Mit der Eisenbahn von Köln nach Müngersdorf
Wie ein vornehmes Landhaus im Grünen mutet der Bahnhof Belvedere in Köln-Müngersdorf an. Belvedere – das bedeutet schöne Aussicht. Eine solche genießen konnten die Besucher des ältesten deutschen Bahnhofsgebäudes vor gut 170 Jahren. Als das klassizistische Gebäude 1839 errichtet wurde, hatte man von dort einen wunderschönen Blick auf Köln. Mit der Eröffnung der Strecke Köln – Müngersdorf und des Empfangsgebäudes Haus Belvedere am Ende der Strecke am 2. August 1839 hatten nun alle Kölner Bürger die Möglichkeit einer „Landpartie“, die vorher nur den Eigentümern von Sommerhäusern möglich gewesen war.

Von der Eröffnung der Strecke im August bis zum Ende des Jahres machten bereits 50.000 Eisenbahnbegeisterte von dieser Möglichkeit Gebrauch. In der Gastronomie in der oberen Etage des Bahnhofs konnten sie dann bei einer Tasse Kaffee die „schöne Aussicht“ genießen.

Der 6,7 km lange Streckenabschnitt Köln – Müngersdorf war der erste Teil der geplanten Bahnverbindung von Köln nach Antwerpen, genannt „Eiserner Rhein“. Dies war die weltweit erste länderübergreifende Eisenbahnverbindung und ein „europäisches Projekt“ zwischen Preußen und Belgien, das für ein friedliches und vereintes Europa stehen sollte.
Das Bahnhofsgebäude, das auch eines der ältesten des Kontinents ist, steht bereits seit 1980 unter Denkmalschutz. Mit seinem kunstvoll gestalteten Treppenhaus, dem weiträumigen, zum Park geöffneten Wintergarten, den von großen Flügeltüren gegliederten Raumsuiten in der „belle étage“ und dem Mittelresalit mit Balkon ist der klassizistische Bau „etwas ganz Besonderes“, so Vorstandsmitglied Sebastian Engelhardt. Dass sich noch fast alles im Originalzustand befindet, macht das Gebäude besonders interessant. Zu dem Bau gehört ein 5.000qm großer, unter Landschaftsschutz stehender Park.

„Eine Sache für Köln“
Mit der Aufgabe der Station gelangte das Haus Belvedere um 1870 in den Besitz der Stadt.
Nachdem der letzte Mieter 2009 starb, will die Stadt den sanierungsbedürftigen Bau mit dem angeschlossenen Park nun verkaufen. Dies vermeiden will der seit 25. Januar 2011 registrierte Förderkreis Bahnhof Belvedere e.V. und schlägt verschiedene Möglichkeiten zur Nutzbarmachung des Gebäudes für die Bevölkerung vor. Denn das ist den Vorstandsmitgliedern des Vereins, Sebastian Engelhardt, Ulrich Naumann und Wolfram Jahn, besonders wichtig: die Öffentlichkeit soll nicht ausgeschlossen, sondern beteiligt werden. „Wir wollen, dass es eine Sache für Köln wird“, so Engelhardt.

Vom alten Bahnhof aus „Reise ins gemeinsame Leben“ antreten
Das Konzept des Förderkreises sieht mehrere Säulen vor, auf denen das Projekt stehen und wodurch es sich auch teilweise tragen soll. Erste Option ist die Nutzung des Gebäudes als Ort der Information und Bildung. Den Kern bilden soll dabei eine Ausstellung zur Geschichte des Gebäudes als Teil des von Köln ausgehenden Wirtschafts- und Verkehrsprojekts „Eiserner Rhein“. Ein Raum im Untergeschoss des Gebäudes ist als „außerschulischer Lernort“ für die Kinder- und Jugendbildung vorgesehen. Objektbezogene Themen wären Geschichte, Architektur, Denkmalschutz und Literatur.

Zweite Möglichkeit ist die Nutzung als Ort für kulturelle Veranstaltungen. Die salonartigen Räume der „belle étage“ bieten sich geradezu an für kulturelle Veranstaltungen verschiedenster Art wie zum Beispiel Kleinkunst-Darbietungen. Daneben könnte man in dem ursprünglichen Ambiente die Tradition der bürgerlichen Salons des 19. Jahrhunderts mit Literatur und Musik wieder aufleben lassen – geplant ist ein „Müngersdorfer Salon“.

Eine weitere Option ist die Funktion als Vergnügungsort für die Einwohner Köln, die das Gebäude ja auch bereits vor 170 erfüllte. Angedacht ist eine private Vermietung des Gebäudes für verschiedenste Anlässe wie private Feierlichkeiten und Jubiläen oder geschäftliche Anlässe. Auch Seminare und Tagungen könnten hier abgehalten werden. Ein Highlight in diesem Rahmen könnte die Einrichtung einer Dépendance des Standesamtes an bestimmten Tagen und die Vermietung für Hochzeitsfeiern sein. Symbolisch könnten Paare hier ihre „Reise ins gemeinsame Leben“ beginnen.

Letzte Idee des Förderkreises ist die Nutzung als „Ort der Integration und des gesellschaftlichen Engagements“. Durch die unmittelbare Nachbarschaft zur LVR-Förderschule für körperliche und motorische Entwicklung könnten hier Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderung geschaffen werden. Auch mit der benachbarten Freiluft- und Gartenarbeitsschule „Freiluga“ ist eine Zusammenarbeit möglich. Die Schüler könnten sich um die Pflege des großen Parks kümmern. Weiterhin ist eine Kooperation mit dem Bürgerverein Müngersdorf e.V. und dem Freundes- und Förderkreis Landschaftspark Belvedere geplant.
Im Untergeschoss soll unter Einbeziehung des Parks eine Gastronomie entstehen, die begleitend zu allen kulturellen und privaten Veranstaltungen fungiert, zum Beispiel als Museumscafé. Durch die Lage des Bahnhofs am „Köln-Pfad“ und am „Kulturpfad Lindenthal“ ist der Förderkreis optimistisch, dass die Gastronomie gerade im Sommer gut funktionieren wird.

„Wir haben immer nur offene Türen eingerannt“
Da die unbedingt nötige Renovierung rund 1,7 Mio. Euro in Anspruch nehmen wird, sind Förderer und Spenden nötig. Interessierte gibt es viele: verschiedene Landesvereine würden eventuell in die Finanzierung einsteigen, auch einige große Versicherungskonzerne wären dabei. Im nächsten Monat finden außerdem Besichtigungstermine mit großen Stiftungen von Denkmalschutz- und pflege statt. Die Parteien sind ausnahmslos begeistert und auch die Bezirksvertretung will, dass das Haus erhalten bleibt und restauriert wird. Sogar Private wollen sich eventuell beteiligen. „Wir haben immer nur offene Türen eingerannt“, sagte Vorstandsmitglied Ulrich Naumann. „An der Finanzierung wird es nicht scheitern, aber wir brauchen einen Anker in der Stadt. Es wird eher administrativ kompliziert, nicht finanziell“, meint Vorstandsmitglied Engelhardt. Aktuell liegt der Stadt das Exposé des Förderkreises zur Prüfung vor. Wichtig ist den Mitgliedern des Förderkreises nun, dass die Stadt ihnen Zeit lässt, um sich auf finanziell stabile Füße stellen zu können.

Jeder, sich jetzt auch für den Erhalt des Haus Belvedere und des Parks einsetzen möchte, kann dem Förderkreis beitreten. Der Jahresbeitrag ist in Anlehnung an das Eröffnungsjahr 1839 18,39 Euro. Weitere Informationen gibt es im Internet unter www.bahnhof-belvedere.de. Eine Benefiz-Matinée unter dem Motto „Neues Leben für ein Denkmal“ mit Kammermusik der Romantik, der Entstehungszeit des Gebäudes, gibt es am Sonntag, 10. April um 11 Uhr im Kaisersaal der Abtei Brauweiler.

Julia Grahn für report-k.de/Kölns Internetzeitung