So unbegreiflich die Tat der 21-Jährigen Frau ist, so sehr macht sie auch nachdenklich. Der gut informierte Bürger weiß, dass es Hilfsangebote für schwangere Frauen in Not gibt, aber reicht Information alleine? Mit Eva Winkler-Jansen, vom Sozialdienst katholischer Frauen (SKF Köln) und Leiterin der Abteilung „Mutter und Kind“ das im Haus Adelheid beheimatet ist und über eine Babyklappe verfügt, versucht Report-K.de Hintergründe auszuleuchten.

Eva Winkler-Jansen selbst hatte Montagmorgen Zeitung gelesen. Als sie die Überschrift las blieb sie stehen und dachte: „Das wäre eine Mutter gewesen, die das Baby bei uns ins Fenster hätte legen können. Wie viel Kraft muss diese Frau aufgewendet haben, ihre das zu verbergen. Ich habe mir um das Umfeld Gedanken gemacht, wie man der Frau hätte helfen können.“

Loyalitätskonflikte

Sechs Kinder sind in diesem Jahr in der Babyklappe abgegeben worden. Davon haben drei Mütter sich nachträglich wieder gemeldet. Diese Mütter konnte der SKF nach ihren Motiven befragen, warum sie diesen Ausweg gesucht haben. Es sind Frauen, die ganz verdrängt haben, dass ihr Kind einen Platz in ihrer Welt haben kann. Sie haben mit einer komplizierten Gemengelage an sozialen und persönlichen Faktoren zu kämpfen. Auch Loyalitätskonflikte gegenüber dem Kind kommen zum Tragen.

Beratung ist da, nur man muss sie wollen

Die 21-Jährige Frau, dessen Kind im Mülleimer des Cafés gefunden wurde, spricht von einer besonderen Ausnahmesituation für sie und Panik. Für Frauen in einer für sie ausweglosen Situation ist es die letzte Möglichkeit, das Kind auszusetzen. Die Babyklappe versucht diese Kinder zu retten. Der jungen Frau hätte diese Möglichkeit ebenfalls offen gestanden, möchte man meinen. Winkler-Jansen: „Es gibt aber auch Frauen, die dieses Angebot nicht erreicht, sei es aus Desinformation oder Überforderung. Diese Frauen haben keinen Blick mehr für Hilfe.“ Dabei gibt es bereits im Vorfeld viele Stellen, sich beraten zu lassen.

Schwangerschaft verbergen

Steht noch die Frage im Raum, wie es möglich ist, eine Schwangerschaft zu verbergen. Dabei spielt die Körperstatur so gut wie keine Rolle. Fülligere Frauen haben es nach außen zwar leichter die Schwangerschaft zu verbergen. Aber auch schlanke Frauen habe ihre Taktik. Winkler-Jansen: „Die Frauen haben eine große ‚Gabe’, das Kind zu verstecken, zum Beispiel indem sie den Bauch eng binden oder weite Sachen tragen. Frauen verdrängen aber auch die Schwangerschaft, weil es für ihre Lebenssituation bedrohlich ist und erklären sich selbst die Situation indem sie denken, sie seien dicker geworden.“

Geburt hinterher auch gefährlich für die Mutter

Dann kommt die Geburt. Bei dem aktuellen Fall muss es sich um eine Sturzgeburt gehandelt haben. Sonst wäre das in dieser Geschwindigkeit gar nicht möglich gewesen. Durchaus möglich ist aber, dass die junge Frau die Wehen gar nicht bemerkt hat. Winkler-Jansen gibt zu bedenken, dass Frauen in solchen Situationen nach bekannten Erklärungsmustern suchen würden und nicht den Wehen zuordnen würden. Stattdessen ginge man von Magen-Darm Beschwerden oder Blähungen aus.
Die Geburt selbst stellt für allein gebärende Frauen das größte Risiko dar. Hoher Blutverlust kann die Folge sein, oder es ist noch nicht alles ausgetrieben. Dringend notwendig sei in solchen Fällen die ärztliche Betreuung.

Hier ist die Adresse der Kölner Babyklappe. Leider hat das "Haus Adelheid" noch? keine eigene Homepage.

Text: Björn Troll für Report-K.de / Kölns Internetzeitung