„Wenn sie jemandem vertraut, dann tue ich das auch“
Claudia Burbulla (24) und Ruth Eckhardt (75) waren sich auf Anhieb sympathisch. Schon nach dem ersten Treffen Ende des vergangenen Jahres waren sie sich einig: Sie wollen es miteinander probieren. Seit dem Januar wohnen die beiden Frauen nun gemeinsam im Haus von Ruth Eckhardt. „Und es klappt wunderbar“, beteuerten heute beide. Claudia hat im Haus auf 25 Quadratmetern ein eigenes Zimmer, ein Bad und eine Küche. Für die Miete muss die Sozialpädagogik-Studentin nicht zahlen, nur an den Kosten für Wasser und Strom beteiligt sie sich. Dafür hilft sie Ruth Eckhardt bei der Hausarbeit und im Sommer dann auch mal Im Garten. „Sie ist so flink und sieht wirklich alles. Im Winter hat sie sogar Schnee geschippt, obwohl sie eigentlich ihre erste Hausarbeit für die Uni schreiben musste“, erzählte heute die Seniorin.

Als Ruth Eckhardts Mann noch lebte, haben sie den Bereich, in dem jetzt Claudia wohnt, an Fremde vermietet. Das würde sie sich alleine jedoch nicht mehr trauen. Sollte es jetzt einmal Probleme mit der Mieterin geben, würde ihr jederzeit von den Betreuern des Projektes geholfen. Sie erwartet jedoch nicht, dass das mit Claudia überhaupt einmal nötig sein wird. Denn auch wenn die beiden Frauen sich erste wenige Monate kennen, scheinen sie sich schon jetzt vollkommen zu vertrauen. Und auch der Freund von Claudia kommt gut mit Ruth Eckhardt zurecht. Er darf selbstverständlich bei Claudia übernachten. „Ich vertraue ihr rückhaltlos. Wenn sie jemandem vertraut, dann tue ich das auch“, betonte Ruth Eckhardt.

“Ein Modell für die Zukunft“
Seit gut einem Jahr unterstützt die Stadt Köln das Projekt „Wohnen für Hilfe“, das vorab bereits drei Jahre lang mit einer Förderung vom Land erprobte. Sozialdezernentin Marlis Bredehorst zeigte sich heute begeistert von den neuen Wohnpartnerschaften. „Das Projekt ist wichtig und ein Modell für die Zukunft“, so die Dezernentin. Denn das größte soziale Problem in Köln sei der Mangel an günstigem Wohnraum. Und gerade Studenten seien davon stark betroffen. Mit Hilfe dieser neuen Wohnform erhielten Studenten die Möglichkeit, kostengünstig zu wohnen. Bredehorst hofft darum, dass sie im Zuge der strengen Sparmaßnahmen das Projekt auch in den kommenden Jahren weiter unterstützen kann. Von den 65.000 Euro, mit denen die Stadt das Projekt unterstützt, werden die zwei Projektleiterinnen bezahlt. Sie kümmern sich nicht nur um die Vermittlung zwischen Senioren und Studenten, sondern helfen auch dabei, einen Wohnvertrag aufzustellen und begleiten die Wohnpartnerschaften. Neben der Stadt Köln fördert außerdem die Universität zu Köln das Projekt.

Bislang konnten 18 Wohngemeinschaften vermittelt werden. Bei 74 weiteren Paaren würden die Gespräche derzeit noch laufen. Dabei wurde das Wohnprojekt inzwischen auch auf andere Wohnungsinhaber erweitert. So können nicht nur Senioren, sondern auch Alleinerziehende oder etwa Menschen mit Behinderung ihre Zimmer gegen Hilfe zur Verfügung stellen. Als Faustregel haben gilt dabei: Für jeden Quadratmeter Wohnfläche leisten die Studenten eine Stunde Hilfe im Monat. Dabei können die Mitbewohner die Art der Hilfe und den Umfang selbst bestimmen – seien es Haushaltstätigkeiten, Einkaufen, Heimwerken, Hilfestellung am PC, Begleitung bei Arztbesuchen oder etwa Kinderbetreuung. Pflegeleistungen jeglicher Art sind jedoch ausgeschlossen.

Wichtig: Zuverlässigkeit, Offenheit und Toleranz
Bewusst sein sollte man sich dennoch bei dem Projekt, dass hier zwei völlig unterschiedliche Lebensweisen aufeinander treffen. Wichtig für das Gelingen der Wohnpartnerschaft seien darum Zuverlässigkeit, Offenheit und Toleranz, betonten heute Heike Bermond und Sandra Wiegeler, die das Projekt leiten. Auch die fast 90-jährige Hertha Quest aus Köln bestätigte das heute. „Es hat mich eine große Überwindung gekostet, mich bei dem Projekt zu melden. Denn die Vorstellung, dass ein Fremder in meinem Haus lebt, hat mir Angst gemacht“, erzählte sie heute. Sie kann aufgrund einer Kriegsverletzung an ihren Beinen das Haus heute kaum noch verlassen. Um nicht zu vereinsamen, hat sie sich schließlich entschlossen, mitzumachen. Und auch wenn es manchmal Probleme gäbe und sie ihr Leben nun noch einmal hätte umstellen müssen, ist sie jetzt froh über ihre Entscheidung. „Ich finde die Idee einfach großartig, weil ich über meine junge Mitbewohnerin nun wieder einen Kontakt zur Außenwelt habe“, sagt Hertha Quest.

Infobox
Kontaktdaten für Senioren und Studenten
Heike Bermond und Sandra Wiegeler
Tel.: 0221-4707933
E-Mail: wfh-hf@uni-koeln.de

Cornelia Schlößer für report-k.de/ Kölns Internetzeitung