Papst dämpft Erwartungen an ökumenisches Entgegenkommen

Am zweiten Tag seiner Deutschlandreise hat Papst Benedikt XVI. Erwartungen an ökumenisches Entgegenkommen als Missverständnis bezeichnet. Bei einem ökumenischen Wortgottesdienst im Erfurter Augustinerkloster betonte das Kirchenoberhaupt, dass eine Annäherung der getrennten christlichen Kirchen nicht in Form eines Kompromisses ausgehandelt werden könne. "Nicht durch Abwägung von Vor- und Nachteilen, sondern nur durch tieferes Hineindenken und Hineinleben in den Glauben wächst Einheit", sagte der 84-Jährige. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Nikolaus Schneider, beklagte, dass man mit den Fortschritten in der Ökumene nicht zufrieden sein könne.

Papst trifft Missbrauchsopfer
Papst Benedikt XVI. hat eine Gruppe deutscher Opfer sexuellen Missbrauchs durch katholische Priester getroffen. Wie die Deutsche Bischofskonferenz mitteilte, fand das Treffen am Abend im Erfurter Priesterseminar statt. Anschließend habe der Papst Menschen getroffen, die sich um Missbrauchsopfer kümmern. Benedikt zeige sich Bewegt und erschüttert von der Not, so die Mitteilung. Zudem habe der Heilige Vater sein tiefes Mitgefühl und Bedauern bekundet. Er habe die Aufarbeitung versichert und versprochen, wirksame Maßnahmen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen zu fördern. Der Pontifex wird auch im Erfurter Priesterseminar äußerst bescheiden im Zimmer eines Priesterschülers übernachten. Das etwa zehn Quadratmeter große Zimmer ist mit einem Bett, einem Schreibtisch und einem Schrank mit eingebautem Sanitärbereich sowie einem Bücherschrank ausgestattet. Es hat kein Fenster. Auch das Frühstück wird das Oberhaupt der katholischen Kirche mit seinem Gefolge in einem schmucklosen Speisesaal einnehmen. Am Samstag wird der Papst dann in Freiburg erwartet, wo seine viertägige Deutschlandreise am Sonntagabend endet.

Papst feiert Marienvesper in Etzelsbach
Papst Benedikt XVI. hat am Abend in Etzelsbach zusammen mit rund 80.000 Gläubigen die Marienvesper gefeiert. Damit hatten sich rund 30.000 mehr versammelt als zunächst erwartet. Papst Benedikt hat zur Vesper ein für diesen Anlass extra angefertigtes Gewand aus Purpur, die Farbe der Könige, getragen. Gläubige Bewohner traten zu Beginn der Vesper mit selbst verfassten Botschaften vor den Papst und brachten ihm Geschenke aus der Region. In seiner Rede hat sich Benedikt persönlich an die Gläubigen gewendet. Er sprach von der Mutter Maria und ihrer Bedeutung für die Christen. "Die Herzen Jesu und seiner Mutter sind einander zugewandt. Wir wissen doch, dass das Herz das Organ des innigsten Mitgefühls ist", sagte Benedikt. Maria sei eine Symbolfigur für das Mitgefühl, des Leids, der tiefen und vorbehaltlosen Einheit der Liebe. Mit der Lobpreisung Marias kam die Vesper zu ihrem Höhepunkt.

Papstgegner demonstrieren in Erfurt und Freiburg
In Erfurt und Freiburg haben am Abend mehrere hundert Menschen gegen den Besuch von Papst Benedikt XVI. demonstriert. Der Protest richtete sich zudem gegen die Sexualmoral der katholischen Kirche. Zu einer Kundgebung und einer Demonstration in Erfurt unter dem Motto «Heidenspaß statt Höllenangst» kamen nach Polizeiangaben rund 400 Menschen. Auf Transparenten und Plakaten forderten sie eine strikte Trennung von Kirche und Staat. In Freiburg zogen ebenfalls hunderte Menschen friedlich durch die Innenstadt. Organisiert wurde der Protest von links-alternativen Gruppen. Papst Benedikt XVI. wird am Samstag und Sonntag Freiburg besuchen. Unter anderem will er zwei Gottesdienste feiern zu denen 10.000 Gläubige erwartet werden.

Berliner Polizei zieht positive Bilanz nach Papstbesuch
Die Berliner Polizei hat nach dem Besuch von Papst Benedikt XVI. eine positive Bilanz gezogen. Nach Angaben der Behörde mussten nur bei zwei Demonstrationen gegen den Papstbesuch vereinzelt Polizisten einschreiten, nachdem einige Demonstranten mit Flaschen und Feuerwerkskörpern geworfen hatten. Dabei wurden zwei Beamte leicht verletzt. Überschattet wurde der Gottesdienst im Olympiastadion vom Tod eines polnischen Touristen. Der 81-Jährige brach nach Ende der Veranstaltung bewusstlos zusammen und verstarb trotz sofortiger ärztlicher Hilfe gegen 21 Uhr. Das Kirchenoberhaupt war am Donnerstagvormittag in Berlin eingetroffen. Während des Besuches waren insgesamt rund 6.500 Beamte im Einsatz.

Papst Benedikt XVI. ist Bestsellerautor
Die Worte von Papst Benedikt XVI. finden auch auf dem Buchmarkt großen Anklang. Wie das Marktforschungsinstitut Media Control mitteilte, legt das Oberhaupt der katholischen Kirche mit "Jesus von Nazareth – Band II" in Deutschland das bislang meistverkaufte Buch des Jahres zum Thema Religion hin. Auf insgesamt 368 Seiten skizziert Joseph Ratzinger dabei den Leidensweg Jesu vom Einzug in Jerusalem bis zur Auferstehung und geht auf grundsätzliche Glaubensfragen ein. Auch auf dem vierten Platz der Hitliste hält sich Benedikt XVI. auf. Für "Licht der Welt", das erste "Live-Interviewbuch" mit einem Papst überhaupt, nahm er zu kritischen Fragen des Journalisten und Vatikan-Kenners Peter Seewald Stellung.

[dts]