Nach acht Wochen Urlaub in Belgrad stehen Milan A. und seine Frau Olga nun auf dem Bahnsteig. Das Flugzeug landete pünktlich, jetzt  wollen sie weiter zum Kölner Hauptbahnhof. Doch wegen des Lokführerstreikes fährt der Zug heute nicht. Kein Problem für Milan und Olga –  Streik für bessere Arbeitsbedingungen finden sie völlig legitim. Aber: „Warum kommt kein Berater von der Bahn? Wir werden hier allein gelassen. Wie sollen wir denn jetzt weiter kommen?“ , fragt Milan A. Eine Etage weiter oben schreitet der Kölner Hans Dieter W. zu Tat. Eigentlich muß er weiter nach Bayenthal – nur wie. Ein Taxi wäre ja wohl zu teuer. Bahnersatzverkehr. Das muß es sein! Der junge Mann geht zur nächsten Infosäule und drückt den Rufknopf. „Wir werden Sie in Kürze mit einem Ansprechpartner verbinden“ , ertönt eine freundliche Frauenstimme aus der Säule. Ein Freizeichen ertönt. Es klingelt, klingelt und klingelt. Die Verbindung bricht ab. Hans Dieter W. wählt erneut. Wieder die freundliche Ansage, das Freizeichen, der Abbruch…. Ein Zettel hängt an der Säule, der vom Streik beeinträchtigte Reisende könne gerne folgende Servicenummer anrufen…“ Warum ist hier kein Infoschalter oder eine Mitarbeiter, der einem weiterhilft“, fragt auch der junge Mann. “Eigentlich bin ich sauer auf die Bahn. Die könnten einem doch wenigstens über alternative Verbindungen informieren“, ärgert er sich. Und geht zurück zum Bahnsteig. Mittlerweile hat sich das Gerücht verbreitet, dass in den nächsten 30 Minuten vielleicht eine Bahn zum Hauptbahnhof fahren wird. Man wartet.

Auf dem Bahnhof Porz-Rhein das gleiche Spiel. Der Bahnsteig selber ist arg vernachlässigt und schmutzig. Schicken Schnickschnack wie elektronische Anzeigetafeln hat die Bahn ihren Kunden hier nicht gegönnt. Regionalzüge fahren auch nicht. Alle paar Minuten fegt ein ICE oder ein Güterzug auf den ansonsten verwaisten Gleisen vorbei. Hier versuchen um die Mittagszeit  hauptsächlich Schüler und junge Auszubildende nach dem Unterricht wieder nach hause zu fahren. Heute stehen sie im Nieselregen und warten. Busersatzverkehr „ Was is`n das?“


Infos am Servicepoint waren sehr gefragt

Köln Hauptbahnhof – nur etwa jeder zweite Regionalzug fährt
Köln, 12.10.2007, 16:00 Uhr > Der eine Zug kommt, der andere nicht. Vor den Anzeigetafeln bilden sich lange Schlangen, die Deutsche Bahn (DB) schenkt Kaffee aus, dort ist die Schlange noch länger, aber die Situation am Hauptbahnhof wirkt ruhig. Ruhig war auch der Verkehr in und um Köln. Zwar gab es auf der A3 einen Stau hinter dem Heumarer Dreieck, der aber mehr dem üblichen Freitagabendstau zuzurechnen ist. Schwierig war die Situation am Kölner Hauptbahnhof für Pendler die einen ICE benutzen wollten, denn dies war den Durchsagen zu urteilen nach nicht für alle Fernzüge möglich und das obwohl die Bahn anderslautende Meldungen im Vorfeld verbreitet hatte.




Dichtes Gedränge an den Infotafeln
Nur etwa jeder zweite Regionalzug fuhr heute im Kölner Hauptbahnhof. Entsprechend voll waren die Gleise 8 und 9, viele Pendler warteten auf ihre Züge. Auf den meisten der großen Anzeigetafeln standen Verpätungen oder komplette Ausfälle der Züge. Dichtes Gedränge und lange Schlangen bildeten sich an den Service-Punkten an denen Bahnmitarbeiter, bewaffnet mit Laptop, versuchten den Reisenden Optionen für die Weiterfahrt anzubieten. Auch die elektronischen Tafeln waren dicht umdrängt. Mit einer gehörigen Portion Fatalismus gingen die Fahrgäste mit der aktuellen Situation um, eine Dame aus Eschweiler nahms gelassen, kaufte sich ein Eis, sagte lächelnd "et kütt wie et kütt" und nahm einfach den nächsten Zug, der sehr zu ihrer Freude auch kam.


Nur der normale Freitagabendstau am Mediapark

Die Kölner Polizei meldet beim Verkehr alles Normal. Es gab die üblichen Freitag-Vormittags und Nachmittags-Staus aber keine signifikante Steigerung des Individualverkehrs durch den Streik der Bahnlokführer. Die Polizei geht davon aus, die die nicht unbedingt zur Arbeit mussten, eventuell einen freien Tag genommen haben und so ein verlängertes Wochenende genossen haben.

Streik heute noch bis 24:00 Uhr

Die Gewerkschaft der Lokführer (GDL) meldete heute dass 85 Prozent der Züge im gesamten Bundesgebiet stehen blieben. „Obwohl die Bahn mit allen rechtmäßigen und unrechtmäßigen Mitteln versuchte, unseren Streik zu torpedieren, blieben bisher rund 85 Prozent der Regionalzüge und der S-Bahnen der Deutschen Bahn stehen“, bilanzierte der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) Manfred Schell heute in der Pressekonferenz in Frankfurt. Der Streik dauert noch bis 24 Uhr an. Zudem spricht die GDL in ihrer Mitteilung von "Handlungen von durchgeknallten Vorgesetzten". Im noch laufenden einstweiligen Verfügungsverfahren gegen die unrechtmäßige Anweisung zur Erledigung von Notdiensten hat der Anwalt der DB vor dem Arbeitsgericht Berlin zu Protokoll gegeben: „Falls es in den Regionen zur Erteilung von Abmahnungen oder Kündigungen gekommen sei, könne es sich nur um Handlungen von durchgeknallten Vorgesetzten der unteren Führungsebene handeln.“ Das Verfahren dauert zur Stunde noch an.

Kein Streik am 15. und 16. Oktober
DB-Chef Hartmut Mehdorn hat Schell in den gestrigen Gesprächen mit dem DB-Aufsichtsrat zugesagt, am 15. Oktober 2007 ein neues Angebot auf der Basis des Moderatorenergebnisses vorzulegen. Dieses besagt, dass die DB mit der GDL einen eigenständigen Tarifvertrag für Lokomotivführer mit Entgelt- und Arbeitszeitregelungen verhandeln und abschließen wird. Den genauen Inhalt kennt die GDL noch nicht. Im Gegenzug hat sich die GDL bereit erklärt, am 15. und 16. Oktober 2007 nicht zu streiken. Wenn das Tarifangebot eine tragfähige Grundlage für Tarifverhandlungen ist, werden Arbeitskämpfe bis zum 31. Oktober 2007 ausgeschlossen.

Foto und Text: Christina von Haugwitz und Andi Goral für report-k. Kölns Internetzeitung