Jörg Frank ist der Mann des Tages

Dort, wo man eigentlich den Oberbürgermeister erwartet hatte, stand ein anderer. Jörg Frank, der Fraktionsgeschäftsführer der Kölner Grünen. Er hat vermittelt, er war von beiden Seiten, Polizei und Besetzern akzeptiert, sogar eingeladen worden. Hatte in der Nacht mit den Grünen noch bei einem Gespräch mit Artur Grzesiek, Vorsitzenden des Vorstandes der Sparkasse, Lösungsoptionen verhandelt und erreicht. Heute stand Frank dann seit 6:30 Uhr morgens an der Barrikade des Autonomen Zentrums, verhandelte, telefonierte, trug seine Argumente vor den Besetzern vor und vermittelte zwischen Sparkasse und Polizei. Es war eine Appeasement-Politik der kleinen aber wirkungsvollen Schritte, die letztlich zur Öffnung der Tür – was für ein Symbol – und zur Begehung des Objektes führte. Aber auch den Besetzern muss man großes Lob zollen. Sie waren immer friedlich, aber vertraten auch entschieden ihre Positionen und hielten sich bis zuletzt an ihre Grundsätze basisdemokratischer Entscheidungen. Von der SPD oder der CDU war niemand vor Ort. Lediglich die Linke war vertreten.

"Eigentlich hätte man das alles am Montag bei einer schönen Tasse Kaffee regeln können", sagte ein Beamter der Polizei am Rande, der im strömenden Regen steht. Damit hat er Recht. Hier darf auch die Frage gestellt werden, missbraucht Politik und Verwaltung nicht die Polizei? Die Sparkasse, der Kölner Oberbürgermeister Roters oder einer seiner Parlamentäre hätten die Verhandlungen intensiver vorantreiben müssen. Zum einen auf der politischen, aber eben auch auf der Sparkassenebene. Roters und Börschel haben sich hier wahrlich nicht mit Ruhm bekleckert. In einer Großstadt wie Köln wird es immer auch Freiräume geben müssen, für neue politische oder kulturelle Formen. Das muss eine Stadtgesellschaft ertragen, wenn nicht sogar mittragen. Schließlich heißt es "Stadtluft macht frei". Ein solches Kulturzentrum bietet Entwicklungspotenzial für junge Menschen, die sich ausprobieren und sich auch einmal an der Gesellschaft reiben können müssen. Denn nur so entsteht Neues. Auf der anderen Seite muss aber auch ein autonomes Zentrum insofern auf die Gesellschaft zugehen, dass es vernünftige Kontaktschnittstellen schafft und sich auf den Minimalkonsens mit der es umgehenden Mainstream-Gesellschaft einlässt. Das heißt immer noch, dass man intern seine Strukturen so formulieren kann, wie man es will. Eines muss aber auch ganz klar gesagt werden. Die Politik oder ihr nahestehende Unternehmen darf die Polizei nicht missbrauchen, um überhaupt in Dialog zu treten. Hier haben beide Seiten gleichermaßen Hol- und Bringschuld.

Für die kommenden Verhandlungen ist jetzt zu hoffen, dass beide Seiten Sparkasse, Autonome Besetzer und die Politik vernünftige Lösungen erarbeiten und weiterhin ein Zentrum für freie und andersgestaltige Lebensformen, Diskussionen, Kunst, Kultur und Politik ermöglichen. Alles andere wäre extrem unfair, nach der Türöffnung durch die Besetzer.  Daraus abgeleitet ist der Nutzungsvertrag ein Muss und die Tasse Kaffee muss die Sparkasse Köln Bonn anbieten, auch wenn es ihr Eigentum ist. Denn Eigentum verpflichtet auch. Ein Lob muss man auch der Kölner Polizei zollen, die besonnen handelte und reagierte.

[ag]