Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wird zu diesem Anlass eine Rede vor den rund 350 hochrangigen Gästen halten. Im Vorfeld der Konferenz forderte Merkel Ägyptens Präsident Husni Mubarak dringlichst dazu auf, zu handeln.

Es sei jetzt "ganz wichtig, dass in Ägypten der politische Dialog beginnt" so die Kanzlerin. Neben Merkel wird auch US-Außenministerin Hillary Clinton, UN-Generalsekretär Ban Ki Moon und der Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen erwartet. Die Münchner Sicherheitskonferenz zählt zu den wichtigsten internationalen Treffen, auf dem Staatschef, Sicherheitspolitiker und Militärs zusammen kommen und aktuelle Sicherheitsthemen diskutieren. Da auf der Konferenz keine bindende Beschlüsse gefasst werden können, laufen die Debatten häufig konstruktiv und offen ab.

[Aktualisierung um 9:43 Uhr]

SWP-Direktor: EU darf sich nicht auf Seite der Autokraten schlagen

Der Leiter der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP), Volker Perthes, hat den Westen aufgefordert, den "Aufbruch in der arabischen Welt positiv" zu begleiten. "Wir sollten uns freuen und nicht zu viel Furcht vor dem Gegner der alten Regime haben", sagte Perthes der "Frankfurter Rundschau" (Freitagausgabe).

"Die haben uns immer erklärt, es gäbe nur die Alternative zwischen ihnen und den Islamisten. Es gibt aber eine dritte Kraft." Einige europäische Staaten und die USA hätten einige der Autokraten zu eng umarmt, kritisierte Perthes. "Um zu zeigen, dass sie die Zeichen der Zeit erkannt haben, sollten sie die junge tunesische Regierung unterstützen", forderte der SWP-Leiter weiter.

"Bisher hat Europa zugesichert, bei Wahlen oder bei der Justizreform zu helfen. Es wäre hilfreich, rasch die europäischen Märkte für tunesische Agrarprodukte zu öffnen." Washington werde darüber nachdenken müssen, ob es seine Zusammenarbeit mit arabischen Staaten vor allem auf das Militärische stützen wolle oder ob die USA nicht stärker die pluralistischen Gesellschaften, die jetzt entstehen, als Partner betrachteten.

Israel riet Perthes, den neuen Kräften, die auch in Ägypten an die Macht kämen, nicht von Anfang an das Misstrauen auszusprechen. "Das tut es zurzeit. Israel sollte eher sagen: Wir arbeiten mit Ägypten seit 30 Jahren zusammen und werden dies weiter mit einer Regierung tun, die das ägyptische Volk an die Macht bringt", so der Politikwissenschaftler.

Auswärtiges Amt stellt Nachbarschaftsprogramme mit Ägypten in Frage

Der Menschenrechtsbeauftragte des Auswärtigen Amtes, Markus Löning, hat die EU-Nachbarschaftsprogramme mit Ägypten im Rahmen des Barcelona-Prozesses in Frage gestellt. Die Programme, mit denen die EU Demokratie, Zivilgesellschaft und Entwicklung in den südlichen Mittelmeer-Anrainerstaaten fördert, hätten "offensichtlich nicht zur Demokratisierung beigetragen", sagte Löning der "Frankfurter Rundschau" (Freitagausgabe).

Er forderte die "Restrukturierung" des Prozesses: Die EU dürfe "nicht hinnehmen, dass die Mittel in die falschen Kanäle fließen", so Löning. Amnesty International forderte angesichts der Übergriffe auf regimekritische Demonstranten in Ägypten den "sofortigen Stopp aller Rüstungstransfers nach Ägypten, die zu Menschenrechtsverletzungen beitragen können". Das sagte die Generalsekretärin von Amnesty International Deutschland, Monika Lüke.

Auch müssten die bisherigen Waffenlieferungen "vollständig offengelegt" werden, so Lüke. Ägypten habe die Menschenrechtspakte der UN unterzeichnet, betonte Lüke. "Mubarak und die Armee müssen sich schon allein dafür verantworten, dass sie die friedlichen Demonstranten nicht geschützt haben." Kairo müsse eine UN-Untersuchungskommission einreisen und ermitteln lassen, verlangten Lüke und der Direktor von Human Rights Watch Deutschland, Wenzel Michalski.

[Aktualisierung um 12:58 Uhr]

Grünen-Politiker Nouripour kritisiert Tagesordnung auf Münchner Sicherheitskonferenz

Vor dem Beginn der Münchner Sicherheitskonferenz haben die Grünen Kritik an der Organisation der Veranstaltung geübt. "Es gäbe etliche interessante Gesprächspartner, keiner ist auf dem Podium", sagte der Grünen-Politiker Omid Nouripour dem "Tagesspiegel" unter Verweis auf eine geplante Diskussion zum Thema Nahost.

"Der Westen muss sich von seinem veralteten Verständnis von Stabilität verabschieden, das vor allem auf Ruhe setzt und bei den Verhältnissen in anderen Ländern nicht so genau hinsieht", sagte er weiter. Nouripour kritisierte zudem die Einladung iranischer Vertreter. "Man kann nicht Weißrussland ausladen, weil dort Wahlen gefälscht werden und die Opposition unterdrückt wird, aber mit Iran sprechen, weil es dort ein Atomprogramm gibt. Das ist inkonsequent", sagte Nouripour.

[Aktualisierung um 15:28 Uhr]

Experte: Ägypten ist schlecht auf Demokratie vorbereitet

Ägypten ist nach Ansicht des Leiters der Münchner Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger, schlecht auf normale westliche demokratische Verhältnisse vorbereitet. Das sagte der ehemalige Diplomat in einem Interview mit dem Deutschlandfunk. "Nicht jeder davongejagte Diktator liefert eine Garantie dafür, dass sofort der demokratische Frühling ausbricht", so Ischinger.

"Die Krise fängt ja häufig erst dann richtig an, wenn das alte Regime geht oder gegangen wird." In München sei man derzeit "genau zum richtigen Moment dabei" über die Lage in Ägypten zu diskutieren. Man solle hier mit einer Stimme dafür sorgen, dass ein Übergang in Ägypten "möglichst bald und möglichst ohne Blutvergießen und möglichst im Sinne von mehr Demokratie stattfindet", so der Leiter der Sicherheitskonferenz, bei der sich seit Freitag in München 350 internationale Entscheidungsträger versammeln.

Dass sich aus den inneren Unruhen in Ägypten und in anderen Teilen der Region ein militärischer Flächenbrand entwickeln könne befürchtet Ischinger nicht.

[dts]