„Wir als Bürger wollen die verfehlte Politik der letzten Jahre nicht ausbaden“, betonte heute Dr. Günter Bell (Die Linke). Daher dürfte nun nicht an sozialen Strukturen und Kultureinrichtungen gespart werden. „Denn wenn man jetzt etwas zerschlägt, muss man hinterher doppelt zahlen“, so Bell. Zusammen mit einigen sozialen und kulturellen Einrichtungen Kölns will er darum gegen die geplanten Kürzungen der Stadt kämpfen. Dazu haben sich die Organisationen in diesem Monat zu dem Bündnis gegen Sozial- und Kulturabbau zusammengeschlossen. In den kommenden Monaten wollen sie mit einer Internetseite, Flyern und kreativen Aktionen – unter anderem auch gemeinsam mit der Liga der Kölner Wohlfahrtverbände – auf die Folgen der geplanten Kürzungen aufmerksam machen. Sollten weitere Einrichtungen dem Bündnis noch beitreten wollen, können sie sich bei Bell per Email melden: guenter.bell@koeln.de

Wichtig ist es dem Bündnis insbesondere, die Auswirkungen der geplanten Kürzungen für die einzelnen Einrichtungen deutlich zu machen. „Nur so erhalten die Einsparungen von 10 bis 12,5 Prozent ein wirkliches Gesicht“, erklärte Bell. Vier Organisationen berichteten darum heute stellvertretend für viele Kölner Einrichtungen ganz explizit von ihrer Arbeit und wie die Einsparungen diese beeinflussen werden.

Vision müsste Streetworker kündigen
Vision kümmert sich in Köln insbesondere um drogenabhängige und obdachlose Menschen. In ihrer Anlaufstelle in Kalk erhalten täglich rund 35 Menschen Essen, saubere Spritzen und Hilfe bei sozialen Angelegenheiten. Zusätzlich setzt Vision einen hauptamtlichen und einen ehrenamtlichen Streetworker in Kalk und Mülheim ein, die den Menschen direkt auf der Straße helfen. Sollten nun die drohenden zehn Prozent der finanziellen Unterstützung gekürzt werden, müsste Vision ihr Streetworker-Programm aufgeben. „Dabei ist Köln schon jetzt in diesem Bereich sehr schlecht aufgestellt, betonte heute Marco Jesse von Vision. Zudem müsste das Angebot für drogenabhängige Kölner auf dem Kölnberg in Meschenich aufgegeben werden, das erst seit rund acht Monaten läuft und eigentlich durch eine weitere Beratung auch für alkoholsüchtige Menschen erweitert werden sollte. „Der Bedarf dort ist groß“, erklärte Jesse. Die Einsparungen könnte Vision jedoch nur durch eine Kürzung des Personals auffangen, was direkten Einfluss auf die Betreuung hätte.

Keine Sonderausstellungen mehr im EL-DE-Haus?
Auch dem NS-Dokumentationszentrum drohen Kürzungen bis zu 16,5 Prozent. Der Förderverein des EL-DE-Hauses kritisierte heute die geplanten Einsparungen massiv. Sollten sie tatsächlich erfolgen, müssten etwa die Öffnungszeiten des Hauses verringert werden, obwohl schon jetzt immer wieder Besucher abgewiesen werden müssten. Zudem müssten wohl das komplette Sonderausstellungsprogramm gestrichen und die Arbeit der Info- und Beratungsstelle gegen Rechtsextremismus stark eingeschränkt werden. Die so genannte „Task Force“ der Stadt habe zudem bereits angekündigt, das städtische Besuchsprogramm für ehemalige Kölner Zwangsarbeiter abzuschaffen. Besonders tragisch sei jedoch, dass rund 300 Nachlässe ehemaliger Kölner Juden nicht wie geplant erstmals erfasst und dokumentiert werden könnten, so Dr. Fritz Bilz vom Verein EL-DE-Haus.

„Irgendwann kann man nicht mehr sparen“
„Wir sind es gewohnt mit wenig auszukommen, aber irgendwann kann man nicht mehr sparen“, fasste heuet Sophie Hennis vom Allerweltshaus e.V. die Lage zusammen. Auch ihrem Verein drohen drastische Einbußen im Angebot. „Ansu8rd ist, dass die Stadt zugleich ein Integrationskonzept entwickelt, die Basis jedoch nicht finanziert wird, um das umzusetzen“, meint sie. Und auch das Bürgerhaus „MüTZe“ befürchtet, dass sich das integrative Cafe der Einrichtung kaum noch halten lassen wird. Bereits jetzt würden die Menschen dort hauptsächlich ehrenamtlich arbeiten. „Die Kürzungen sind eine Missachtung der Beschäftigen und ihrer Arbeit“, erklärte Marco Jesse. Und er befürchtet: Sollten die sozialen Angebote in dieser Stadt so deutlich zurückgefahren werden, wird sich das in ein paar Jahren rächen. „Die Bevölkerung will keine drogenabhängigen und obdachlosen Menschen auf der Straße sehen. Dann muss sie ihnen aber auch ein Dach über dem geben“, so Jesse.

Die Forderungen des Bündnisses im Wortlaut:
Wir brauchen eine starke, handlungsfähige Stadt, die die öffentlichen Leistungen und Güter – ob sozial oder kulturell – garantiert und die Kraft hat, die Zukunft solidarisch zu gestalten!

Wir fordern mindestens die Beibehaltung eines breiten kulturellen Angebotes durch öffentliche, selbstverwaltete und private Einrichtungen. Erst diese machen unsere Stadt lebenswert und erhöhen die Attraktivität für Einwohner/innen und Besucher/innen.

Vereine, Verbände und Einrichtungen, in denen sich Menschen gemeinsam für ihre eigenen und die Interessen anderer einsetzen, müssen erhalten bleiben. Werden solche Strukturen zerschlagen, entstehen dauerhafte Schäden.

Wir akzeptieren die Kürzungen nicht als „Sachzwänge“. Diesen stellen wir unsere wirklichen Sachzwänge entgegen: Den Anspruch der Menschen auf die Sicherung der sozialen und kulturellen Grundbedürfnisse durch ihre Kommune.

Wir fordern die Stadt Köln auf, ihre Möglichkeiten zu nutzen, ihre Einnahmen zu erhöhen: Die Erhöhung der Gewerbesteuer ist notwendig!

Es gibt Sparmöglichkeiten, die ein Gewinn für die Stadt wären. So lässt sich viel Geld durch den Verzicht auf unsinnige Großprojekte (beispielsweise die Tieferlegung der Rheinuferstraße an der Südbrücke) sparen.

Das Defizit im Haushalt der Stadt Köln (und in den Haushalten anderer Kommunen) besteht auch, weil die Stadt von Bund und Land immer neue Aufgaben übertragen bekommen hat, ohne zugleich auch die zur Aufgabenerfüllung notwendigen Gelder zu bekommen. Das Defizit ist durch kurzfristige Sparmaßnahmen nicht zu beseitigen. Wir unterstützen daher die Forderungen des Deutschen Städtetages an Land und Bund, einen „Schutzschirm für Kommunen“ aufzuspannen und nach einer Gemeindefinanzreform, die die Finanzkraft Kölns nachhaltig stärkt. Denn eine ausreichende finanzielle Ausstattung der Kommunen ist Grundvoraussetzung für eine handlungsfähige und selbstverwaltete Stadt!

Ohne eine dauerhafte und spürbare Erhöhung der Steuerquote ist keine ausreichende Finanzierung der öffentlichen Leistungen und Güter möglich. Wir fordern daher eine umfassende Steuerreform, die Staat und Kommunen eine ausreichende finanzielle Basis zur Erfüllung ihrer Aufgaben sichert.

Lesen Sie hier: Wohlfahrtsverbände Köln: „Keine Kürzungen für Kurze“ >>>

Cornelia Schlößer für report-k.de/ Kölns Internetzeitung