„Ihn interessierte das ‚Uralte’“
Heute ist der Aufwand und der Mut von August Sanders Sardinien-Reise, die er zusammen mit seinem Freund und Schriftsteller Ludwig Mathar antrat, kaum noch vorstellbar. Doch im Jahr 1927 war seine mehrwöchige Reise ein Wagnis. Denn kurz nach dem Ersten Weltkrieg war Italien auf Deutsche nicht gut zu sprechen. Dankbar nahm Sander daher die Begleitung und Unterstützung von zwei italienischen Kompagnons an. In nur 30 Tagen durchquerten Sander und Mathar fast die gesamte Insel. Auffällig ist dabei, dass Sander in seinen Bildern kaum die gerade beginnende Moderne festhielt, sondern vor allem alte Gemäuer sowie traditionelle Bauten und alltägliche Tätigkeiten.

In einem Bild gelingt es ihm, gleich alle Ebenen Sardiniens festzuhalten. Zu sehen ist auf dem Foto ein breiter, seichter Fluss, in dem zahlreiche Frauen Wäsche waschen. Im Hintergrund ragen eine alte römische Brücke und Strommasten auf. „Ihn interessierte das ‚Uralte’“, erklärte heute Giorgio Pellegrini, Kulturdezernent in Cagliari. „Selbst in den Gesichtern und Kleidungen der porträtierten Menschen zeigt sich das Uralte“, so Pellegrini weiter. So blicken viele der Sarden mit fast schon strengem Blick und in farbenprächtige Trachten gehüllt in die Kamera.

Dem Gesamtwerk auf der Spur
Insgesamt umfasst die Ausstellung 150 originale Abzüge von August Sander. Die meisten stammen dabei aus Mappen, die er selbst in den 1950er Jahren zusammenstellte. Im Rückblick auf seine einige mehrwöchige Reise vergrößerte er zahlreiche damals in Sardinien aufgenommene Fotos. Kuratiert wurde die Ausstellung von Gabriele Conraht-Scholl und Raika Knipper von der Photographischen Sammlung. Gezeigt wurden dort bereits schon mehrere Ausstellungen zu Sander – etwa sein berühmtes Portraitwerk „Menschen des 20. Jahrhunderts“. Im Rahmen der wissenschaftlichen Aufarbeitung von Sanders Gesamtwerk sollen in den kommenden Jahren noch weitere Ausstellungen zu dem Kölner Fotografen folgen. Die Schau seiner Sardinien-Reise wurde zudem 2009 bereits in Cagliari in Sardinien gezeigt. Dort setzte sich Pellegrini für das Projekt ein.

Reisefotografien aus einem Jahrhundert
Neben den Fotos von August Sander präsentiert die Photographische Sammlung zur selben Zeit weitere historische Reisefotografien aus den Jahren 1850 bis 1890. Dabei konzentrieren sich die Aufnahmen auf Motive aus Ägypten, Palästina, den Libanon und das damals noch unvereinigte Italien. Auch hier liegt der Fokus der Fotos auf Gebäuden, Landschaften und Menschen. Dabei versucht die Schau Einblick in die Vielfalt von Reisefotografie in den verschiedenen Bildfindungen, Formaten, Techniken und Präsentationsformen zu geben. Sander verstand sich selbst in der Tradition der frühen Reisefotografie, die sich vor allem als Dokumentation und Abbildung verstand. Reisten Forscher früher mit Zeichnern, wurden sie seit Beginn des neuen Mediums zunehmen von Fotografen begleitet. Und auch Sanders Reise selbst hatte einen ähnlichen Anlass. So hatte ihn sein Schriftsteller-Freund Mathar gebeten mitzufahren. Gemeinsam wollten sie ein Buch über die damals noch wenig bekannte Insel erstellen. Das Projekt kam nach der Reise jedoch nicht zustande – vermutlich weil es Schwierigkeiten mit dem Verlag gab.

Eine zeitliche Brücke schlägt die Schau abschließend mit Aufnahmen von Ruth Hallensleben, die Italien im Jahr 1952 bereiste. Dabei fotografierte sie teils die selben Motive wie einst Sander. Ihre Bilder waren vor allem für Reisezeitschriften gedacht und sollten den Betrachtern Lust auf die Entdeckung der Städte und Regionen machen und die Sehnsucht nach Meer und Strand wecken.

August Sander. Sardinien 1927
22. April bis 21. August 2011
Photographische Sammlung/ SK Stiftung Kultur
Im Mediapark 7

Öffnungszeiten: täglich 14 bis 19 Uhr, Mittwoch ist Ruhetag
Eintritt: 4,50 Euro, erm. 2 Euro
Montags ist freier Eintritt

Cornelia Schlößer für report-k.de/ Kölns Internetzeitung