„Die politisch motivierte Gewaltkriminalität im vergangenen Jahr wurde durch das  gewalttätige Aufeinandertreffen von Neonazis und linksextremen Autonomen geprägt. Diese besorgniserregende Entwicklung zeigt zweierlei: Die Zahl der Auseinandersetzungen außerhalb von Demonstrationen steigt und wir haben es mit einer neuen Qualität der Gewaltbereitschaft zu tun“, erklärte heute NRW-Innenminister Ralf Jäger. Zunehmend suchten sowohl die rechts- als auch die linksextreme Szene gezielt außerhalb von Demonstrationen die tätliche Auseinandersetzung. Dabei spielte das Internet eine zentrale Rolle.

Weniger politisch motivierte Straftaten – mehr Körperverletzungen
Die Zahl der politisch motivierten Delikte in Nordrhein-Westfalen ist laut dem Verfassungsschutzbericht 2010 im Vergleich zum Vorjahr um 17,5 Prozent auf  4.650  Straftaten zurückgegangen und liegt damit wieder auf dem Niveau von 2008. Der besondere Anstieg der Delikte in 2009 sei vor allem auf die Kommunalwahl und zwei Großdemonstrationen zurückzuführen, bei denen es gleich mehrere hundert Straftaten durch Angehörige der linken Szene gegeben hätte.

Rechts-links-Konfrontationen seien vor allem der Grund, dass bei den politisch motivierten Gewaltdelikten  die Zahl der Körperverletzungsdelikte von 98 in 2009 auf 137 Straftaten in 2010 und damit um fast 40 Prozent angestiegen ist. Die Zahl der klassischen Demonstrationsdelikte, also Widerstandshandlungen, Landfriedensbruch und Verstöße gegen das Versammlungsgesetz ist dagegen in 2010 im Vergleich zum Vorjahr um knapp 50 Prozent auf 367 zurückgegangen.

Hakenkreuze sind keine Lappalie
Die rechtsextremistisch motivierten Propaganda- und Volksverhetzungsdelikte machen 2010 mit 2.271 Fällen knapp 50 Prozent der politisch motivierten Kriminalität aus. Auch wenn die Zahl der Propagandadelikte von 2.469 in 2009 auf 2.271 in 2010 zurückgegangen ist, zeigt die hohe Zahl der Delikte: „Wir brauchen weiterhin eine Kultur des Hinsehens und ebenso eine konsequente Strafverfolgung“, so Jäger. Ausländerfeindliche Stammtischparolen dürften nicht gesellschaftsfähig werden. Hakenkreuze seien keine Lappalie. „Wer mit Geschichten, Mythen und Symbolen die Nazi-Diktatur verklärt, verharmlost oder gar leugnet, wird zu Recht von der Polizei verfolgt und bestraft“, betonte Nordrhein-Westfalens Innenminister.  

“Pro Köln“ und “Pro NRW“ im Fokus
Auch 2010 standen „Pro Köln“ und „Pro NRW“ unter Beobachtung des Verfassungsschutzes. Laut dem Bericht sind in beiden Gruppierungen etwa 350 Menschen aktiv. Beide stehen unter dem Verdacht, verfassungswidrig zu sein und die Menschenrechte nicht für alle Menschen gleich anzuerkennen. So würden „Pro Köln“ und „Pro NRW“ etwa das in der Verfassung formulierte Diskriminierungsverbot nicht beachten. „Ausländer werden durch ‚pro Köln‘ und ‚pro NRW‘ wegen ihrer Nationalität, Abstammung oder Religionszugehörigkeit pauschal herabgesetzt und diffamiert“, heißt es in dem Verfassungsschutzbericht.

Dies habe im vergangenen Jahr auch das Verwaltungsgericht Düsseldorf in einem Urteil bestätigt. Und auch Jäger sagte heute: „’Pro NRW’ ist gefährlich für unsere Demokratie“. Hinter ihrem unverfänglichen Namen, der einen an eine Bürgerbewegung denken lassen soll, versuche die Organisation bewusst, Ängste vor Überfremdung zu schüren und darüber ihre antidemokratische und ausländerfeindliche Ideologie zu transportieren. Insoweit sei es auch nicht überraschend, dass der Landesvorsitzende der DVU nach der Fusion mit der NPD bei „Pro NRW“ seine neue politische Heimat gefunden habe, so Jäger.
 
Ganz bewusst versuche „Pro NRW“ den Unterschied zwischen dem Islam als Religion und dem Islamismus zu vermeiden. Islam, Islamismus, Kriminalität, Gewalt und Terrorismus würden gleichgesetzt, Muslime in Deutschland unter Generalverdacht gestellt. „Auf dem Rücken der Muslime in Deutschland sollen die wahren Ziele der Pro-Bewegung durchgesetzt werden: Sie will eine Gesellschaft, in der die Menschenwürde bestimmter Minderheiten, etwa Homosexuelle oder Ausländern, nicht geachtet wird“, so der NRW-Innenminister. Die NPD bliebe dagegen auch nach ihrer Fusion mit der DVU eine „bedeutungslose Splitterpartei“, so Jäger.

Linke nicht in Gänze extremistisch
„Die Linke ist sicherlich eine Partei, die nicht in Gänze extremistisch ist“, erklärte Jäger. Dennoch müsse man feststellen, dass es innerhalb der Partei Zusammenschlüsse und Strömungen gäbe, die extremistisch seien oder zumindest den Verdacht nahe legten, dass sie verfassungsfeindliche Ziele verfolgten. Solange die Partei diese Gruppierungen innerhalb ihrer Organisation gewähren lasse und fördere, sei die Beobachtung durch den Verfassungsschutz rechtlich geboten. „Die Linke hat es in der Hand, sich in ihren Positionen eindeutig und klar zum Grundgesetz zu bekennen“, betonte der NRW-Innenminister.

Terrorgefahr für Deutschland
„Der islamistische Terrorismus ist nach wie vor die größte Gefahr für die innere und äußere Sicherheit in unserem Land“, sagte Jäger. So seien auch Deutschland und NRW zu potenziellen Anschlagsräumen geworden. Vor allem im Herbst 2010 hätten sich entsprechende Hinweise verdichtet. Darum sollen weitere Sicherheitsmaßnahmen getroffen werden, um islamistische Netzwerke aufzuspüren und Gefahrenpotenziale rechtzeitig zu erkennen.

[cs, Quelle: Innenministerium]