Der Wagen weckjezäppt!

Der zweite Wagen: "Dä Sponsor kütt"

The times they are changin…

„Oh, nit für Kooche, Lück, bliev ich Karneval he. Nä, ich verpiss mich hück, ich maach nit met dobei. Ich will fott sinn, wenn weiß wer op "aufjeklärt" mäht …“ sang Wolfgang Niedecken noch 1982 und erklärte heute, dass er häufig zur Karnevalszeit weite Reisen unter anderem nach Afrika unternommen hatte. Christoph Kuckelkorn, Leiter des Kölner Rosenmontagszuges hatte Niedecken angerufen und gefragt ob er nicht mithelfen wolle das Thema Afrika im Kölner Rosenmontagszug zu besetzen. „Als ich meinen ersten Termin bei Wolfgang Niedecken hatte, hatte ich einen Kloß im Hals“, so Kuckelkorn, der sich auch als großer BAP-Fan outete: „Niedecken war mein Idol“. Jetzt stehen die beiden Herren im Kölner Karnevalsmuseum und lachen und freuen sich über die Entwürfe für die kritischen Wagen zum Thema Afrika. Dem Gerücht, dass BAP jetzt in den Karneval gehen und auf Sitzungen auftreten werde, widerspricht Niedecken sofort: „BAP ist keine Karnevalsband, sondern eine Rock´n Roll-Band.“

Kuckelkorn machte mit der Einladung an Niedecken noch einmal deutlich, wie er den Zug strategisch ausrichten will. Politischer, aktueller, aber auch Themen besetzen die medial regional, national und international nicht an der Oberfläche schwimmen. Mit dem Guantanamo-Wagen in der letzten Session habe man damit schon einen Anfang gemacht, denn das Thema sei immer noch aktuell, so der Rosenmontagszugleiter. Zusätzlich will Kuckelkorn Menschen als Botschafter für Themen stärker einbinden, daher rührt die Zusammenarbeit mit Wolfgang Niedecken, der sich seit Jahren für Afrika engagiert, das Thema der beiden Geheimwagen. „Die Ideen für die Gestaltung der Wagen habe man in den letzten Wochen entwickelt und sehr intensiv feingetunt, so habe man fast täglich miteinander telefoniert“, erklärte Kuckelkorn.


Stellten differenziet die inhaltliche Auseinandersetzung der zwei Geheimwagen vor: Wolfgang Niedecken und Christoph Kuckelkorn.

Seit Jahren für Afrika engagiert: Wolfgang Niedecken
Niedecken machte deutlich wie sehr ihn die Anfrage gefreut habe, vor allem weil es um ein Thema gehe, dass ihn wirklich bewege. Daher sei er als Botschafter für Afrika aktiv, auch weil Medien immer wieder Themen wie etwa die Kindersoldaten in Norduganda verdrängen. Genau dieses Thema ist jetzt auf dem Wagen „
weckjezäppt!“ zu sehen. Wir wollten keinen Stimmungskillerwagen bauen, sondern den Finger in die Wunde legen, daher war auch schnell klar, dass wir zwei Wagen brauchen werden, erläuterte Niedecken. Wir sehen ein Ehepaar vor dem Fernseher. Wir sehen Szenen aus dem Krieg und Kinder die help rufen und wir sehen eine riesige rote AIDS-Schleife auf dem afrikanischen Kontinent. „Damit haben wir das Thema Kindersoldaten in Afrika wieder ganz dicht in unsere Gesellschaft zurückgeholt“, so Niedecken. Der zweite Wagen setzt sich mit dem Thema Korruption auseinander und trägt den Namen „dä Sponsor kütt“. Der Wagen zeige deutlich, dass wir in der ersten Welt, so Niedecken, mitverantwortlich und -schuldig an der Misere in Afrika, am Leid der Kindersoldaten sind. Und dass wir an der illegalen Ausbeutung des schwarzen Kontinents immer noch kräftig verdienen. So etwa am Raubbau des Metalls „Coltan“, das sich in unseren Mobiltelefonen findet. Im Ostkongo wird das Metall von Kindern abgebaut, es verdrängt die letzten dort lebenden Gorillas, die einen immens wichtigen Einfluss auf unser gesamtes weltweites Ökosystem haben. Dazu komme die Korruption von Zollbeamten und das dies alles illegal geschehe. Niedecken versteht die Wagen nicht als Belehrung, sondern wünscht sich, dass die Wagen die Kölnerinnen und Kölner zum Nachdenken bringen und anregen sich mehr mit diesen Themen auseinanderzusetzen.

Auch bei den beiden Gesellschaften, die die Wagen besetzen werden, der KG UHU und der KG Seiner Tollität Luftflotte freut man sich auf die Wagen und die Themen. Dietmar Wilms, der die Entwürfe gezeichnet hatte freute sich sehr über die Zusammenarbeit mit Wolfgang Niedeggen, alleine Wagenbauer Hillebrenner erinnerte an die Zeitnot und wäre am liebsten sofort in die Wagenbauhalle zurückgerannt. Die ist noch hermetisch verschlossen. Dort wird man allerdings auch in den nächsten Nächten noch Licht sehen, denn die Wagenbauer müssen jetzt alles geben um die Wagen alle noch fertig zu bekommen, denn einmal nur im Jahr ist Rosenmontag und der Termin steht schon fest.

Viel Lob vom Künstler und Musiker für die Wagenbauer: „Das sind echte Profis, ich hätte nicht gedacht, dass das Entwurf und Umsetzung so schnell geht“. Bei einem Besuch in der Wagenhalle stellte Niedecken fest, dass die beiden Geheimwagen schon zu 2/3 fertig seien. Niedecken wertschätzt neben der hohen Kreativität auch die physische Arbeit beim Wagenbau und bedauerte, dass die tollen Skulpturen, die eine Session nicht überleben. Niedecken: „Das sind phantastische Kunstwerke und Skulpturen“.

Jahrelang als Gespenst im Kölner Karneval
Am Ende lüftet Niedeggen ein Geheimnis. Als seine Söhne noch mit ihm in den Karneval wollten, ging er immer als Gespenst, auch um nicht erkannt zu werden. Die hätten ihren Vater allerdings gerne einmal anders gesehen. Welches Kostüm er überstreifen wird um sich den Zoch anzusehen, das steht noch nicht fest. Da aber seine Frau absolut jeck ist, gleiche das Niedeckensche Wohnzimmer schon seit Wochen mehr einem Schneideratelier. „Meine Frau schafft das schon, dass ich unerkannt bleibe und wenn ich eine Burka trage“, so Niedecken lachend und gab damit nicht preis in welchem Kostüm er sich den Rosenmontag ansehen werde.


Vertreter der Karnevalsgesellschaften die die Wagen besetzen werden, Christoph Kuckelkorn, Leiter des Kölner Rosenmontagszuges, Wagenbauer Hillebrenner und Wolfgang Niedecken beim Familienfoto.

Als Kind habe er jahrelang den Rosenmontagszug von der Severinsstraße Nr. 1 aus verfolgt, seinem Elternhaus. Vor allem aber der Zug von Jan und Griet habe ihn fasziniert und später habe er intensiv in der Südstadt selbst gefeiert und den Nubbel mitverbrannt. Die Einladung des Rosenmontagszugleiters Christoph Kuckelkorn in diesem Jahr auf dessen Wagen mitzufahren, musste Niedecken leider absagen, obwohl sich seine Familie schon darauf gefreut hatte, da er sich ein Innenband gerissen hat. Allerdings sprach Kuckelkorn gleich eine Einladung für das nächste Jahr aus. Mal sehen ob man dann den BAP-Frontmann Kamelle schmeissen sieht, als Gespenst…

[ag]