Die Musik der Spirituals und Gospels ist untrennbar mit der Geschichte der afrikanischen Sklaven in Nordamerika verbunden.


Sklaven in Afrika

Die meisten dieser unfreien Männer und Frauen stammen von der westafrikanischen Küste. Sie wurden verschleppt per Schiff unter widrigsten Umständen in die „Neue Welt“ gebracht. Dort arbeiteten die meisten von Ihnen in der Landwirtschaft, auf den Baumwollplantagen oder in den Haushalten reicher Amerikaner in den großen Städten.


Sklavenmarkt in New Orleans


 


Gottesdienste ja, Trommeln nein


Immerhin erlaubte man den Sklaven Gottesdienste abzuhalten. Trommeln wurden bei den Gottesdiensten verboten, sie standen im Verdacht heidnisch zu sein. So halfen sich die Skalven mit klatschen und stampfen. Der Rhythmus der Füße. Bei den Gottesdiensten tanzten und sangen die Sklaven in den sogenannten „praise houses“.


 


Man traf sich aber auch geheim. Diese Treffen wurden „camp meetings“ oder „bush meetings“ genannt. Auf diesen Treffen sang man mehrere Stunden Spirituals und lauschte Wanderpredigern. Hier enstanden auch die ersten Spirituals, die „corn-dities“ genannt wurden. Die Spirituals wurden auf dem flachen Land meistens nicht in den Kirchen auch während der Arbeit gesungen. Bei der täglichen Arbeit war es den Skalven aber auch erlaubt die sogenannten „work songs“ zu singen. Lieder die die Sklaven bei Ihrer schweren Arbeit aufmuntern sollten, sie durften aber keine politischen oder aufrührerischen Texte beinhalten.


 


Der Jordan liegt mitten in Amerika


In den Städten wurde Mitte des 19ten Jahrhunderts von der protestantischen City-Revival Bewegung ein neues Lied-Genre kreiert, das in den Zelten für ihre Wiedererweckungstreffen zum Mitsingen einlud. In den Kirchen sang man Hymnen und Psalmen während der Gottesdienste. Einige wurden auf typisch afro-amerikanische Weise verändert, sie hießen „Dr Watts“.


Eine „Geheimsprache“ wurde sogar erfunden. So wurden Freiheitswünsche und Begriffe in religiöse Begriffe eingesetzt. In Amerika gab es Länder die die Sklaverei ablehnten und auch nicht praktizierten: Diese Länder hießen „My Home“, „Sweet Canaan“ oder „Promised Land“. Der Fluß OHIO wurde mit „Jordan“ übersetzt, denn dort Richtung Norden lag die Freiheit.


Die Organisation „Underground Railroad“ half den Sklaven bei Ihrer Flucht. In dieser Zeit entstanden auch so berühmte Spirituals wie „Wade in the water“- wate durch Wasser – ein pragmatischer Hinweis bei der Flucht durch Wasser zu gehen um die Hunde, die bei der Suche nach flüchtigen Sklaven eingesetzt wurden, abzuschütteln.


Eine Gruppe befreiter Sklaven, um 1863


Das Ende der Sklaverei 


1865 ist das Jahr des Endes der Sklaverei. Jetzt konnten auch Afro-Amerikaner an Schulen und Universitäten lernen. Aber nicht alle. Die Fisk-Universität in Nashville war eine der ersten schwarzen Universitäten. Die Uni brauchte Geld und so kam man auf die Idee mit Musik Geld zu sammeln, die sogenannten Fisk-Jubilee-Singers wurden gegründet und traten in ganz Amerika auf.


 


Kurz nach der Abschaffung der Sklaverei wurden die Spirituals erst einmal von der Afro-Amerikanischen Bevölkerung abgelehnt. Zu tief waren die Wunden der Sklaverei in den Herzen und Seelen der Menschen. Und die Spirituals erinnerten sie zu stark an diese schreckliche Zeit. Erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts nahm man die Tradition der „praise houses“ in den Kirchen wieder auf. Vor allem Dingen das Klatschen und Stampfen mit den Füßen.


 


Im 20 Jahrhundert professionaliserten sich die Spirituals, Interpretation und Gesang wurden nun von Profi-Musikern arrangeriert und überarbeitet. So verlies der Musikstil auch den religiösen Raum und wurde auf den Bühnen der Welt heimisch. Aber auch im religiösen Leben der Afro-Amerikaner spielten sie weiterhin eine große Rolle: Thomas A. Dorsey gilt als der Macher und Erfinder der Gospel-Songs. Die christlichen Gospels sind und waren bis heute stark beeinflußt von der Bibel und den Evangelien.




Amerika in den 60er Jahren. Foto: Backstock


 


Neubeginn mit der Bürgerrechtsbewegung


Mit der aufkeimenden schwarzen Bürgerrechtsbewegung um Dr. Martin Luther King besann man sich auch wieder der politischen Wurzeln der Gospels und Spirituals. Aus dieser Zeit der 50er und 60er Jahre stammen so bekannte Songs wie „We Shall Overcome“ und „This Little Light of Mine“ .


Die offizielle Briefmarke in Memoriam Dr. Martin Luther King mit dem Titel: „I have a dream“


 


Filmtipp: Eine TV-Serie die diese Geschichte auf beeindruckende Art und Weise beschreibt ist „Roots“. Hier wird die Geschichte der Familie von Kunta Kinte  beschrieben, von der Verschleppung aus Afrika bis zum Ende der Sklaverei in den Südstaaten.