Die künstlerische Auseinandersetzung mit der NS-Zeit ist im EL-DE-Haus ein großes Thema. „Das Haus hat eine sehr starke Aura, die Künstler anzieht“, meint Dieter Maretzky vom NS-Dokumentationszentrum. In der neuen Ausstellung „Kunst und Gedenken – Kölner Künstler setzten sich mit dem Nationalsozialismus auseinander“ werden Arbeiten bildender Künstler zum Thema Nationalsozialismus gezeigt. Dazu gibt es ein umfangreiches Begleitprogramm mit Theater, Musik und Lesungen, wozu auch das Theaterstück „Der Schmerz“ der französischen Schriftstellerin Marguerite Duras gehört. Das Stück basiert auf dem gleichnamigen Buch, das die Autorin in den letzten Kriegsmonaten und der Nachkriegszeit schrieb, 40 Jahre später in ihrem Schrank wieder fand und zur Veröffentlichung brachte.

Das Buch, und so auch das Theaterstück, beginnen kurz vor dem Ende des Krieges 1944, als Duras ängstlich auf ein Lebenszeichen ihres Mannes wartet. Dieser war wegen seiner Mitarbeit in der französischen Résistance im KZ Dachau inhaftiert. Während sie wartet, verknüpft sich ihr Schmerz und ihre Angst mit den Vorstellungen vom Schmerz des geliebten Mannes. Da er nicht auf der Liste der Überlebenden des KZs steht, rechnet sie nicht mit seiner Rückkehr. Als er aber plötzlich doch vor der Tür steht, erkennt sie ihn nicht mehr wieder: vor ihr steht ein Skelett. Duras päppelt ihn sehr vorsichtig und einfühlsam wieder auf, kann ihn aber nicht mehr lieben und trennt sich von ihm. Es geht also um den Schmerz der Frau, die es nicht erträgt, mitanzusehen, wer das ist, der da wiederkommt, dass ein Toter zu ihr zurückgekommen ist.

"Es ist das Stück der Frau"
Das Stück wurde vom „TheaterBlackBox“ umgesetzt als Familiengeschichte von drei Generationen: Marguerite Duras, ihre fiktive Tochter und ihre Enkelin, verkörpert von Gerda Böken, Susanne Seuffert und Elmira Bahrami, treten auf. Daneben gibt es noch eine Ärztin, gespielt von Renate Fuhrmann, die wiederum alle diese Frauen in sich vereint. „Es ist das Stück der Frau“, so Renate Fuhrmann. Alle vier Schauspielerinnen haben in irgendeiner Weise mit Krieg und Folter zu tun gehabt, meistens durch die Kriegserfahrung ihrer Eltern, und können sich daher besonders gut in ihre Rolle hineinversetzen. Gerda Böken beispielsweise, die Marguerite Duras als alte Frau spielt, wollte bei dem Stück unbedingt mitmachen, weil ihre Mutter eine ganz ähnliche Geschichte erlebt hat wie Duras. Ihr Vater war auch in Dachau inhaftiert und kam wieder zurück, aber Bökens Eltern kamen nicht wieder zusammen. „Das Zusammentreffen mit Gerda Böken war ein großes Glück“, sagt Heinz Simon Keller, Regisseur des Stücks.

Alle Aspekte der Psyche werden gezeigt
Mit der jungen Schauspielerin Elmira Bahrami, die die fiktive Enkelin verkörpert, soll ein Bezug zu heute hergestellt werden, soll die Frage beantwortet werden „Wie geht die Enkelin mit der Last der Großmutter um?“ und „Leben die Gespenster der Geschichte weiter?“. Durch Bahramis iranische Wurzeln wird ein zusätzlicher Bezug zur Aktualität hergestellt und zwar zur Folter in Iran. Folter spielte nämlich in Duras Leben eine nicht unbedeutende Rolle. Während ihr Mann im KZ gefoltert wurde, folterte sie selbst in der Résistance, war dort sogar eine Hauptakteurin der Folter. Dies schildert sie im zweiten Teil ihres Buches.

Folter hat aber nicht nur eine quälerische, sondern auch eine sexuelle Komponente, gerade bei Duras, die eine sexuell sehr aktive Frau war. Auch dieser Teil ihrer Persönlichkeit wird im „Schmerz“ eingehend beleuchtet. Es ist eine Geschichte, in der eine Frau alle Aspekte ihrer Psyche zeigt und dies wird im Stück umgesetzt durch die vier Frauenfiguren. „Wir sind alle eine Frau“, so Renate Fuhrmann, und Marguerite Duras trägt alle diese vier Frauen als Möglichkeit in sich.

Den männlichen Part in dem sonst von Frauen dominierten Stück übernimmt Zeljko Marovic, ein junger, in Serbien geborener Schauspieler. Denn es geht im „Schmerz“ auch um die Beziehung zwischen Mann und Frau. Musikalisch begleitet wird das Stück vom Cellisten Emanuel Wehse vom Morgenstern-Trio. Raum, Darsteller und Musik sind ein Ganzes. „Es ist ein Traum“, schwärmt Seuffert.

Premiere des Stückes ist am 11. März, dann gibt es weitere 12 Termine. Der Eintritt kostet 15, ermäßigt zehn Euro. Karten können unter 0221-221 24340 vorbestellt werden.

Julia Grahn für report-k.de/Kölns Internetzeitung
Foto: Ns-Dok