Wer in den letzten Tagen über den Offenbachplatz schlenderte bekam immer wieder eine Frage von jüngeren und älteren Kölner Bürgern gestellt: „Was findet hier statt“. Das mag ein Indiz dafür sein, dass die c/o pop in der interessierten Fachöffentlichkeit seit Jahren einen wichtigen Platz im Terminkalender einnimmt, nach der Absage der Popkomm in Berlin für dieses Jahr erst recht, aber in der breiten Bevölkerung nicht angekommen ist. Aber und dafür war der Offenbachplatz mit den Opernterrassen als zentraler Festivalort sicher besser geeignet als die abgelegenere EX Bahnzentrale rückte das Festival so wieder in die Mitte der Stadt. Dort wo es eigentlich auch hingehört.

23 Uhr, Freitag 01
Im Gloria spielt „Metronomy“ und begeistert das Publikum, nicht nur optisch, sondern mit einem genialen Soundmix unterschiedlichster Coleur und einer abgefahrenen Show. Dabei hatte es den Jungs besonders Drummerin Anna Prior angetan und nicht wenige der kölschen Jungs waren ob ihrer Performance völlig aus dem Häuschen. Die Bandmitglieder von Metronomy tragen als optisches Erkennungszeichen „Push lights“ auf der Brust die in die Show integriert sind. 1999 wurde die Band in Totnes Devon, England, von Joseph Mount gegründet und steht für freakige elektronische Musik die sich auch des Instrumentariums klassischer Instrumente bedient. Dabei kann der Sound jede Sekunde changieren und den Zuhörer verblüffen, ohne dabei seine Grundtonalität im Rythmus zu verlieren. Damit groovte der Sound von Metronomy, die Community im Kölner Gloria und überzeugte neben der hohen Zuhörqualität mit dem Prädikat absolut tanzbar. Dabei ist der Sound von „Metronomy“ alles andere als Mainstreamig. In einem Interview mit dem Musikportal „loudandquiet.com“ beschreibt Joseph Mount die Ansätze von „Metronomy“ so: “Ich bin von Musikern wie Prince beeinflußt, die alle Ihre Songs selbst geschrieben, komponiert und aufgenommen haben,” erklärte Mount und weiter „Musikalisch bin ich inspiriert von aller möglichen elektronischen Musik, wie etwa Autechre und Funkstorung, sowie auch von Popmusik und Bands, von David Bowie und The Ramones und anderer seltsamer Folk-Musik die meine Eltern hörten, wie etwa Blowzabella“. Das Publikum im Kölner Gloria aus dem Häuschen.

23 Uhr, Freitag 02
Das Rund des Brunnens vor der Kölner Oper war bis auf den letzten Platz besetzt. Frau und Mann tranken Bier aus Flaschen und diskutierten. Vor den Opernterrassen bildete sich bereits eine lange Schlange die um 23 Uhr die Hallen stürmte um „Kompakt Total 10“ zu genießen. Auf der Playlist standen Gui Boratto, Michael Mayer, Justus Köhncke, Ada, Superpitscher und die isländische Band Gusgus. Die Visuals kamen von Tasso/Okinawa69 und Brunotait, der den ersten Teil, das Warm up übernahm. Live generierte der Künstler die Visuals auf seinen beiden Apple-Laptops, darunter ein 3D-Objekt. Schon seit 2004 verzaubert er mit den anderen visuellen Künstlern die Clubs. Besonders bei den Konzerten der elektronischen Bands, bei denen auf der Bühne nicht so viel passiert, gebe den elektronischen Visuals viel Freiraum und inspiriere zur Musik. Die Unikate leben teilweise nur für diesen einen Abend, eine Dokumentation der Kunst findet in der Regel nur ausschnitthaft mit Fotos oder in Videos statt.

Digital Migrants diskutieren Popmusik in Zeiten der Digital Natives
Ministeriale und oberbürgermeisterliche Weihen empfing die c/o pop in diesem Jahr. Fritz Schramma und NRW Wirtschaftsministerin Thoben fanden sich am Offenbachplatz ein. Nach den Grußworten starteten auf dem Podium vier Digital Migrants eine Podiumsdiskussion über das Musikverhalten „meiner Tochter“. Johnny Haeusler, spreeblick/re:publica, Sascha Lazimbat, Warner Music Group und Georg Oeller, Gema diskutierten entlang ihrer Frontlinien. Moderiert wurde die Runde von Lothar Gorris, Spiegel. Kernthema ist und bleibt der Umgang mit Urheberrechten im digitalen Zeitalter. Gema und Musikkonzerne stehen, nachdem man jahrelang jubilierte über günstige Vertriebs- und Marketingkanäle im Internet und selbst die Kostenlos Kultur mit angeheizt hat, vor dem Scherbenhaufen ihrer eigenen Digitalpolitik und klagen jetzt über den unsensiblen Umgang mit dem Urheberrecht. Faszinierenderweise als, die die das Urheberrecht nie besessen haben, sondern lediglich Nutznießer als Rechteverwerter waren und sind. Eine konträre Position dazu nahm Johnny Haeusler ein, der glaubt dass das Geld stärker mit Konzerten und Merchandising-Artikeln verdient werde, dafür aber die Musik überall verfügbar ist und sein werde. Haeusler: „Auch heute wird noch viel Geld mit der Popkultur verdient.“ Bei den großen Musiklabeln setzt man jetzt mehr auf Flatrate, Servicequalität und die Bequemlichkeit der meisten Nutzer, so Sascha Lazimbat. So kann man sich vorstellen mit einem großen Mobiltelefonhersteller gemeinsame Produkte anzubieten. Etwa beim Kauf eines Telefons gleich einen freien Zugang für einen breit aufgestellten Internetmusikkanal dazu zu erwerben. Das sei praktischer für die meisten Nutzer, als sich durch hunderte von Servern durchzuklicken. Bei der Gema will man keine Kriminalisierung des Endverbrauchers aber einen Konsens in der Teilhabe und dass Menschen die kulturelle Arbeit leisten auch bezahlt werden. Der Diskussion fehlte die Beteiligung von mindesten einem Digital Native und seiner Einschätzung, vor allem auch, weil es der einstündige Termin war, wo auch die Politik zuhörte. Das war schade, so blieb es eine Diskussion der Väter und Großväter. Nicht von ungefähr zitierte der grauhaarige Spiegel-Moderator immer wieder seine Tochter in der Diskussion.

Die c/o pop schließt heute Outdoor auf den Poller Wiesen… Blue Sky garantiert.

[ag]