Vollendet mit dem Bilderzyklus des Jüngsten Gerichts
16 Jahre dauerte die Rekonstruktion und nach 70 Jahren ist seit gestern der heilsgeschichtliche Bilderzyklus in der Turmhalle des Kölner Domes wieder vollständig zu sehen und zu betrachten. Zum besseren Verständnis der einzelnen Bildmotive ist im Verlag Kölner Dom eine kleine Broschüre erschienen. Das die Fenster so restauriert werden konnten, wie sie einst im Original angebracht waren, verdankt Köln einem Zufall.

Zentral und Mittig schwebt Christus als der Weltenrichter über dem Fenster. Das Motiv des Apostels Petrus (links) und rechts Paulus stehen ihm zur Seite. Links sehen wir die Motivik des Himmels, mit der Fanfare Gottes, die Auferstehung zum Leben und das Sterben mit Gott. Rechts dagegen ist die Hölle dargestellt, die mit der Fanfare Gottes beginnt, die Auferstehung zum Gericht zeigt und das Sterben ohne Gott. Das Fenster befindet sich über dem Marienportal.

Domprobst Feldhoff nahm in seiner Predigt zur Fensterweihe Bezug auf die Inschrift des „Kölle Alaaf“ in dem Fenster: „Das Kölle Alaaf steht genau unter den Medaillons, die das Sterben ohne Gott und die Hölle darstellen. Ein Zufall, vielleicht auch eine Fügung. Die Kombination könnte zu zwei Missverständnissen führen. Das wäre einmal die Verurteilung des Karnevals als gottlos und den Weg zur Hölle. Zu dieser Ansicht wird aber niemand im Rheinland kommen, eher schon in Westfalen. Die andere eher rheinische, gefährliche Interpretation: Nehmt das mit dem Gericht nicht so ernst. Der leeve Jott es jar nit esu. Für mich sagt dieses Zusammentreffen etwas anderes. Wir dürfen zuversichtlich und froh feiern und können doch das Gericht ernst nehmen, wenn wir, wie ihn jeder Messe im Anschluss unser Vater unser beten: Komm uns zu Hilfe mit deinem Erbarmen und bewahre uns vor Verwirrung und Sünde, damit wir voll Zuversicht das Kommen unseres Erlösers Jesus Christus erwarten.“

Die Weihe des Fensters zeigt aber ganz besonders wie stilreich die kunstgeschichtlichen Epochen im Kölner Dom gerade in den Fenstern gewirkt haben und wirken. Denn angefangen von den Fenstern des Mittelalters, über die Arbeiten des Johannes Klein in der Turmhalle, bis zur Kunst des 21. Jahrhunderts mit dem Richter-Fenster ist die Kunst aller Epochen vertreten, auch wenn der Dom selbst als Bauwerk eindeutig gotisch ist. Die Wiederentdeckung und Restaurierung der Domfenster in der Turmhalle liest sich wie ein Krimi.

Die Fenster der Turmhalle wurden vom Wiener Künstler Johannes Klein (1823-1883) entworfen. Der Kölner Fensterzyklus wurde in den Jahren 1879-1884 geschaffen und nach dem Tod des Künstlers vollendet. Johannes Klein bekam das Programm des Bilderzyklus der nahezu 200 Bildfelder vom damaligen Domkapitel vorgeschrieben. Es ist die bildliche Darstellung der Heilsgeschichte angefangen bei der Erschaffung Adams bis zum Jüngsten Gericht. Im Bereich des Nordturms sind die Szenen des Alten Testaments, im südlichen die des Neuen Testaments verewigt. Die Ausführungen der Malereien fanden damals in der Tiroler Glasmalerei-Anstalt in Innsbruck statt. Nur 56 Jahre waren die Fenster im Dom zu sehen, bevor der II. Weltkrieg zur Zerstörung von sechs Fenstern führte. Wir verdanken es einem Irrtum, dass zwei Fenster im Original erhalten geblieben sind und so als Vorbild für die Restaurierung dienen konnten. Die mittelalterlichen Fenster wurde ausgebaut und gesichert, darunter auch zwei Fenster des Nordturmes. 1956 wieder eingesetzt, waren die Fenster aber jahrzehntelang durch den Ziegelbunker im Nordturm verdeckt. Erst nach dem Abriss des Ziegelbunkers und ihrer Restaurierung erstrahlten die beiden erhaltenen Fenster wieder in altem Glanz.

Ein glücklicher Zufall wollte es dass die farbigen Skizzen und die originalgroßen Kohle-Entwurfszeichnungen im Dombauarchiv erhalten geblieben sind. 1994 ließ der damalige Dombaumeister Arnold Wolff das Fenster über dem Dreikönigenportal versuchsweise rekonstruieren. Dabei lehnten sich die Glasmalerinnen Ruth Weiler und Natascha Scheck eng an die Entwurfszeichnungen an und ahmten den Stil der Tiroler Glashütte nach. Eine besondere Schwierigkeit war dabei, wie Ruth Weiler erzählt die sehr fein und detailreich ausgeführten Skizzen soweit zu abstrahieren und zu vergröbern, dass sie zum einen in Glas nachgebaut werden konnten und auch in der Fernwirkung wieder harmonisch und ästhetisch wirkten. Von diesem Versuch war das Domkapitel so überzeugt, dass es sich 1996 entschloss auch die anderen noch fehlenden Fenster auf die gleiche Art und Weise zu rekonstruieren. Dabei taten sich immer wieder Stifter hervor, wie etwa die Ehrengarde der Stadt Köln, das Ehepaar Waffenschmidt oder das Bankhaus Oppenheim.

Für die Vollendung sorgte nun die Kölner Domsitzung mit der Stiftung des Fensterzyklus „Das jüngste Gericht“. Rund 4.000 jecke Stifterinnen sammeln seit 2002 für das ehrgeizige Projekt auf der einmal in der Session stattfindenden Sitzung zu Gunsten des Kölner Domes. Zu diesem großen Projekt raffte man sich auf, nachdem man zwischen 1997 und 2001 für kleinere Anschaffungen, wie etwa Krippenfiguren, Ambo oder die Restaurierung der Leuchter an der Schmuckmadonna gesammelt hatte.

Die Fenster und ihre Themen:
Nordturmhalle: Die Schöpfung / Die Ordnung der Welt / Die Urgeschichte und die Patriarchen / Die Geschichte des Volkes Gottes

Südturmhalle: Jesus von Nazaret / Die Offenbarung des Johannes / Die Gleichnisse / Das Jüngste Gericht.

Die Broschüre zu den Fenstern der Turmhalle
„Biblische Geschichten auf Glas“
Die Fenster von Johannes Klein im Erdgeschoss der Turmhallen des Kölner Domes
2010, Verlag Kölner Dom
1. Auflage, ISBN 978-3-922442-67-7
Erhältlich beim Verlag oder den Läden rund um den Dom
Preis: 6,90 Euro
www.verlag-koelner-dom.de

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