Die Bundesanwaltschaft hat gestern (24. Februar 2010) auf Grund von Haftbefehlen des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 18. Februar 2010 den 35-jährigen türkischen Staatsangehörigen Alaattin A. und den 27-jährigen türkischen Staatsangehörigen Ünalkaplan D. durch Beamte des Bundeskriminalamts mit Unterstützung der Polizei Nordrhein-Westfalens in Düsseldorf und im Großraum Köln festnehmen lassen. Im Rahmen der Ermittlungen wurden sieben Objekte in Nordrhein-Westfalen durchsucht, darunter ein Vereinsheim.

Die Beschuldigten sind dringend verdächtig, sich als hochrangige Führungsfunktionäre der "Rückfront" der DHKP-C in Europa an der innerhalb der DHKP-C bestehenden terroristischen Vereinigung in der Türkei beteiligt zu haben (§ 129b Abs. 1 i.V.m. § 129a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 4 StGB). Der Beschuldigte Ünalkaplan D. soll sich darüber hinaus wegen versuchter schwerer räuberischer Erpressung (§ 253, § 255 i. V. m. § 250 Abs. 1 Nr. 2 StGB), der Beschuldigte Alaattin A. zudem wegen Einschleusens von Ausländern strafbar gemacht haben (§ 95 Abs. 1 Nr. 3, § 96 Abs. 1 Nr. 1b AufenthG).

Die DHKP-C hat sich zum Ziel gesetzt, den türkischen Staat mittels eines "bewaffneten Kampfes" zu beseitigen und durch ein marxistisch-leninistisches Regime unter ihrer Kontrolle zu ersetzen. Seit ihrer Gründung im Jahre 1994 bis in die jüngste Vergangenheit hat die Gruppierung in der Türkei zahlreiche Tötungsdelikte begangen sowie eine Vielzahl von Brand- und Sprengstoffanschlägen verübt, zu denen sie sich jeweils öffentlich bekannt hat. Seit dem Jahr 2001 hat sie dabei wiederholt ihre Kämpfer für Selbstmordattentate eingesetzt. Sie verfügt in Europa über eine Auslandsorganisation, die sie als ihre "Rückfront" unter anderem zur Finanzierung der terroristischen Aktivitäten, zur Beschaffung von Waffen und sonstiger militärischer Ausrüstung sowie als sicheren Rückzugsraum für ihre Mitglieder nutzt.

Die Beschuldigten sollen in die hierarchischen Strukturen der Europaorganisation der DHKP-C eingebunden gewesen sein und als professionelle Kader für die Vereinigung Aufgaben wahrgenommen haben. Der Beschuldigte Alaattin A. soll von November 2008 bis Anfang Februar 2009 Deutschlandverantwortlicher der Organisation gewesen sein und anschließend bis Ende März 2009 seinen Nachfolger bei der Einarbeitung unterstützt haben. In seiner Funktion als Deutschlandverantwortlicher soll Alaattin A. in die Öffentlichkeitsarbeit der DHKP-C eingebunden und damit daran beteiligt gewesen sein, neue Mitglieder und Unterstützer für die Vereinigung zu gewinnen. Außerdem soll er die "Spendenkampagne" der DHKP-C in Deutschland koordiniert und die Weiterleitung finanzieller Mittel ins Ausland organisiert haben. Darüber hinaus soll er seinem Nachfolger in zwei Fällen im Januar und Februar 2009 Hilfe geleistet haben, illegal in die Bundesrepublik einzureisen, um diesem die Aufnahme seiner Tätigkeit als Verantwortlicher der Organisation in Deutschland zu ermöglichen.

Dem Beschuldigten Ünalkaplan D. liegt zur Last, von November 2008 bis Oktober 2009 Gebietsverantwortlicher für Köln und anschließend bis zu seiner Festnahme Regionsverantwortlicher Westfalen mit den Gebieten Köln, Dortmund und Duisburg gewesen zu sein. Zu seinen Aufgaben soll es gehört haben, finanzielle Mittel und sonstige Vermögensgegenstände für die Organisation zu beschaffen. Zudem soll er an der Öffentlichkeitsarbeit der DHKP-C, die der Anwerbung neuer Mitglieder und Unterstützer diente, beteiligt gewesen sein. Mit der Übernahme der Leitung der Region Westfalen soll er darüber hinaus die Kader in den Gebieten seines Zuständigkeitsbereichs kontrolliert und dem Deutschlandverantwortlichen unmittelbar zugearbeitet haben.

In Abkehr von dem Gewaltverzicht, den der ehemalige Führer der DHKP-C Dursun Karatas im Jahr 1999 erklärt hatte, sollen die Führungsfunktionäre der Organsiation in Deutschland Ende Oktober 2009 vereinbart haben, "Spenden" zukünftig auch wieder unter Anwendung oder zumindest Androhung von körperlicher Gewalt einzutreiben. Dementsprechend soll der Beschuldigte Ünalkaplan D. zusammen mit weiteren Personen im Dezember 2009 in Duisburg versucht haben, einen Zahlungsunwilligen mit körperlicher Gewalt zur Zahlung von 20.000 Euro zu veranlassen. Die Beschuldigten wurden gestern und heute dem Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs vorgeführt, der ihnen die Haftbefehle eröffnet und den Vollzug der Untersuchungshaft angeordnet hat.

[ots]