„Kartoffeln wie Köpfe im Massengrab?“
1950 fotografierte Robert Häusser einen Acker. Schier endlose Furchen ziehen sich durch das Bild – Himmel oder Grenzen sind nicht zu sehen. Nur klein pflügt am oberen rechten Rand ein Bauer eine Staubwolke hinter sich her ziehend das Feld. Die Szenerie war Häusser bekannt. Er selbst wuchs auf einem Bauernhof in Brandenburg auf und arbeitet dort, nachdem er nach vier Jahren Kriegsdienst und Gefangenschaft in die Heimat zurückkehrte – selbst durchfurcht durch die erlebten Gräuel. Das Bild scheint auch Wolf Biermann imponiert zu haben. Eigens für die Ausstellung verfasste er sein Gedicht mit neuer, ironisch-trauriger Interpretation des Bildes: „Es wimmelt von Menschen und Tieren, die grade nur fort sind. Herr Fotograph, ich sehe sie alle auf diesem Schwarzweißbild. Was wird mir hier wachsen in diesen Breughelschen Furchen? Wohl Drachenzähne wie Spargel? Kartoffeln wie Köpfe im Massengrab?“, schreibt Biermann.


Foto: Foto "Acker" von Robert Häusser aus dem Jahr 1950


Zu Ehren eine großen Fotografen
Insgesamt verfassten 37 zeitgenössische Lyriker – darunter Wolf Biermann, Peter Rühmkorf, Ulla Hahn und Friedrich Dürrenmatt – für die Ausstellung „ins Wort gesetzt“ ihre ganz persönlichen Gedichte zu Fotografien Robert Häussers. Die Schau schlägt so eine Brücke zwischen Fotografie und Lyrik. Erstmalig wurde die Konzeption von Fotos und Lyrik 2007 in den Reiss-Engelhorn-Museen in Mannheim, dem Wohnort Häussers, gezeigt. Die Gedichte, teils interpretierend, teils assoziierend setzen ganz wörtlich Häussers Fotos „ins Wort“ und eröffnen dem Betrachter dadurch neue Denk- und Freiräume. Dabei wird die Aufmerksamkeit des Besuchers zunächst vom Bild selbst gefangen. Erst danach wandert der Blick zum Gedicht. Unaufdringlich hängen die weißen Papierblätter in einfachen Rahmen daneben. Sie wollen die Fotos von über 70 Jahren Lebenswerk nicht stören, sie ehren sie.

Robert Häusser selbst konnte zur heutigen Präsentation aus gesundheitlichen Gründen nicht erscheinen. Das Aufhängen der Bilder hat er jedoch zusammen mit Kurator Claude W. Sui in Köln persönlich begleitet.

Ins Wort gesetzt
4. Dezember 2010 bis 30. Januar 2011
Museum für Angewandte Kunst
An der Rechtschule
50667 Köln

Öffnungszeiten
Dienstag bis Sonntag 11 – 17 Uhr,
jeden ersten Donnerstag im Monat 11 – 22 Uhr (mit Führung um 18 Uhr)
an jedem ersten Sonntag im Monat ab 10 Uhr (zu Kunst + Frühstück mit kostenlosen Parallelführungen für Kinder und Erwachsene um 11 Uhr)

Mehr zum Museum für Angewandte Kunst erfahren Sie hier >>>


Cornelia Schlößer für report-k.de/ Kölns Internetzeitung
[Foto "Acker": Robert Häusser]