Im Mittelpunkt die Bürger und Ihre Fragen: Auch zahlreiche Medien waren gekommen.

Roters überließ das Terrain lieber Stadtdirektor Guido Kahlen. Überhaupt waren auf dem Podium zumeist Altbekannte, die auch schon nach dem 3. März 2009 Rede und Antwort standen. Auch dies stieß bei vielen Bürgern immer wieder auf Unverständnis, die die Frage nach den Verantwortlichen stellten. Dies aber so wurde insbesondere Stadtdirektor Guido Kahlen nicht müde zu sagen, könne erst geklärt werden, wenn man trockenen Fußes die Unglücksstelle am Waidmarkt in Augenschein nehmen könne und das kann dauern, denn dafür müssen neue Bauwerke errichtet werden.


An jeder Ecke und in der Mitte postierte KVB und Stadt Köln schwarz und mit Barrett gekleidete Wachpsoten, die stark an die schwarzen Sheriffs erinnerten. Anscheinend hatte man so große Angst vor den eigenen Bürgern.

Für die Bewohner und Geschäftsleute an der Severinstraße hatte der Stadtdirektor wenigstens zumindest gestern gute Nachrichten. Die Vorlage nach der die Anlieger der Severinsstraße mit 1,2 Millionen Euro Wiederherstellungskosten für die Straße nach dem Bau der Nord-Südstadtbahn belastet werden sollten, wurde im Stadtvorstand zunächst zurückgezogen. Die Bürger forderten eine bessere Bauüberwachung durch fachkundige Personen, wollten die Kosten für die Stadtbahn wissen. Derzeitiger Stand so Walter Reinarz, Vorstand der KVB, der massiv in der Kritik stand, seien 1 Milliarde 40 Millionen Euro Baukosten. Kahlen rechnet bei der Wiederherstellung der Archivalien und des Archivs mit einer Summe jenseits der 500 Millionen Euro.


Stadtdirektor Guido Kahlen (Mitte) will sich bei der Aufklärung des Unglücks am Waidmarkt Zeit lassen, weil er davon ausgeht, dass nur dann auch die Ursache wirklich zu finden ist.

Die Anwohner beklagten die schlechte Informationspolitik und wollten genau wissen, wann geflutet wird. Spürbar war wie verunsichert die Anwohner sind. Eine Kölnerin rief dem Stadtdirektor zu: „Schlafen Sie doch mal eine Nacht neben dem Loch“. Der antwortete spontan: „Ok, ich übernachte bei Ihnen“, relativierte allerdings kurz danach und erklärte, dass er dies erst mit seiner Frau besprechen müsse. Mit aller Klarheit stellte die städtische Verwaltung dar, dass man derzeit nicht an Evakuierungen denke. Auch wenn die Grube am Heumarkt geflutet werden müsse, bleiben Kräne stehen und die Anwohner können in ihren Wohnungen bleiben. Die Kölner Hochwasserzentrale geht davon aus, dass der Pegel des Rheins morgen 4,70 m, am Freitag 5,50 m und am Samstag 6,00 m erreicht. Ob am Samstag dann geflutet wird sei noch offen, aber die Öffentlichkeit und die Anwohner würden rechtzeitig informiert.

Spannend in der Diskussion war auch, dass die Arge deutlich machte, dass die KVB von der großen Anzahl an Brunnen gewusst habe: Ein Sprecher der Arge: „Die Auftraggeberin hat Mehrbrunnen am Waidmarkt zugestimmt“, die Brunnen wären aber technisch solide gemacht. Ratlos war man als einer der Bürger anmerkte, dass es mittlerweile mehrere Sandbänke im Rhein gebe, dort wo die blauen Rohre der Baustellen das Grundwasser in den Rhein pumpen. Von einer Sandbank wisse man, so Reinarz, von weiteren nichts. Ein weiterer interessanter Aspekt war, als eine Bürgerin fragte, warum das Ingenieurbüro Spiekermann jetzt mit der Aufsicht beauftragt worden sei, nachdem das gleiche Büro einst Gutachten geschrieben hat, die zum Ratsbeschluss für den Bau führte.

Natürlich mussten sich die Akteure auf dem Podium auch böse Zwischenrufe anhören, wie „Amateure“, „Kölner Verbrecher Bande“ oder einer kommentierte: „Fertigbauen, dann fluten und Fische rein“. Am Ende stellte eine Frau noch eine Frage an die Arge, die allerdings unbeantwortet blieb: „Wie können Sie sich hier hinstellen und behaupten sie seien ein führendes Unternehmen“ Dafür gab es gegen 23 Uhr viel Applaus aus den mittlerweile stark gelichteten Reihen. Zu Beginn der Veranstaltung dürften zwischen 500-700 Bürgerinnen den Weg in den Gürzenich gefunden haben.

Zwar sprachen man auf dem Podium viel von Sicherheit, Vertrauen und dass die Vorgänge sehr sehr kompliziert sind. Ob die Veranstaltung im Gürzenich wirklich dazu beigetragen hat Vertrauen aufzubauen ist fraglich. Es fehlt an einer unbelasteten Instanz die Stadt, KVB und die Technische Aufsichtsbehörde in Düsseldorf kontrolliert, denn auch den von den Betroffenen, also KVB und Stadt eingeschalteten Gutachtern vertrauen die Menschen nicht. Vor allem kamen sie nicht zu Wort. Schließlich heißt ein altes deutsches Sprichwort „wer zahlt schafft an“. Und auch im Binnenverhältnis zwischen Stadt und dem städtischen Unternehmen KVB kann man ein altes Sprichwort zur Anwendung bringen: „Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus“. Selbst der Oberbürgermeister Jürgen Roters ist vorbelastet aus seiner Zeit als Regierungspräsident. Auf dem Podium im Gürzenich hätte er sitzen müssen, vor allem auch, weil er von den Vorständen der Unternehmen dies in einem offenen Brief gefordert hatte. So wie man auch erwartet, das der Vorsitzende des Vorstandes der KVB vor Ort ist.

Beschämend für die Offiziellen war auch, dass aus den Reihen der Bürger der Wunsch kam, eine Schweigeminute für die Opfer des Archiveinsturzes einzulegen. Die Schwarzen Sheriffs waren gänzlich überflüssig, denn die Anwohner und Bürger wollten diskutieren.

Stimmen zum Fernbleiben von OB Roters bei der Bürgerversammlung im Gürzenich

CDU Köln: "Roters kneift schon wieder"
"Erst kündigt OB Roters vollmundig an, er wolle auf der Bürgerversammlung im Gürzenich den Vorstand von Bilfinger und Berger zur Rede stellen. Aber der eingeforderte Gang nach Canossa fiel aus. BB-Vorstand Herbert Bodner blieb zu Hause, schickte Dr. Jochen Keysberg von der ARGE ins Feuer. Ein Gleiches tat der OB, entsandte Stadtdirektor Kahlen. „Wenn’s hart wird, kneift Roters. Wehe, das wäre einem CDU-OB passiert“, so Jürgen Hollstein MdL, Vorsitzender der CDU Köln. „Der Welpenschutz von OB Roters ist abgelaufen. Er kann und darf sich nicht weiter hinter Herrn Kahlen verstecken. Wie will Herr Roters Bürgernähe und Vertrauen aufbauen, wenn er seine Kölner meidet? Anstatt im Gürzenich Politik für Köln zu machen, redet Herr Roters lieber in Dellbrück über Politik in Köln. Langsam wird’s und wirkt’s peinlich!“. so die Kölner CDU

[ag]