Handwerkskammer: Gebührenerhöhungen gefährden die Erholung im Mittelstand
Mit dem dringenden Appell, den Mittelstand mit den vorgesehenen Gebühren-und Steuererhöhungen nicht zu überfordern, wendet sich die Handwerkskammer an den Rat der Stadt Köln, bevor dieser nächste Woche die Haushaltssatzung für die Jahre 2010 und 2011 beschließt. Das Handwerk habe die Wirtschaftskrise des Jahres 2009 gerade überstanden und die Konjunktur stehe vor einer Erholung. Die Betriebe hätten ihren Beschäftigtenstand nahezu aufrecht erhalten können „Diese Bemühungen wurden durch Entnahmen aus den Rücklagen finanziert“, erläutert der Präsident der Handwerkskammer zu Köln, Hans Peter Wollseifer. Das habe aber zur Folge, dass die Betriebe heute unterkapitalisiert seien und ihre Rücklagen dringend wieder auffüllen müssten. „In dieser Situation passen drastische Gebühren- und Steuererhöhungen nicht in die Landschaft“, betont daher Hauptgeschäftsführer der Kammer, Dr. Ortwin Weltrich.

Ein Gewerbesteuerhebesatz von 475 Prozent bedeutet bei 100.000 Euro Gewerbeertrag je nach Gesellschaftsform eine Belastung zwischen 12.550 und 16.625 Euro. Wenn sich Köln mit einen Hebesatz von 475 Prozent fast an die Spitze aller Kommunen in Nordrhein-Westfalen setze, so bedeute dies einen Verlust an Standortqualität im Wettbewerb mit dem Umland bis hin nach Düsseldorf. Der Haushaltsentwurf der Stadt siehe nicht nur die Erhöhung des Hebesatzes bei der Gewerbesteuer vor, sondern auch Gebührenerhöhungen z. B. für Sondernutzungen des öffentlichen Raumes, betont Dr. Weltrich. Diese würden beispielsweise beim Bauhandwerk immer dann anfallen, wenn Straßenraum für die Lagerung von Baumaterialien oder das Aufstellen eines Containers in Anspruch genommen wird. Aber auch Cafés und Bäckereien entrichteten Gebühren, wenn sie ein Tische draußen stehen haben oder auch nur ein Fenster für den Straßenverkauf nutzen. Im nächsten Jahr sei darüber hinaus mit einer Verschärfung der Kölner Umweltzone zu rechnen. Sollten dann Fahrzeuge mit roter oder sogar gelber Plakette nicht mehr in der Umweltzone fahren dürfen, müssten viele Unternehmen in neue Fahrzeuge investieren.



IHK verabschiedet Resolution
Die Vollversammlung der Industrie- und Handelskammer zu Köln hat am 27. September 2010 beschlossen, noch einmal in Form einer Resolution die Empörung der Kölner Wirtschaft über die geplante Erhöhung des Gewerbesteuer-Hebesatzes zum Ausdruck zu bringen:

Die Resolution im Wortlaut
1. Erhöhung des Gewerbesteuer-Hebesatzes ab 2011 von 450 v.H. auf 475 v.H. wird abgelehnt. Seit 22 Jahren ist ein konstanter Gewerbesteuer-Hebesatz das Markenzeichen Kölns für eine verlässliche Partnerschaft zwischen Wirtschaft und Stadt. Auch ohne eine Anhebung der Gewerbesteuerbelastung haben sich die Einnahmen aus der Gewerbesteuer seit 1988 von etwa 460 Mio. Euro fast verdoppelt auf aktuell ca. 900 Mio. Euro. Und dies auch ohne die Besteuerungskomponete "Gewerbekapital", wofür die Stadt Köln heute zusätzlich noch einen Anteil aus der Umsatzsteuer erhält.

2. Steuererhöhung nicht notwendig
Nach Meinung der Wirtschaft bedarf es keiner Steuererhöhung, um ein Haushaltssicherungskonzept (HSK) zu vermeiden. Mit den beschlossenen Eckpunkten zum Haushalt wird die Entnahme aus der Allgemeinen Rücklage zu keinem Zeitpunkt über fünf Prozent liegen. Sollte jedoch der Wunsch nach einem kleinen finanziellen "Polster" seitens der Stadt bestehen, so dürfte der Gewerbesteuer-Hebesatz nicht das Niveau von den beiden Nachbarstädten Leverkusen und Bonn mit 460 v.H. überschreiten.

3. Wirtschaft trägt ihren Anteil an den Ausgaben der Stadt
Die Ausgaben der Stadt Köln werden sich in 2010 und 2011 auf je ca. 3,1 Milliarden Euro belaufen. Angesichts der sprudelnden Gewerbesteuerzahlungen in Höhe von über 900 Millionen Euro haben die Betriebe in Köln schon einen großen Beitrag zur Finanzierung dieser Ausgaben geleistet. Aber nicht nur Gewerbesteuerzahlungen der Betriebe sichern die Ausgaben der Stadt. Unternehmer zahlen noch Einkommensteuer, Grundsteuer für ihre Betriebsgrundstücke, örtliche Sondersteuern, wie z.B. Vergnügungssteuer und "Kulturförderabgabe", hohe Sondernutzungsgebühren und sonstige Gebühren und Abgaben. Damit trägt die Wirtschaft – und nicht die Bürger – schon jetzt mehr als der Hälfte der Ausgaben der Stadt Köln – von Hartz IV über Kitas bis zu Oper und Schauspiel.

4. Wirtschaft schafft Arbeitsplätze
Die Wirtschaft schafft und sichert Arbeitsplätze; dies belegen die amtlichen Zahlen. Insbesondere ist es der Stadt Köln im Großstädtevergleich gelungen, nicht nur das Beschäftigungsniveau zu halten, sondern sogar von Jahr zu Jahr zu steigern. Dies alles ist jedoch nur erwart- und leistbar, solange ortsansässige Unternehmen im Wettbewerb konkurrenzfähig bleiben. Die geplante Erhöhung wäre eine empfindliche Beeinträchtigung der Wettbewerbsfähigkeit Kölns zulasten der hiesigen Arbeitsplätze. Dies gilt erst recht, seit die Gewerbesteuer nicht mehr bei der Körperschaftsteuer abgezogen werden kann.

5. Wirtschaft braucht höheren Stellenwert
Ein höheres Aufkommen bei der Gewerbesteuer muss durch eine intensive Wirtschaftsförderung erzielt werden. Deshalb bedarf es einer erheblichen Aufstockung des Etats der Wirtschafsförderung. Wie erfolgreich dies sein kann, zeigen Frankfurt und Düsseldorf, die mit einem niedrigeren Hebesatz über ein weit höheres Gewerbesteueraufkommen verfügen.

6. Einsparpotenziale konsequent überprüfen und Sparmaßnahmen umsetzten
Die Wirtschaft erkennt die bisherigen Sparbemühungen durch Rat und Verwaltung an. Allerdings reichen diese bei weitem nicht aus, das strukturelle Haushaltsdefizit der Stadt zu beseitigen. Die Struktur der kommunalen Aufgaben und Leistungen gehört insgesamt auf den Prüfstand. Angesichts der Haushaltslage muss die Stadt sich auf ihre Kernnaufgaben zurückziehen. Deren Kosten müssen einem konsequenten Benchmarking mit anderen Großstädten unterzogen werden. Weitere Sparmaßnahmen müssen folgen.

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