig Sicherungs- und Rettungsmaßnahmen greifen können. Eine aktualisierte Fassung soll in Kürze den Behörden übergeben werden. Entsprechende Übungen mit geschultem Personal, seit 2010 Vorschrift, seien an besagter Anlage in der Vergangenheit nicht durchgeführt worden, sollen aber nachgeholt werden. Für Übungen an den Leitungen, die sich außerhalb des Chempark-Geländes auf Kölner Stadtgebiet befinden, sei die Berufsfeuerwehr Köln zuständig, so Grigat.

Kohlenmonoxid-Pipeline seit 2002 in Betrieb

Eine der Leitungen führt seit 2002 giftiges Kohlenmonoxid, genehmigt von der dafür zuständigen Kontrollinstanz, der Bezirksregierung Köln. „Die Leitung wird sicher betrieben, ständig überwacht und regelmäßig kontrolliert“, so Dr. Klaus Jaeger, NRW-Standortleiter von Bayer MaterialScience. Sein Standort benötigt das Kohlenmonoxid zur Herstellung von Kunststoffen. Derzeit würden alle Prozesse und Vorgänge rund um die CO-Versorgung im Unternehmen erneut überprüft. „Wir diskutieren Details zu Instandhaltung und Prüfprogrammen mit den zuständigen Behörden unter Einbindung von unabhängigen Sachverständigen“, erläuterte Jaeger. Hierzu gehörten auch behördlich verfügte Inspektionen. Die nächste Molchung der CO-Pipeline im April 2014 sei von der Bezirksregierung für April 2014 angeordnet worden. Im Rahmen des dafür geplanten Anlagenstillstands von rund einer Woche seien auch Instandhaltungsmaßnahmen geplant.

Chempark-Betreiber: Erweiterungsfähig, begehbar und nachrüstbar

Der Ersatz erfolgt laut Currenta aus zwei Gründen. Zum einem lasse sich der jetzige Düker nicht erweitern. Für das von der Elektrizitätsgesellschaft Repower geplante Gas- und Dampf-Kraftwerk im Chempark Leverkusen sei jedoch eine neue Anbindung an das linksrheinische Erdgasnetz nötig. Zum anderen habe das Düker-Bauwerk durch seine Konstruktion Nachteile hinsichtlich der Instandhaltung.

Im Rahmen des Düker-Neubaus soll es im gesamten, 10 Kilometer umfassenden Pipeline-Verlauf zu einer Überprüfung der Erdbebensicherheit kommen. „Als die Versorgungsleitung Ende der 60er-Jahre gebaut wurde, waren diese Untersuchungen noch nicht üblich“, so Grigat. Das gelte auch für die Überprüfung auf Kampfmittelfreiheit. Im geplanten Düker-Baubereich soll nun eine Prüfung erfolgen.

Das Projekt befinde sich bei Currenta in einem frühen Stadium der Planungen, so Grigat. Die Bezirksregierung sei über das Vorhaben informiert, das eigentliche Genehmigungsverfahren solle voraussichtlich Mitte 2014 beginnen. Im Sinne einer offenen Kommunikation habe das Unternehmen bereits im Herbst 2013 mit der Information der Öffentlichkeit begonnen.

Optimierung von Sicherheitsmaßnahmen wird geprüft

„Sicherheit steht bei uns immer an oberster Stelle. Das gilt besonders für die CO-Versorgung“, betonte Jaeger. Sie entspreche den Regeln der Technik. Aber auch bei Pipelines mache der Fortschritt nicht Halt. „Deshalb prüfen wir, wie wir diese Versorgungsleitung schrittweise mit zusätzlichen Sicherheitsmerkmalen ausstatten können.“ Jaeger kündigte an, zunächst eine Optimierung des existierenden Leckageüberwachungssystems zu prüfen. Das sogenannte Massenbilanzverfahren vergleicht Menge, Druck und Temperatur des Gases bei der Einspeisung mit den Daten bei der Entnahme und meldet Differenzen. „Wir werden klären, mit welchen Maßnahmen wir die Messungen noch verfeinern können“, so Jaeger. Dabei werde Bayer weiterhin den offenen Dialog mit den beteiligten Anwohnern, Behörden, der Politik und anderen gesellschaftlichen Vertretern führen. In der Vergangenheit habe man teilweise versäumt, die Öffentlichkeit in die Planung neuer Vorhaben in dem Maße einzubinden, wie das nun geschehen solle.

CO-Pipeline: Kölner erstattete Anzeige gegen Bayer und Bezirksregierung

Der Kölner Gottfried S. hatte bei der Staatsanwaltschaft Köln Anzeige gegen den Bayer-Konzern und die Bezirksregierung Köln erstattet. S. sieht im Betreiben einer Kohlenmonoxid-Pipeline von Dormagen nach Leverkusen durch Bayer sowie in der Genehmigung dieser Leitung durch die Bezirksregierung eine Gefahr für die Bevölkerung, da das dafür verwendete Rohr seiner Einschätzung nach nicht für den Transport des giftigen Gases ausgelegt ist und fordert die sofortige Stilllegung der Anlage. Die Staatsanwaltschaft Köln hatte ihre Ermittlungen eingestellt, S. forderte Akteneinsicht.

In seiner Anzeige behauptet S. , das Rohr sei bereits 45 Jahre alt und ursprünglich nicht für den Transport von Kohlenmonoxid konzipiert worden. Daher gefährde Bayer „wissentlich über elf Jahre hinweg“ das Leben zehntausender Menschen. Ebenfalls stellt S. Anzeige gegen die Bezirksregierung Köln, das sie durch die Genehmigung des Gas-Transports durch das Rohr „ihre Aufsichtspflicht in erheblichem Maß verletzt“ habe.

Bezirksregierung bestätigt Umnutzung

Auf Anfrage von Report-k.de bestätigte die Bezirksregierung Köln, Bayer habe die Umnutzung der Pipeline zum Transport von Kohlenmonoxid am 21.06.2000 als eine wesentliche Änderung nach § 5 der damals gültigen Gashochdruckleitungsverordnung gegenüber der Bezirksregierung angezeigt. (Aktenzeichen 55.8229.6.6-4/2000-Köh.) Fachlich sei das Verfahren von dem ehemaligen Staatlichen Amt für Arbeitsschutz begleitet worden. Die Nutzung der Rohrleitung ist laut Bezirksregierung zeitlich nicht befristet, für den Betrieb „der ordnungsgemäße Zustand“ erforderlich.

Bayer: „kontinuierlich überwacht und abgesichert“

Der Bayer-Konzern teilte Report-k.de gegenüber schriftlich mit, die Leitungen im Fernleitungsbündel seien technisch so ausgelegt und gebaut, dass unterschiedlichste gasförmige und flüssige chemische Produkte der chemischen Industrie transportiert werden können, wozu auch Kohlenmonoxid (CO) gehöre.

Seit 2002 werde zwischen den Chempark-Standorten Dormagen und Leverkusen auch CO transportiert – behördlich genehmigt. Die Leitung werde seitdem störungsfrei betrieben. Die Nutzungsänderung der Rohrleitung für den Transport von CO sei 2001 in Abstimmung mit der Bezirksregierung Köln erfolgt. Die Genehmigung sei unbefristet. Weiter teilte der Konzern mit, weltweit werde Kohlenmonoxid sicher über Pipelines transportiert.

Die bestehende Versorgungsleitung zwischen Dormagen und Leverkusen verläuft nach Angaben von Bayer im linksrheinischen Rheinvordeich-Gelände von Dormagen nach Leverkusen und quert den Rhein auf Höhe des nördlichen Ende des Chempark Leverkusen (Höhe Tanklager), wo sie an das vorhandene Rohrleitungsnetz angeschlossen ist. Die Sicherheitsbestimmungen der bestehenden Leitung entsprechen nach Angaben von Bayer dem heutigen Stand der Technik. So werde die Rohrleitung „kontinuierlich überwacht und abgesichert“.

Staatsanwaltschaft stellt Ermittlung ein

Die Staatsanwaltschaft Köln hat die Ermittlungen eingestellt. Die Kölner Staatsanwaltschaft teilte mit, es lägen keine zureichenden tatsächlichen Anhaltspunkte für ein strafbares Handeln vor. Es bestünde daher keine Grundlage seitens der Kölner Staatsanwaltschaft, in strafrechtliche Ermittlungen einzutreten.

Bei der in Rede stehenden Kohlenmonoxid-Pipeline handle es sich um eine bereits seit elf Jahren betriebne und genehmigte Anlage. Konkrete Tatsachen für einen Störungsfall seien von Gottfried S. nicht benannt. Auch lägen keine hinreichenden Anhaltspunkte für einen Genehmigungs- und Kontrollmissbrauch vor.

Hinsichtlich der Forderung von S., den Gastransport durch die Pipeline sofort einzustellen, weist die Staatsanwaltschaft darauf hin, dass die Staatsanwaltschaft nicht befugt sei, in die Kontroll- und Überwachungsaufgaben der zuständigen Behörden ohne konkreten Anlass einzugreifen. Ein Handlungsbedarf der Staatsanwaltschaft sei im vorliegenden Fall nicht erkennbar. Daraufhin legte S. Protest ein. In einem Brief an die Staatsanwaltschaft bringt er sein Misstrauen hinsichtlich einer gründlichen Überprüfung zum Ausdruck und fordert die Kölner Staatsanwaltschaft auf, ihm Einsicht in Ermittlungsakten zu gewähren.

Autor: Daniel Deininger
Foto: An dieser Stelle werden die bestehenden zehn Rohrleitungen auf Leverkusener Seite eingespeist.