Eigentlich hätte ein längerer Zeitraum zwischen Eröffnung des Neubaus und der ersten Sonderausstellung liegen sollen, so Klaus Schneider, Direktor des Rautenstrauch-Joest-Museums. Da sich die Fertigtellung des Kulturquartiers am Neumarkt aber verzögert hatte, steht nun zwei Wochen nach der Eröffnung des Neubaus schon die nächste Premiere an: Die erste Sonderausstellung im neuen Haus.


Städte voller Gegensätze
Die Schau „Afropolis“, die heute Abend eröffnet, behandelt Geschichte und vor allem Gegenwart fünf afrikanischer Städte: Kairo, Lagos, Nairobi, Kinshasa und Johannesburg. Man habe den ganzen Kontinent und nicht nur den subsaharischen Teil abdecken wollen, so Kuratorin Kerstin Pinther, die vor etwa drei Jahren die Idee zu „Afropolis“ hatte. Jede der fünf Städte habe eine ganz eigene Identität: Kairo sei etwa die vermutlich am dichtesten besiedelte Stadt der Welt. Christian Hanussek, der den Ausstellungsteil über Nairobi kuratiert, sagte, einen so großen Gegensatz von internationalen, modernen Gegenden und extremen Elendsvierteln habe er in keiner anderen Stadt erlebt.

„Afrika mal nicht unter dem Gesichtspunkt des Mangels sehen“
Die Beschäftigung mit Megacities habe Relevanz weil „die Hälfte der Weltbevölkerung in Städten lebt.“ Viele bereits ohnehin große Städte wachsen immer weiter. In „Afropolis“ gehe es aber weniger um diese demografischen Aspekte, so Pinther. Man wolle zeigen, wie der Alltag in afrikanischen Megacities aussehe und wie sich die Bewohner ihre Stadt anpassen. Wichtig sei ihr und ihren Kuratoren-Kollegen Larissa Förster und Christian Hanussek auch gewesen, „Afrika nicht nur unter dem Gesichtspunkt des Mangels“ – also dem, was dem Kontinent zum westlichen Lebensstandard fehlt, zu sehen.

Kreative und urbane Gegenwart stehen im Mittelpunkt
Themen wie Armut, die Ära der Apartheid und koloniale Vergangenheit werden nicht ausgespart – Geschichte und Daten der jeweiligen Stadt werden zu Beginn jedes Ausstellungsabschnitts an einer Infosäule erläutert. Danach steht die kreative Gegenwart der Städte im Mittelpunkt: Es geht um „Stadt, Medien, Kunst“, wie auch der volle Titel der Ausstellung besagt. Zu jeder der fünf Städte sind fünf bis sieben Arbeiten von Künstlern und Kulturwissenschaftlern zu sehen. Einige davon wurden speziell für die Ausstellung und in Zusammenarbeit mit dem Goethe-Institut erstellt. Die Exponate sind vielfältig: Neben vielen dokumentarischen Fotos sind Video- und Soundinstallationen dabei. Auch Grafikdesign, Comics und Architekturmodelle sind ausgestellt.

Kunst und Dokumenation in Kombination
Mitunter werden Kunst und dokumentarische Herangehensweise auch kombiniert: In der Nairobi-Ausstellung ist die Video-Installation „Upgradasion“ des Kollektivs Slum TV zu sehen. Dokumentarische Aufnahmen aus Elendsvierteln stehen darin einer in Comic-artigen Standbildern erzählten, fiktiven Geschichte gegenüber. Ebenfalls aus Nairobi stammt eine mit Graffiti verzierte Kühlerhaube, die in „Afropolis“ ausgestellt ist.

Kunst hat auch im Völkerkundemuseum ihre Berechtigung
Auffallend modern ist übrigens auch das Ausstellungsdesign von „Afropolis“: Jeder der fünf Städte ist eine knallige Neonfarbe zugeordnet, die Orientierung bietet. Dass Kunst und künstlerische Gestaltung überhaupt so ein starker Schwerpunkt in der Ausstellung eines ethnologischen Museums sei, sei für ihn kein Widerspruch, so Museumsdirektor Schneider. „Die Kunst beschäftigt sich freier und oft früher als die Wissenschaft mit neuen Phänomenen.“ Auch für zukünftige Sonderausstellungen sei die Miteinbeziehung von bildender Kunst geplant. Im Rahmenprogramm von „Afropolis“ gibt es Workshops, Vorträge, Performances und Filmvorführungen im Museum.

Infobox
"Afropolis. Stadt, Medien, Kunst."
5. November 2010 bis 13. März 2011
Rautenstrauch-Joest-Museum
Cäcilienstraße 29-33
509667 Köln

Öffnungszeiten:
dienstags – sonntags 10 – 18 Uhr
donnerstags 10 – 20 Uhr

Tickets:
Sonderausstellung „Afropolis“ 5 Euro (ermäßigt 3 Euro)
Dauer- und Sonderausstellung 9 Euro (ermäßigt 6 Euro)
Gegebenenfalls zusätzlicher Eintritt für die Veranstaltungen im Rahmenprogramm zu „Afropolis“.

Alexandra Spürk für report-k.de/Kölns Internetzeitung