„Menschen sind Menschen, egal, wie sie sind“
Ein bisschen aufgeregt präsentierten heute Emir, Alessia, Daria und ihre Mitschüler ihr Projekt im NS-Dokumentationszentrum. Auf ihrem Schulweg waren den Schülern der vierten Klasse der Katholischen Grundschule Palmstraße die Stolpersteine im Bürgersteig aufgefallen. Daraufhin wurden die Geschichten der jüdischen Familien Mendel und Herz zum Gegenstand des Unterrichts. Selbst recherchierten die Grundschüler, wie es den Familien während der NS-Zeit ergangen war. „Das war richtig gruselig“, betonte heute Emir. Denn Familie Herz wurde in das Konzentrationslager Theresienstadt deportiert. Nur zwei der neun Familienmitglieder überlebten die Zeit.

In Gedenken an die Schicksale der beiden Familien entwarfen die Schüler für jeden einzelnen eine eigene Gedenk-Tafel, die sie heute im NS-Dok aufstellten. Dazu entwickelten sie für jede Familie ein eigenes Album mit Texten und Bildern. Einig waren sich alle Schüler, dass es wichtig ist, die Erinnerungen an den Nationalsozialismus aufrecht zu erhalten, „damit das nicht noch mal passiert“, meinte Lavinia. Denn „Menschen sind Menschen, egal, wie sie sind“, so Emir.

Eine „braune Tonne gegen Rechts“
Das Projekt der Grundschule Palmstraße ist eines von 17 Ausstellungsobjekten im NS-Dok, die anlässlich des 14. Jugend- und Schüler-Gedenktages in Köln durchgeführt wurden. Dabei näherten sich die Jugendlichen und Schüler auf ganz unterschiedliche Weise dem Thema des Nationalsozialismus. „Ich finde es beeindruckend, wie auch für junge Kinder schon Zugänge zu dem Thema gefunden werden“, erklärte heute Dr. Werner Jung, Direktor des NS-Dok. Zu den Arbeiten gehören etwa Kunstobjekte, Fotos, Comics oder Videoproduktionen. Kreativ haben sich auch das Erft- und Ville-Gymnasium mit der NS-Zeit auseinandergesetzt. Sie entwickelten die „braune Tonne gegen Rechts“. Sie soll dort zum Einsatz kommen, wo Parteien  – wie etwa die als rechtsextrem geltende Bürgerbewegung „Pro Köln“ – versuchen, Jugendliche mit Propaganda als Wähler zu gewinnen. An die Tonne angehängte Flyer sollen Betrachter informieren.


Foto: Die "Braune Tone gegen Rechts"
des Erft- und Ville-Gymnasiums


14 Jahre Jugend- und Schülergedenktag
Neben der Ausstellung entwickelten Jugendliche und Schüler ein abwechslungsreiches Bühnenprogramm. Das wird am 27. Januar 2011 ab neun Uhr in der Königin-Luise-Schule vorgestellt. Die Beiträge reichen von Lesungen, Film- und Theatervorführungen sowie Musikbeiträgen. Eingeleitet wird der Vormittag durch Kölns Oberbürgermeister. Am selben Abend wird um 18 Uhr in der Antoniter-City-Kirche zudem in einer Gedenkstunde an die überlebenden Kölner gedacht, die während der NS-Zeit Widerstand leisteten und aus politischen Gründen verfolgt wurden.  Am 27. Januar wird in Köln seit 14 Jahren der Jugend- und Schülergedenktag begangen. Er erinnert an den 27. Januar 1945, an dem sowjetischen Soldaten die Überlebenden des Konzentrationslagers in Auschwitz befreiten. 1996 hatte der damalige Bundespräsident Roman Herzog dieses Datum zum Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus erklärt und Schüler und Jugendliche dazu aufgerufen, sich mit dem Thema NS-Herrschaft auseinanderzusetzen. Jedes Jahr sollte der 27. Januar stellvertretend für die Schreckensherrschaft der NS-Zeit an die Vernichtung von Zivilisation und Menschlichkeit, an die Verfolgung und millionenfache Ermordung von Menschen und Bevölkerungsgruppen erinnern.

Kölner Schulen beteiligen sich seit 1998 unter dem Motto „Erinnern – eine Brücke in die Zukunft“ an dem Gedenktag. Das hiesige Konzept, junge Menschen selbst zu eigenen Projekten anzuregen und diese dann öffentlich zu präsentieren, ist laut dem NS-Dok bisher einzigartig in der Bundesrepublik. Für den Gedenktag 2011 hat Oberbürgermeister Jürgen Roters die Schirmherrschaft übernommen.

Cornelia Schlößer für report-k.de/ Kölns Internetzeitung