Berlin | Artikel ergänzt | Die Union schreit nach einem Bekenntnis zum Verbrennermotor, wieder andere wie Autoexperten oder Gewerkschaften fordern ein Bekenntnis zum E-Auto und die SPD gar eine Abwrackprämie zugunsten von E-Autos, dagegen ist aber die FDP, die mit der SPD in der Bundesregierung ist. Die öffentlich ausgelegten Positionen vor dem sogenannten Autogipfel von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck, die alles andere als überraschend sind.

Union verlangt von Autogipfel klares Bekenntnis zum Verbrennermotor

Die Union fordert vom sogenannten Autogipfel am Montag in Berlin ein klares Bekenntnis zum Verbrennermotor.

„Wir erwarten als CDU/CSU-Fraktion, dass die Bundesregierung sich dafür einsetzt, dass das Verbot des Verbrennungsmotors endlich gestoppt wird“, sagte der Obmann der Unionsfraktion im Verkehrsausschuss des Bundestages, Christoph Ploß (CDU), der „Rheinischen Post“ (Montagsausgabe). Vom Gipfel müsse ein Signal der „Technologieoffenheit“ ausgehen. „Die einseitige, rein ideologische Ausrichtung der Ampel-Koalition auf Batterieautos ist längst aus der Zeit gefallen und kostet unser Land Hunderttausende Arbeitsplätze.“

Ploß sagte weiter, Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) füge dem Land mit einer „Anti-Auto-Ideologie schweren Schaden zu“. Habeck müsse einsehen, „dass wir in Deutschland mehr soziale Marktwirtschaft statt immer mehr Planwirtschaft benötigen“.

IG Metall verlangt Förderpaket für E-Autos

Im Vorfeld des am Montag bei Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) stattfindenden Autogipfels fordert die IG Metall gegenüber „Bild am Sonntag“ laut eines Sprechers ein „schnelles, neues Förderpaket, das den Verkauf von E-Autos ankurbelt“.

Begründung der Industriegewerkschaft: „Das würde den Herstellern und den Zulieferern, die ja schon Milliarden in die E-Mobilität investiert haben, helfen und so Arbeitsplätze sichern. Es würde den deutschen Herstellern im Wettlauf mit außereuropäischen Herstellern neuen Schwung geben.“

Die IG Metall laut Sprecheraussage weiter: „Es wäre gleichzeitig ein Konjunkturprogramm wie auch eine industriepolitische Fitness-Spritze für den notwendigen Umbau der Automobilindustrie.“ Zweifel am E-Auto-Kurs hegt Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU). Zu „Bild am Sonntag“ sagte er: „Meine Erwartung an den Automobilgipfel ist, dass wir eine klare Linie für die Zukunft der Automobilindustrie finden – insbesondere mit Blick auf Volkswagen und die Elektromobilität. Wir müssen technologieoffen bleiben und nicht ausschließlich auf eine Antriebsform setzen. Innovation und Wettbewerb sind entscheidend, um Arbeitsplätze zu sichern und die Industrie erfolgreich in die Zukunft zu führen.“

Für Auto-Experte Ferdinand Dudenhöffer, Leiter des CAR-Instituts Bochum, ist der Gipfel am Montag allerdings nur PR: „Diese One-Man-Show von Habeck ist ein Marketinggag, aber kein Gipfel.“ Habeck habe „das Vertrauen in das E-Auto zerstört. Er hat permanent Chaos und Verwirrung gestiftet.“

Dudenhöffer weiter: „Das Vertrauen gewinnt man zurück, wenn man langfristig einen Plan hat und sich daran hält. Es braucht ein Bekenntnis zum E-Auto. Aber Habeck hat es Stand jetzt verspielt. Zu viel Aktionismus schadet.“

IG Metall will neues Förderpaket für E-Mobilität 

Die Gewerkschaft IG Metall hält angesichts der Krise in der Autoindustrie ein neues Förderpaket für Elektromobilität für notwendig.

„Das Förderpaket muss dazu beitragen, den Hochlauf der E-Mobilität zu beschleunigen“, sagte ein IG-Metall-Sprecher den Zeitungen der Funke-Mediengruppe mit Blick auf den Autogipfel, zu dem Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) eingeladen hat. „Das würde dem Klima ebenso helfen wie den Herstellern und Zulieferern, die Milliarden in die E-Mobilität investiert haben.“ Eine Wiederbelebung des Hochlaufs würde es der Industrie erleichtern, im Wettlauf mit außereuropäischen Herstellern weiter nach vorne zu kommen, so die IG Metall: „Es wäre gleichzeitig ein Konjunkturprogramm wie auch eine industriepolitische Fitness-Spritze für eine erfolgreiche Transformation der Automobilindustrie.“

Die aktuell angekündigte Sonderabschreibung der Bundesregierung für gewerblich angeschaffte emissionsfreie Fahrzeuge sei ein „sinnvoller erster Schritt, angesichts der aktuellen Lage in der Fahrzeugindustrie sollten jetzt schnell weitere Schritte folgen“, sagte der IG-Metall-Sprecher. Die Bundesregierung hatte vor knapp einem Jahr die E-Auto-Förderprämie für alle Verbraucher überraschend gestrichen.

Die Metallarbeitgeber bezeichnen die Lage der deutschen Industrie und insbesondere der Automobilindustrie als „überwiegend schlecht und teilweise dramatisch“, wie Gesamtmetall-Hauptgeschäftsführer Oliver Zander der Funke-Mediengruppe sagte. Ohne bessere Rahmenbedingungen drohe eine den Wohlstand massiv gefährdende Deindustrialisierung. „Wir müssen schnell wieder wettbewerbsfähiger werden und so den Standort stärken. Unternehmenssteuerreform, Sozialabgaben wieder bei 40 Prozent, Bürokratieabbau und Regulierungspause, bezahlbare und verlässliche Energieversorgung sind die Stichworte.“

Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, hält Subventionen für einzelne Unternehmen oder für Energie dagegen für einen Irrweg. „Diese helfen nur einzelnen Unternehmen und nicht der gesamten Wirtschaft“, sagte Fratzscher den Funke-Zeitungen. „Die Hauptverantwortung für die schwierige Lage in der Automobilbranche liegt bei den Unternehmen selbst, nicht bei der Politik“, ist der Ökonom überzeugt.

Die Autoindustrie habe drei große Fehler begangen: „Sie haben mit dem Dieselbetrug viel Vertrauen und Reputation zerstört. Sie haben sich in eine viel zu starke Abhängigkeit von China begeben und sich dadurch erpressbar gemacht. Und sie haben die technologische Transformation zu E-Mobilität verschlafen“, so Fratzscher. Diese drei Fehler müssten nun schnell korrigiert werden, um an die großen Erfolge der vergangenen Jahrzehnte anknüpfen zu können. „Dies ist möglich, die Autohersteller sind hochinnovativ und haben exzellentes Know-how und Fachkräfte“, so der Ökonom.

Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) hält wiederum eine neue E-Auto-Prämie für willkommen. „Einen spürbaren Nutzen wird sie aber nur dann haben, wenn es gelingt, die potenzielle Käuferschicht zu erweitern“, sagte der IW-Autoexperte Thomas Puls.

Die SPD fordert eine Abwrackprämie zugunsten der E-Mobilität

FDP gegen Abwrackprämie für Verbrenner 

Die FDP-Fraktion lehnt eine von der SPD-Fraktion vorgeschlagene Abwrackprämie für Verbrenner beim Kauf eines E-Autos ab. „Schlechte Rezepte aus der Vergangenheit bleiben schlecht, da hilft auch wiederholen nichts“, sagte Fraktionsvize Christoph Meyer dem „Tagesspiegel“ am Samstag.

Er sieht darin keine Lösung für die aktuelle Krise beim Hersteller Volkswagen. „Den Debattenbeitrag der SPD kann man nicht ernst nehmen, denn es ist nicht Aufgabe des Staates, unternehmerischen Fehlleistungen hinterher zu korrigieren“, sagte Meyer. Das Konzept Abwrackprämie habe sich schon einmal nicht bewährt, „denn diese ist für den Steuerzahler kostspielig, in der Wirkung ineffektiv und hat breite Streueffekte – muss also nicht VW helfen“.

Meyer reagiert damit auf ein Maßnahmenpapier, in dem vor dem am Montag stattfindenden Autogipfel von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) Teile der SPD-Bundestagsfraktion auf mehrere befristete Sofortmaßnahmen drängen, um den schleppenden E-Autoverkauf in Deutschland anzukurbeln.

Zentrale Forderung des Acht-Punkte-Plans ist eine Abwrackprämie von bis zu 6.000 Euro beim Kauf eines neuen E-Autos und der Abgabe des Verbrenners. Handelt es sich um ein gebrauchtes E-Auto, sinkt die Prämie auf 3.000 Euro. Damit sollen vor allem Verbrenner mit hohem CO2-Ausstoß aus dem Markt genommen werden.

„Die SPD erwartet, dass die Regierung jetzt zeitnah Maßnahmen beschließt, um den Absatz von E-Autos anzukurbeln“, sagte der SPD-Politiker Sebastian Roloff dem „Tagesspiegel“. Roloff gehört der Arbeitsgemeinschaft Wirtschaft der Fraktion an und hat das Maßnahmenpapier mitverfasst.

Auch das Autoland Niedersachsen hat vor dem Autogipfel am Montag klare Forderungen aufgestellt. „Wir müssen jetzt aus dem großen Topf möglicher Maßnahmen mit der großen Kelle schöpfen“, sagte der Wirtschafts- und Verkehrsminister Olaf Lies (SPD) dem „Tagesspiegel“. „Nur mit dem Teelöffel probieren und abwarten, was passiert, bringt uns in der jetzigen Situation nicht mehr weiter“, so Lies.

Der SPD-Politiker fordert ein „massives Anreizprogramm“, damit Verbraucher von Verbrennern auf emissionsfreie Fahrzeuge umsteigen. Das nötige Geld dafür sei da. „Ich hätte wenig Verständnis dafür, die jetzt frei werdenden Milliarden für die beiden Chipfabriken im Bundeshalt versickern zu lassen oder diese sogar bis zu irgendeinem Datum ungenutzt liegen zu lassen“, sagte Lies.


Mit Material der dts nachrichtenagentur