Berlin | Generalbundesanwalt Harald Range will laut eines Berichts von „Süddeutscher Zeitung“, NDR und WDR jetzt doch im Fall des abgehörten Handys der Kanzlerin Ermittlungen gegen Unbekannt wegen Verdachts der Spionage einleiten. Hingegen soll es in dem Fall des massenhaften Lauschangriffs der NSA in Deutschland zumindest vorläufig keine Ermittlungen geben. Der bereits Ende Juni vergangenen Jahres eingeleitete Prüfvorgang solle offen bleiben, heißt es weiter.

Nach Darstellung der drei Medien soll sich Range am Ende gegen starke Bedenken in seinem eigenen Haus durchgesetzt haben. Range habe mit seiner Entscheidung angeblich auch auf den Sturm der Empörung reagiert, den in der vorigen Woche Berichte über eine angeblich geplante Einstellung beider Prüfvorgänge ausgelöst hatten. Bei dem jetzt anlaufenden Ermittlungsverfahren in Sachen Handy könne Karlsruhe mit der Unterstützung der Bundesregierung rechnen, heißt es in dem Bericht.

Diese habe angeblich im Vorfeld der Entscheidung signalisiert, sie werde Karlsruhe etwa bei Rechtshilfeersuchen an US-Stellen voll unterstützen. Falls Antworten ausblieben, werde Berlin auch versuchen, diplomatischen Druck auf die USA auszuüben, berichten die drei Medien.

SPD und Grüne werfen Generalbundesanwalt Range einseitige NSA-Ermittlungen vor

Dass der Generalbundesanwalt Harald Range nur im Fall des abgehörten Handys von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) ermitteln will, nicht aber wegen des generellen Ausspähens von Bundesbürgern durch den US-Geheimdienst NSA, stößt auf scharfe Kritik bei SPD und Grünen: „Eine Rechtspolitik nach dem Orwell-Motto `All animals are equal but some are more equal than others` kann nicht die Devise sein, wenn es um die massive und massenhafte Verletzung von Bürgerrechten geht“, sagte der SPD-Bundesvize Ralf Stegner „Handelsblatt-Online“. „Bei aller Bedeutung der Kanzlerin und ihres Handys – bei uns gilt immer noch der Artikel 3 des Grundgesetzes, der die Gleichheit vor dem Gesetz garantiert. Dieser Maßstab gilt auch für den Herrn Generalbundesanwalt.“

Der innenpolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Volker Beck, betonte, Aufgabe von Justiz und deutschen Geheimdiensten sei es, „alle“ Bürger, die deutsche Wirtschaft und die Bundesregierung vor Auslandsspionage zu schützen. „Wenn der Generalbundesanwalt wegen des Kanzlerhandys ermittelt, ist dies ein erster, richtiger Schritt“, sagte Beck „Handelsblatt-Online“. Dabei müsse Range, wenn er dabei „unweigerlich“ auf Verdachtsmomente wegen anderer Abhöraktionen stoße, die Ermittlungen ausweiten.

„Hier darf es keine falschen Rücksichtnahmen gegenüber den USA oder Großbritannien geben“, unterstrich der Grünen-Politiker. „Rechtsbruch ist Rechtsbruch – egal, ob er von den USA oder Russland begangen wird.“ Stegner und Beck reagierten damit auf Medienberichte, wonach Generalbundesanwalt Range nun doch Ermittlungen in der NSA-Affäre eingeleitet haben soll, er dabei allerdings nur die abgehörten Handys von Merkel im Blick hat.

Range reagiert damit offenbar auf die massive Kritik an der geplanten Einstellung der beiden Prüf-Vorgänge. Am Mittwoch soll Range vor dem Rechtsausschuss des Bundestages zum Stand der Ermittlungen in der NSA-Affäre aussagen.

Autor: dts