Entscheidung zum Schauspielhaus
Auszüge aus der Debatte
"Wir sind nicht grundsätzlich gegen einen Neubau", so Thomas Luczak vom Kölner Bürgerbegehren. Aber in Abwägung der entstandenen Potentiale bedeute die Sanierung ein "intelligentes Sparen", so Luczak. Erst wären sie nicht bereit gewesen eine mögliche Sanierung selbst zu planen und die Kosten selbst zu ermitteln. Doch nach den nun monatelangen Überlegungen "haben wir festgestellt, dass die Sanierung des Schauspielhauses dem Neubau in vielen Bereich überlegen ist", erklärte Thomas Luczak. In den letzten Wochen hätten sie einen wahren "Crashkurs" in der städtischen Verwaltung erhalten. Dabei habe die Verwaltung die Bürger stets freundlich und höflich behandelt und auch die Parteien hätten alle zu Gesprächen eingeladen. "Vielleicht ist das ein Anfang für eine neue Zusammenarbeit zwischen Politik und Verwaltung", so Luczak. "Wir hoffen auch ihre mehrheitliche Einsicht", erklärte er weiter.

 "Ich stehe nach wie vor zu dem Beschluss vom 17.12.. Er gibt endlich Planungssicherheit für beide Häuser", erklärte heute Kölns Oberbürgermeister Jürgen Roters. Kritisch äußerte er, dass nun scheinbar einige das Gebäude erhalten wollten, die vor einigen Jahren den gesamten Abriss des Komplexes gefordert hätten. Zudem betonte Roters, dass der Entwurf für das neue Haus ihn überzeugt hätten – Größe und Dominanz empfinde er nicht als stören. Vielmehr hätte das neue Opernquartier alle Chancen, eine vergleichbare Wirkung wie etwa die Oper in Paris erzielen zu können. Nachdem so viele Bürger nun jedoch Unterschriften gegen den Neubau eingereicht hätten, sei es nun an der Zeit alle Bürger entscheiden zu lassen. Die Pläne für eine Sanierung seien nicht "ausgereift", so Roters, daher wolle er heute eine Sanierung nicht beschließen. Zeit und Kosten für eine Sanierung seien heute nicht absehbar. "Es gibt keine Garantie, dass die Sanierungskosten uns nicht doch davon laufen", sagte Kölns Oberbürgermeister. Er könne sich vorstellen einer Sanierung zuzustimmen, wenn die Kosten erheblich geringer seien als bei einem Neubau und die technische Funktionalität der Bühnen verbessert werden könnten.

Die Fraktion der Kölner SPD sprach sich heute für die Durchführung eines Bürgerentscheids aus, um die Planungen für eine mögliche Sanierung besser vorbereiten zu können – auch wenn er die Stadt eine Millionen Euro kosten würde. Zudem wolle man allen Kölnern die Möglichkeit geben, darüber zu entscheiden. „Wir wollen dem Bürgerwillen Rechnung tragen.“ erläutert Martin Börschel, MdL und Vorsitzender SPD-Ratsfraktion. Allerdings wollte sich die Fraktion heute nicht mehr auf einen Neubau festlegen, vielmehr hätten die vergangenen Gespräche auch Unwägbarkeiten bei einem Neubau aufgeführt – etwa bezüglich der Kosten und insbesondere des Zeitplans. Eine Entscheidung für die Sanierung sei heute jedoch noch nicht möglich, da eine Sanierung nicht genügend geprüft worden sei. Darüber hinaus seien die Gründe der über 50.000 Bürger, die das Bürgerbegehren unterschrieben hatten, sehr vielseitig – von Kostengründen bis hin zur reinen Kritik an der Stadtverwaltung. Dennoch müsse man auf diese Stimmen und den Wunsch der Bürger, aktiv an der Stadtgestaltung teilzunehmen, hören, betonte Börschel. Darum müsse man nun einen Bürgerentscheid zulassen.

Das Ziel der Fraktion der Kölner CDU sei ein voll saniertes Opernhaus, das den Ansprüchen der Zuschauer genügt, erklärte heute Karl-Jürgen Klipper (CDU). Die Planungen sind hier die besten, daher sollten sie umgesetzt werden, um dem Haus schnellstmöglich Planungssicherheit zu geben. "Eine Notsanierung und ein Neubau des Schauspielhaues wird jedoch unsere Stimme nicht bekommen", betonte Klipper. Er forderte die Einführung eines runden Tisches, an dem Bürger, die Bühnen, die Verwaltung und die Politik zusammenkommen müssten. Kritik übte Klipper am Kölner Oberbürgermeister. Er sei seit dem Beschluss im Dezember mit diesem Thema abgetaucht und hätte einen Streit zwischen den Intendanten beider Häuser zugelassen, ohne persönlich einzugreifen. Dies wäre ein Zeichen fehlender Führungsfähigkeit. Zudem sei eine wirkliche Meinung Roters nicht erkennbar. Dagegen lobte Klipper die von der Verwaltung initiierte Veranstaltung am vergangenen Sonntag. Sie hätte jedoch bereits im Januar durchgeführt werden müssen.

Barbara Moritz (Grüne) erklärte, sie würde die Gründe der SPD-Fraktion respektieren, könne jedoch im Namen ihrer Fraktion diesem Entscheid nicht folgen. Vielmehr wolle man heute für die Sanierung des Schauspielhauses stimmen und auf einen Bürgerentscheid verzichten. Lange sei man innerhalb der Fraktion uneinig gewesen. Inzwischen sei man sich jedoch einig, dass eine Sanierung die bessere Lösung sei. Unbekannt sei derzeit noch, wie sich die Erben des Architekten Wilhelm Rephan bezüglich des Vergaberechtes entscheiden werden. Moritz appellierte an Jürgen Roters, die Intendanten beider Häuser an einen Tisch zu bringen und den Streit zwischen beiden Seiten zu schlichten. Sie vertraue darauf, dass er sich für die vom Rat zu fällende Entscheidung einsetzen werden, auch wenn sie vielleicht nicht seinem Wunsch entspräche.

Volker Görtzel (FDP) betonte, seine Fraktion hätte sich von Beginn der Diskussion an klar für einen Bürgerentscheid positioniert – "trotz intensiver Diskussionen", so Görtzel. Bei der Entscheidung wesentlich seien die Aspekte des Selbstbewusstseins, des Denkmalschutzes, der städtebaulichen Wirkung sowie der Kosten. Dabei sei zu bedenken, dass auch eine Sanierung viel Geld koste. Trotz der Krise dürfe man in so entscheidenden Projektfragen nicht zu zögerlich sein, so der FDP-Politiker. "Es müssten alle Türen offen gehalten werden", betonte Görtzel.

Aktualisiert um 17:46 Uhr
Jörg Detjen (Die Linke) lobte den Einsatz der Bürger, die nicht nur Unterschriften gesammelt, sondern insbesondere auch konkrete Vorschläge vorgetragen hätten. "Die Linke stimmt dafür, dem Bürgerbegehren zu entsprechen", betonte Detjen. Die Politik müsse heute auch darum entscheiden, um den Bürgern zu zeigen, dass man ihre Stimme ernst nehme. "Wir wollen keine Prachtbauten. Was nützten diese, wenn die Freien Träger keine Luft mehr zum Atmen haben", erklärte Detjen. Köln sei keine Weltstadt wie Paris, aber eine bunte, muntere Metropole. Dies müsse weiterhin unterstützt werden. Ziel des Opern-Intendanten Laufenberg und seinem Einsatz für einen Neubau sei es, dass beide Häuser künftig getrennt operieren würden. Durch den Neubau würden daher weitere Mehrkosten – etwa für Personal und Technik – entstehen. Auch der Personalrat der Bühnen hätte sich für eine Sanierung ausgesprochen und erklärt, dass ein Neubau unrealistisch sei.

"Es müssen alle Anstrengungen gemacht werden, um die Höhe der Neuverschuldung möglichst gering zu halten", so Klaus Hoffmann (Freie Wähler). Bis heute seien jedoch die Folgekosten bei einem Neubau unbekannt. Es sei daher nicht verwunderlich, dass die Bürger inzwischen selbst Vorschläge erarbeiten würden. Es sei nun an der Zeit, ein Umdenken zusammen mit den Bürgern einzuleiten. Auch Thor Geir Zimmermann (Deine Freunde) unterstütze das Bürgerbegehren. Seine eigene Partei sammelte Unterschriften. Sei dies zunächst schwierig gewesen, hätten sich die Bürger am Ende sogar selbst darum bemüht, eine Unterschrift abgeben zu können. Die Zugeständnisse der Politik heute, ein Bürgerbegehren zuzulassen, seien gar nicht mehr nötig, da von den Bürgern selbst der Entscheid erzwungen worden sei. Die heute formulierten Argumente der Neubau-Befürworter, dass eine Sanierung noch nicht vollständig geprüft sei, seien reine "Angstargumente", so Zimmermann. Sie dürften jedoch nicht die alleinigen Argumente sein, um zwei denkmalgeschützte Gebäude in Köln abzureißen. "Ich denke, dass es keine Gründe mehr dafür gibt, das Schauspielhaus abzureißen", endete Zimmermann.

"Wir Bürger müssen uns erst wieder daran erinnern, dass wir der Souverän sind", erklärte Jörg Jung, Kölner Bürgerbegehren. Auch die Kölner selbst müssten wieder lernen, sich der Politik anzunähern und sich selbst in die politische Diskussion einzubringen. Der vergangene Sonntag sei ein Aufbruch zu neuen Wegen gewesen. Nach dem Zweiten Weltkrieg habe die Stadt bewusst mit dem Aufbau der Bühnen ein Zeichen für die Kultur gesetzt. Es sei daher heute kein Zufall, dass an dieser Stelle auch heute wieder Politik gemacht würde. In all der Diskussion dürfe man jedoch nicht vergessen, dass im Mittelpunkt immer das Fortleben der Bühnen stehen müsse. Angesichts der derzeitigen Haushalts-Notlage sei daher die Sanierung beider Häuser der richtige Weg. "Die Zeit hat sich im letzten Sommer geändert", so Jung. Daher sei eine Änderung der Meinung kein Widerspruch, sondern ein Zeichen der Flexibilität, des Einstellen-Könnens auf neue Situationen. Jung betonte, dass auch im Falle eines Bürgerentscheids genügend Kölner zur Abstimmung kommen würde. Ein Beschluss heute Abend würde jedoch die Planungen für die Zukunft von Oper und Schauspielhaus beschleunigen. Für die Zukunft versprach die Initiative "Mut zur Kultur" die Politik und die Verwaltung weiterhin zu unterstützen.

Aktualisiert um 18:50 Uhr
Der Beschluss: Der Rat der Stadt Köln hat heute einstimmig festgestellt, dass das am 2. März 2010 eingereichte Bürgerbegehren "Rettet das Schauspielhaus" zur Aufhebung des Ratsbeschlusses aus der Sitzung vom 17. Dezember 2009 zulässig ist. Zugleich hat der Rat mehrheitlich beschlossen, dem Bürgerbegehren zu entsprechen. Damit ist ein Bürgerentscheid unnötig geworden. Mit dem heutigen Beschluss beauftragt der Stadtrat die eigenbetriebsähnliche Einrichtung Bühnen der Stadt Köln, ihm kurzfristig Vorschläge zur Sanierung des Opern- und Schauspielhauses mit entsprechenden Kostenkalkulationen zur Beschlussfassung über einen Planungsauftrag vorzulegen. Zur Erarbeitung der Sanierungsvorschläge werden Planungsmittel in Höhe von rund 1,3 Millionen Euro benötigt. Die Mittel werden im Wirtschaftsplan der Bühnen veranschlagt und durch Kreditnahme vorfinanziert.

Der Rat hat folgenden Änderungsantrag der CDU mehrheitlich beschlossen: Bei der Sanierung von Oper und Schauspielhaus werden folgende Kriterien beachtet: Schnellstmögliche Umsetzung der von dem Architekturbüro JSWD erarbeiteten Vorschläge zur Sanierung des Opernhauses – unabhängig von der Sanierung des Schauspielhauses, die unverzügliche Planungsaufnahme zur Sanierung und Entwicklung eines funktionsoptimierten und eigenständigen Schauspielhauses und die Einbeziehung der Opernteeassen in die Raumplanungen. Zudem wurde beschlossen, dass die Verwaltung umgehend einen "Runden Tisch" unter externer Moderation einberuft, durch den der Sanierungsprozess fachlich zu belgeiten ist. Neben der Verwaltung sind unter anderem die Intendanten von Oper und Schauspiel, die Bürgerinitiativen zum Erhalt des Schauspielhauses, der Personalrat der Bühnen sowie andere relevante Gruppen zu beteiligen. Im Rahmen der Sanierungsplanung sind sämtliche Sanierungsvorschläge zu bewerten und – ebenso wie die bisherige Erkenntnisse der Verwaltung – in die Planungsvorschläge einzubeziehen. Die 3. Sparte Tanz ist im Planungsprozess zu berücksichtigen.

Der Änderungsantrag der Fraktion der Grünen wurde mehrheitlich angenommen: Die Verwaltung überprüft die Machbarkeit und die Realisierungsbedingungen und kalkuliert die groben Kosten für die verschiedenen Sanierungsvariante, insbesondere die Hauptvarianten der Initiatoren des Bürgerbegehrens "Mut zur Kultur" (kurz Thiess-Variante) und die Variante der Schauspielintendantin (kurz Beier-Variante). Zudem klärt die Verwaltung zügig die Urheberrechtsfrage mit dem Anwalt der Riphan-Erben, führt Abstimmungsgespräche mit der Denkmalbehörde und klärt die Vergaberechtsproblematik in Hinblick auf eine zügige Realisierung für die unterschiedlichen Sanierungsvarianten.

Der Beschluss des Stadtrates wurde von den Zuschauern im Stadtrat mit lang anhaltendem Applaus bedacht.

Aktualisiert um 21:00 Uhr
Rat beschließt Archäologische Zone mit integriertem Jüdischem Museum
Der Beschluss: Der Rat hat heute die Entwurfsplanung für den Neubau der Archäologischen Zone und des Jüdischen Museums Köln zur Kenntnis genommen. Die Architekten Wandel, Hoefer, Lorch und Hirsch rechnen inzwischen mit Gesamtbaukosten von über 48 Millionen Euro. Mit dem heutigen mehrheitlich getroffenen Beschluss beauftragt der Rat die Stadtverwaltung vorbehaltlich der rechtsverbindlichen Zusage von Fördermitteln in Höhe von knapp 36 Millionen Euro mit der Ausführung des Gebäudes auf der Grundlage der Entwurfsplanung. Die bislang im Haushalt veranschlagten rund 45 Millionen Euro sind somit um über drei Millionen Euro zu erhöhen, sodass der städtische Eigenanteil auf  rund 12 Millionen Euro steigt. Weiterhin wurde beschlossen, die ab Inbetriebnahme (nach derzeitiger Planung 2013) entstehenden Folgekosten in Höhe von mindestens rund drei Millionen Euro zusätzlich im Ergebnisplan zu veranschlagen.

Der Entwurfsplan sieht einige Änderungen zur ursprünglichen Planung vor. Diese waren nötig geworden, nachdem die Gesellschaft zur Förderung eines Hauses und Museums der jüdischen Kultur die Finanzierung zurückgezogen hatte. Das neue Gebäude wird nun zugunsten eine Platzes vor dem Wallraf-Richartz-Museum reduziert. Zudem wird die Ausstellung der jüdischen Geschichte organisatorisch in die Archäologische Zone integriert. Dennoch sollen beide Bereiche weiterhin durch unterschiedliche Kuratoren inhaltlich betreut werden. Darüber hinaus wird jeder Bereich eigene Zugangsmöglichkeiten erhalten. Im weiteren Verfahren soll nun der Preisträger des Architekturwettbewerbs zur Archäologischen Zone und zum Jüdischen Museum den Entwurf weiterentwickeln und inklusive einer Kostenberechnung dem Rat erneut vorlegen. Da die Finanzierung des Projektes bislang noch nicht geklärt ist, hat der Rat die Verwaltung damit beauftragt, auf der Grundlage der verabschiedeten Entwurfsplanung Fördermittel zu beantragen und einzuholen – etwa bei der Regionale 2010, beim Land, der EU oder privaten Förderern.

Auszug aus der Debatte
Die die meisten Fraktionen, darunter etwa die SPD, die Grünen und die FDP, sprachen sich heute für diese Entwurfsplanung aus. „Dieses Projekt ist eine einmalige Chance und von internationaler Wirkung. Die Menschen werden nach Köln pilgern, um diese Stätte zu besuchen“, betonte etwa Ralph Sterck (FDP). Einige Fraktionen und Ratsmitglieder stimmten jedoch gegen die Vorlage – so etwa die Kölner CDU-Fraktion. Wie Karl-Jürgen Klipper betonte, sei man grundsätzlich für den Bau einer Archäologischen Zone und eines Jüdischen Museum. Ein Beschluss darüber könne jedoch erst getroffen werden, wenn die Finanzierung des Projektes gewährleistet sei. Derzeit stünden jedoch nur die 12 Millionen Euro der Stadt Köln und weitere rund 14 Millionen Euro aus städtebaulichen Fördermitteln zur Verfügung.

Cornelia Schlößer für report-k.de/ Kölns Internetzeitung