Eine Sprecherin der EU sagte in Brüssel, man werde ein Infragestellen der Reisefreiheit in der EU nicht akzeptieren. Auf einer Sondersitzung am Donnerstag wolle man prüfen, inwieweit die Kopenhagener Pläne rechtens sind, hieß es. Führende deutsche Politiker äußerten sich derweil kritisch und warnten die dänische Regierung vor unüberlegten Schritten. "Reisefreiheit, eben keine Kontrollen an den Grenzen und dafür eine gewisse Überwachungsmöglichkeit durch das Schengen-System ist eine der Errungenschaften der Europäischen Union und ist auch ein unglaublicher Wert für die Millionen Bürgerinnen und Bürger", so Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) im Deutschlandfunk. Der SPD-Innenpolitiker Sebastian Edathy sagte dem "Handelsblatt", permanente Grenzkontrollen verstießen schlicht gegen das Schengen-Abkommen. Die EU-Kommission forderte die Skandinavier unterdessen auf, zu der geplanten Wiedereinführung "permanenter Kontrollen" an der deutschen Grenze Stellung zu nehmen.

Der dänische Finanzminister Claus Hjort Frederiksen zeigte sich von der massiven Kritik unterdessen unbeeindruckt. Man werde die neuen Pläne schnellstmöglich realisieren und schon in zwei bis drei Wochen "erste sichtbare Resultate" präsentieren, sagte Frederiksen. Dänemark hatte am Mittwoch entschieden, künftig wieder die Landesgrenze zu Deutschland sowie Schiffsverbindungen nach Schweden kontrollieren zu wollen. Im Zuge des Schengen-Abkommens hatte Dänemark im Jahr 2001 alle Grenzkontrollen nach Deutschland abgeschafft und die meisten Kontrolleinrichtungen abgebaut. Dänemark ist seit 1973 Mitglied der Europäischen Union.

Innenminister Friedrich befürwortet temporäre Grenzkontrollen
Angesichts tausender Flüchtlinge aus Nordafrika hat Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) seine Forderung nach erleichterten Grenzkontrollen innerhalb des so genannten Schengen-Raums bekräftigt. Unmittelbar vor dem heutigen Treffen der EU-Innenminister in Brüssel sagte Friedrich der "Welt": "Es sollte künftig möglich sein, auf außergewöhnlichen Migrationsdruck flexibel reagieren zu können." Laut Friedrich sollten "temporäre Grenzkontrollen der Lage angepasst und mit Augenmaß an den Schengen-Binnengrenzen möglich" sein. Dies würde letztlich auch zu einer Stärkung der Freizügigkeit in Europa führen.

Dem Schengen-Abkommen traten seit 1985 bisher 25 Staaten bei, darunter 22 EU-Staaten. Sie führen an den EU-Binnengrenzen nur Stichproben-Kontrollen durch. Bislang ist die zeitweilige Einführung von Grenzkontrollen nur in sehr eng definierten Ausnahmesituationen möglich.

Der Minister wandte sich zugleich gegen eine EU-weite Verteilung von Flüchtlingen: "Es muss klar sein, dass die Mitgliedstaaten selbst entscheiden, ob und wie viele Flüchtlinge sie aus anderen Mitgliedstaaten aufnehmen. Wir sind im Einzelfall offen für eine freiwillige personelle Lastenteilung. Voraussetzung ist aber auf jeden Fall, dass ein EU-Mitgliedsland wirklich unverhältnismäßig belastet ist und es geltendes EU-Recht anwendet."

[dts]