ARD, Tagesschau
: Von Seiten der Tagesschau fordert Christoph Lütgert in seinem Kommentar „Abtreten Herr Präsident“: „Ein ganzes Volk  kann von diesem Präsidenten keine moralische oder politische Orientierung mehr erwarten. Es kann nur noch abwarten – ängstlich, schadenfroh oder hämisch – was aus Wulffs Vergangenheit vielleicht noch so hoch kommt und wie er das erst abwiegeln und dann erklären will. […]  bitte schön, ein Präsident !!! -, der in einer kritischen Situation dermaßen Nerven und Contenance verliert, der ausrastet und sich nicht mehr im Griff hat. Die Entschuldigung zwei Tage später ist genauso wenig Wert, wie Wulffs rührseliges Bekenntnis zur Pressefreiheit kurz vor Weihnachten.

Spiegel Online (Hamburg):
"Wer mit der "Bild"-Zeitung ‚im Aufzug nach oben fährt, der fährt auch mit ihr im Aufzug nach unten‘, hat Springer-Chef Mathias Döpfner vor fünf Jahren gesagt. Das bedeutet: So sehr die ‚Bild‘-Zeitung ihren Teil dazu beigetragen hat, dass Wulff ganz oben angekommen ist, so sehr trägt sie nun ihren Teil dazu bei, dass er wieder unten ankommt. Dem Blatt zu drohen, wie es Wulff getan hat, ist dabei mit Sicherheit die schlechteste Strategie."

Süddeutsche Zeitung:
„Die Weihnachtszeit ist vorbei, manche Fragen an Christian Wulff sind geblieben. Der Bundespräsident mag glauben, er habe reinen Tisch gemacht, doch er hat zu viele Krümel übersehen. Die werden nun von den Medien zusammengetragen, Ergebnis offen. Dass die schwarz-gelbe Koalition fordert, die Debatte müsse enden, geschenkt. Dass aber eine FDP-Justizministerin das Argument vertritt, die Wahrnehmung von Grundrechten könne eine staatliche Institution beschädigen, ist bemerkenswert. Und was Wulff selbst geritten hat, sich schon im Dezember über Recherchen persönlich zu beschweren, bleibt einstweilen das Geheimnis des Bundespräsidenten.“


Tagesspiegel: „Der legendäre französische Außenminister Charles Maurice de Talleyrand hatte einmal gesagt, Hochverrat sei eine Frage des Datums. Angewandt auf diesen Fall heißt das: Hätte man damals schon eingesehen, dass Beschädigungen und Rücktritte des Staatsoberhaupts tunlichst zu vermeiden sind, hätte man sich vieles erspart – nicht zuletzt die jüngste Affäre.“

"Von allen guten Geistern verlassen", schreibt die Frankfurter Allgemeine: „Welche Idee, einen Chefredakteur so bequatschen zu wollen! Bislang hatten wir uns damit abzufinden, einen Bundespräsidenten zu haben, der zu bestimmten Fragen, etwa Schulden, Krediten oder der Transparenz des privaten Gebarens von öffentlichen Personen, nichts sagen kann. Nun haben wir zu erkennen, dass er dort, wo er es müsste, nicht schweigen kann.“

Handelsblatt: „Der Bundespräsident hat nicht gegen Gesetze verstoßen. Formal gesehen. Aber gegen Bräuche und Sitten, auf denen die Gesetze gründen. […] Wenn sich ausgerechnet ein Staatsoberhaupt über die Gepflogenheiten, Sitten und den Anstand der vielen hinwegsetzt, korrodiert er allmählich die normative Funktion von Gesetzen. Christian Wulff hat, ohne – soweit wir das überhaupt einschätzen können – formal das Gesetz zu brechen, in verschiedenen Zusammenhängen belegt, dass er mit der Aura des öffentlichen Amtsträgers ausgestattet so sehr auf seinen Vorteil als Privatmann bedacht ist, dass ihm Kommentatoren längst das Schild „Schnorrer“ um den Hals hängen. Doch das Wort ist zu salopp, um zu bezeichnen, was der oberste Diener des Staates alles unternommen hat. Er hat sich regelmäßig, fast gesetzmäßig Vorteile verschaffen wollen oder tatsächlich verschafft, die ihm als eine öffentlich und politisch besonders herausgehobene Person gewährt wurden. So hat er die Demarkationslinie zwischen öffentlicher Position und privatem Vorteil aufgehoben.“

Financial Times Deutschland: „Ein Bundespräsident muss vielleicht nicht hinwerfen, weil er früher im niedersächsischen Landtag die Wahrheit gedehnt hat. Er muss es auch nicht, weil er mal bei befreundeten Unternehmern Urlaub macht oder weil er einen besonders günstigen Zinssatz für einen Immobilienkredit bekommt. Auch nicht, weil er auf berechtigte Kritik mit Salamitaktik reagiert und die Fehler eingesteht, die ohnehin schon bekannt sind. Und er muss nicht zurücktreten, nur weil er bei ‚Bild‘-Chef Kai Diekmann anruft. Nur: Wenn das alles zusammenkommt, wird es langsam zu viel.“

Frankfurter Rundschau: "Es war dumm von ihm, seine Drohungen, mit denen er im letzten Augenblick die Veröffentlichung über seine ominösen Darlehensverträge verhindern wollte, auf die Mailbox des Bild-Chefredakteurs zu sprechen. Das wäre ihm zu verzeihen. Aber die Drohungen selbst, sein Versuch, die Arbeit einer Zeitung durch Druck auf die Führung des Hauses zu unterbinden, ist unentschuldbar. Rechtlichkeit meint Redlichkeit. Von der aber versteht Wulff nichts."

[lz]