Der Dreierrat sitzt in einem kitschig pinken Riesenzweierratssplüschstuhl dem heiligen Stuhl und einer Art Jeckenkanzel.Der Heilige Stuhl, überirdisch groß, ist mit rosa Flokati bezogen. Und anstelle der Raketen der guten Laune spendieren die über 400 Gäste „Mettbrötchen“, wenn ihnen etwas besonders gut gefallen hat. Immerhin mit „Kommando, eins, zwei und drei“ – denn auch ein alternativer Karneval muss nahe an dem bleiben, das er parodiert.

Das Publikum wird spielerisch miteinbezogen, hier mischen sich Karneval, Improtheater und Comedy auf eine unglaublich leichte Art, die echt Spaß macht. Karneval abseits des immer gleichen Runterleierns seichter Verse, wie sie so mancher so genannte Top-Redner oder Nachwuchsstar auf den großen Bühnen exzessiv zelebriert. Die Künstler bei "Deiner Sitzung" schauen noch genau hin, wie tickt denn die Kölner Jugend oder Weiblichkeit und drehen daraus herrliche Persiflagen mit unbändiger Theaterspiellust. Etwa wenn Sitzungspräsidentin Carolin Kebekus sprachliche Pirouetten dreht um ihre Unlust Weiblich zu sein. Etwa wenn Sie erzählt, dass sie Mettbrötchen – die Marmelade des Arbeiters – zum Frühstück lieber mag oder warum Frauen immer so lange zum "Frischmachen" brauchen. Dann liegt der  Brunosaal vor Lachen und Freude unter oder auf den Tischen. Das ist ganz großes Theater. Applaus, Applaus. Und das Publikum. Das ist jung, jeck hoch drei kostümiert und genießt hier abseits des Mainstreams frischen Karneval handmade.  Aber bei "Deine Sitzung" wird nichts weichgespült, hier geht es rotzfrech und offenherzig zur Sache, zu den Themen des Hier und Heute. Gesellschaftlich und politisch gnadenlos. Für die Musik sorgte der Knittler mit den Fründen und überhaupt ist das "Loss mer singe" Umfeld deutlich spürbar.  Weitere Gäste sind Volker Weininger, die Pink Poms und Josef Jackels.

Und zum Verweilen schön: „In unserm Veedel“ – geblasen auf einem Alphorn. Da musste niemand die Hexen, Nonnen, Biene Majas im Saal auffordern mitzusingen. Das passiert einfach. Wie kölsche Rekruten den Afghanistaneinsatz völlig durcheinander bringen – und nebenbei in Kabul in rheinischer Mission den Karneval einführen, wie Edno Bommel als singender Sachse („You Sächsi Thing“) den Saal rockt – das hat echte Steherqualitäten. Passend zu Motto und Lokalität, dem Pfarrsaal, hatte sich Ideengeber ebasa in eine Kardinalskutte geworfen. Was ihn und das Orchester der Liebe mit Udo Schild, Hans Fücker, Alexander Boerner und Dirk Ferdinand nicht daran hinderte, perfekte Samba-Klänge gegen den kölschen Dauerregen vor der Tür zu setzen.

Neben Carolin Kebekus ist Olaf Bürger Präsident und ebasa der Meister Präsidentin. Britta Pallada ist das Winkmariechen, Axel Vierkotten der Vorsitzende des Senats und Lutz Langel der Prinzenführer. Das Orchester der Liebe spielt auf. Natürlich hat man ein Mottolied, aber auch ein Gebet und alleine das unterscheidet die Sitzung. Ein Auszug:
"Deine Sitzung – Das Gebet"
"Schenke uns das nötige Kleingeld, um ewig zu fiere bis der Nubbel brennt – wir bitten Dich erhöre uns.
Schenke uns das nötige Kleingeld, um Getränke auszugeben um allseits beliebt zu sein – wir bitten Dich erhöre uns.
Schenke uns das nötige Kleingeld, um immer mit dem Taxi nach Hause zu kommen – wir bitten Dich erhöre uns.

Und dass der FC ewig Deutscher Meister wird – Alaaf"


Und in den Kleinanzeigen findet sich noch folgendes Angebot: "Lustige Partygäste mieten! Ihre Feiern sind langweilig und öde? Es kommt kein Schwung in die Bude und Sie haben immer Bier übrig? Kein Problem, wir kommen gerne vorbei und verbreiten Stimmung: post@deine-sitzung.de"

Für die dritte und letzte Sitzung von „Deine Sitzung“ gibt es noch ein ganz paar wenige Karten. Wer rechtzeitig kommt, hat einen einzig-, aber niemals -artigen Karnevalsabend.

[ag; dn]