Köln seit 14 Monaten ohne Kämmerer
Mitten in der „dramatischsten Haltshaltssituation der Nachkriegsgeschichte“, so Oberbürgermeister Jürgen Roters am Montag, bleibt die Stadt Köln weiterhin ohne Kämmerer. Wie Oberbürgermeister Jürgen Roters gestern bekannt gab, hat er das Verfahren zur Besetzung der Stelle des Kämmerers in der Stadtverwaltung Köln eingestellt. Regierungspräsident Hans Peter Lindlar hatte dazu geraten. Er wirft der Stadt Indiskretion im Verfahren vor.

Wie in Köln nicht unüblich, wurden auch in diesem Fall anscheinend aus der Kölner Polit- und Verwaltungsszene bewusst oder unbewusst Nachrichten vorab exklusiv in eine Richtung gestreut. Eine Vorgehensweise, die nicht nur politische Gegner gerne nutzen, um so in einer weitestgehend monopolartig aufgestellten Medienlandschaft, Punkte zu sammeln. Das Pikante oder in diesem Fall Dumme daran ist nur, dass man die Nachricht noch vor dem Ende der Bewerbungsfrist in die Öffentlichkeit lancierte. Das wiederum brachte den Regierungspräsidenten zum Nachdenken. Dadurch, so Lindlar, könnte „nicht ausgeschlossen werden kann, dass mögliche weitere Bewerberinnen/ Bewerber von der Einreichung ihrer Unterlagen abgeschreckt worden sind.“ Er rate der Stadt darum dringend dazu, das Verfahren einzustellen.

Alt-OB Schramma wollte schon 2008 neuen Kämmerer
Die Stadt kam diesem Rat gestern nach. Seit dem 30. April 2009 ist das Amt des Kämmerers nun unbesetzt. Eigentlich nur provisorisch hat Dr. Norbert Walter-Borjans, Dezernent für Wirtschaft und Liegenschaften, den Posten seitdem übernommen. Dabei wollte die Stadtspitze um Kölns ehemaligen Oberbürgermeister Fritz Schramma, glaubt man informierten Kreisen, bereits Herbst 2008 den Posten neu ausschreiben, um eine Amtsübergabe mit dem Weggang des scheidenden Kämmerers Soénius herbeizuführen.

Schon damals waren die Konturen nach der Entscheidung der Grünen für eine Unterstützung des gemeinsamen Kandidaten Roters überdeutlich, dass die grüne Partei das Vorschlagsrecht für den wichtigen Posten des Kämmerers erhalten würde, da dieser innerhalb des Stadtvorstandes ein Veto-Recht hat. Aus den informierten Kreisen heißt es, der SPD Fraktionsvorsitzende Martin Börschel habe um Aufschub bei der Besetzung der Kämmererstelle bis nach der Kommunalwahl am 31. August 2009 gebeten. Doch erst im November 2009 wurde die Stelle ausgeschrieben. Am 17. Dezember 2009 wurde Jörg Frank, Geschäftsführer der Fraktion der Kölner Grünen, von der Stadtverwaltung mehrheitlich zum neuen Stadtkämmerer gewählt. Als wenige Tage später Regierungspräsident Lindlar jedoch eine Überprüfung dieser Wahl ankündigte, da Frank nicht alle Kritierien nach der Gemeindeordnung erfüllte, verzichtete Frank jedoch am 7. Januar 2010 auf sein Amt. Seit nunmehr 14 Monaten ist die Stelle des Kämmerers unbesetzt und eine Änderung der Situation nicht in Sicht. Für Oberbürgermeister Roters, SPD und Grüne, die diese Stadt regieren, ist der Umgang mit dem Amt alles andere als ein Ruhmesblatt.

Grüne: Verfahren zu keinem Zeitpunkt verletzt
Barbara Moritz, Fraktionsvorsitzende der Grünen, und Fraktionsgeschäftsführer Jörg Frank wiesen heute zurück, Namen vorab an die Presse weitergeleitet zu haben. Entgegen der öffentlichen Behauptung des Oberbürgermeisters wären die Verfahrensgrundsätze zu keinem Zeitpunkt verletzt worden, betonte Moritz heute. "Der Verfahren zur Wahl des/der Stadtkämmerer/in ist ordnungsgemäß und entspricht den Bestimmungen der Gemeindeordnung. Mutmaßungen, Spekulationen oder Indiskretionen über Bewerbende für politische Ämter, die von Presseorganen gehandelt werden, sind in der heutigen Medienszene leider an der Tagesordnung, aber bieten keinerlei Handhabe oder rechtlich vertretbaren Grund, das Verfahren anzuhalten. RP Lindlar stützt sich ausschließlich auf Pressemutmaßungen, nicht auf Tatsachen. Es ist offensichtlich, dass der CDU-Politiker Lindlar aus rein parteipolitischen Motiven das Verfahren torpediert, um damit das rot-grüne Bündnis in der größten Stadt NRWs zu treffen. Angesichts der politisch komplizierten Lage nach der Landtagswahl vom 9. Mai leistet er so der CDU Flankenschutz. Lindlars „Verfahrensvorschläge“ widersprechen nicht nur den einschlägigen Kommentierungen der NRW-Gemeindeordnung, sondern sind zudem der Versuch, die kommunale Autonomie zur

[cs, ag]