Die Auktion in New York ruft auch noch einmal die Tatsache in Erinnerung, dass Köln bereits vor 500 Jahren ein bedeutendes internationales Kunstzentrum war. Stephan Lochner, von dem der Dreikönigsaltar im Dom stammt, war so etwas wie ein Starkünstler der Zeit. Und die "Altkölner Meister", die heute im Wallraf-Richartz-Museum Schulklassen eher langweilen, waren aus der Perspektive der Zeit junge, innovative Kunst, auch international auf der Höhe der Zeit.
 
Bei Christie’s vermutet man, dass das kleine Tafelbild einmal Teil eines größeren Altars gewesen ist, von dem aber nichts bekannt ist. Den grün gewandeten Johannes auf Goldgrund datieren die Christie’s-Experten "fast sicher" auf die 1. Hälfte des 15. Jahrhunderts. Das wäre noch vor der Zeit des Starkünstlers Lochner, der 1451 wahrscheinlich an der Pest in Köln starb. Aus der Zeit vor Lochner sind aber keine Künstler namentlich bekannt; sie werden deshalb
gewöhnlich nach einem wichtigen Werk benannt. Damit beginnt das Lieblingsspiel der Kunsthistoriker, die Datierung und Attribution, die sich tatsächlich oft wie ein Krimi liest.
 
Stammt der "Johannes", der in New York auf einen neuen Käufer wartet, nicht von Lochner, könnte der Meister der Heiligen Veronika, der bedeutendste Kölner Maler der Internationalen Gotik, der wohl zwischen 1395 und 1415 gelebt hat, der Schöpfer sein. Er erhielt seinen Notnamen, nach der "Heiligen Veronika mit dem Scheißtuch" (ca. 1420), das heute in der Alten Pinakothek in München ausgestellt wird, ursprünglich aber für die Kölner Kirche St. Severin bestimmt war.
 
Aufgrund von Stilvergleichen schließt Christie’s den Meister der Heiligen Veronika aber aus. Eher käme einer seiner Schüler in Frage, der Meister von St. Laurenz, von dem die Kunsthistoriker annehmen, dass er zwischen 1415 und 1430 in Köln aktiv war. Ihm wurde ein Fragment des Altars der ehemaligen Kirche St. Laurenz zugeordnet, wodurch er seinen Namen bekam. Das Bild "Maria im Paradiesgarten", das heute im Wallraf-Richartz-Museum hängt, zeige große
stilistische Ähnlichkeiten.
 
Bis zum Auktionstag ist das Kunstwerk auch auf der Christie’s-Website (
www.christies.com) zu sehen. Besonders schön die Zoom-Funktion, die es auch erlaubt, Details zu studieren. Das Wallraf-Richartz-Museum (http://www.wallraf.museum) ist täglich (außer Mo) von 10-18 Uhr geöffnet. Der Dreikönigsaltar im Kölner Dom, auch Altar der Stadtpatrone genannt, kann täglich zwischen 6-19h30 besucht werden. Auf der Website des Doms (www.koelner-dom.de/17346.html) finden sich auch Detailansichten.

Christoph Mohr