Der Sittich und die Stadt
Als Tue Greenfort, geboren 1973 in Dänemark, Köln besuchte, verzauberte die Stadt ihn sofort. Das lag jedoch weder am Dom, noch an der berüchtigten rheinischen Fröhlichkeit. Es waren die kleinen, grünen Papageien, die es dem Dänen angetan hatten. Denn die Halsbandsittiche passten eigentlich nicht in das Stadtbild Kölns. Trotzdem haben sie sich in der Domstadt einen neuen eigentlich artfremden Lebensraum geschaffen. Dieses Phänomen inspirierte Greenfort zu seinem Entwurf: Eine Video-Überwachung und Live-Stream-Übertragung an der Haltestelle Breslauer Platz. Dort wären die Vögel dann in ein paar Jahren live beim Schlafen, Essen und Brüten zu beobachten.

Dazu soll je eine Kamera am Eingang eines existierenden Sittich-Nestes, eine in einem ausgewählten Schlafbaum der Sittiche und eine in einem Nistkasten angebracht werden. Registriert dann eine der Kameras eine Sittich-Bewegung, schaltet sie live zur Station am Breslauer Platz. Wie genau die Übertragung umgesetzt wird, ist derzeit noch unklar. Greenforts ursprünglicher Plan sah vor, dass die Sittich-Bilder live auf die Werbetafel und Infopoints an der Haltestelle eingespielt werden. Dagegen sprechen allerdings nun rechtliche Probleme. Denn schließlich haben die Unternehmen dafür gezahlt, ihre Werbung ausstrahlen zu können. Mit seiner Idee bringt Greenfort den Kölnern und Gästen der Domstadt nicht nur das Leben der Sittiche näher. Er spielt zugleich mit dem Element der Video-Überwachung, die auch an den Stadtbahnhaltestellen der KVB, in den Zügen und an anderen öffentlichen Plätzen vorgenommen wird.


Foto: Die Künstler (von links) Heim Zobernig, Tue Greenfort und Werner Reiterer – Katharina Grosse war nicht anwesend.


1,5 Millionen Euro für die Gestaltung der Haltestellen
Grenforts Sittich-Konzept ist eines von insgesamt vier Gestaltungsideen für die Haltestellen der Nord-Süd-Stadtbahn. Neben dem Breslauer Platz sollen auch die Stationen Rathaus, Heumarkt und Chlodwigplatz künstlerisch ausgebaut werden. Für mehr Haltstellen reichte das Geld nicht, erklärte gestern Georg Quander, Kulturdezernent der Stadt Köln. Im November 2006 hatte der Stadtrat beschlossen, dass die Haltestellen eine besondere Gestaltung erhalten sollen. Dafür stellte die Stadt 1,75 Millionen Euro zur Verfügung. 1,5 Millionen Euro werden nun für die Realisierung der Künstler-Entwürfe eingesetzt. Von dem restlichen Geld wurde die EU-weite Ausschreibung des Wettbewerbs bezahlt. Insgesamt hatten sich über 200 Künstler für das Projekt beworben. Eine erste Jury wählte 40 Künstle aus, die jeweils einen Entwurf einreichten. Die Entscheidung über die Haltestellen-Gestaltung fiel dann im September 2009. Neben Tur Greenfort erhielten Heim Zobernig, Werner Reiterer und Katharina Grosse von der Jury den Zuschlag.

Zu sehen sein werden die Haltestellen erst nach der vollständigen Fertigstellung der Nord-Süd-Bahn. Jürgen Fenske, Sprecher des Vorstandes der KVB, erklärt dazu gestern: „Die Bahn wird frühestens 2013 fahren können, nach meiner persönlichen Einschätzung eher 2014.“ Bis dahin werden sich die Kölner und Besucher noch gedulden müssen.

Die Gestaltung der KVB-Haltestellen im Überblick


Bild: Skizze zur Gestaltung der Haltestelle Heumarkt


Heumarkt: Ein Geisterzug geht um
Überraschende Blicke werden künftig an der Haltestelle Heumarkt nicht selten sein. Denn Werner Reiterer aus Wien hat sich etwas Ungewöhnliches ausgedacht. In regelmäßigen Abständen wird über die Lautsprecher der KVB folgende Ansage erklingen: „Achtung! Ein Sonderzug fährt durch“. Anschließend sollen aus Lautsprechern im Gleisbett Geräusche eines vorbeifahrenden Zuges zu hören sein. Irritierung der Fahrgäste ist hierbei ausdrücklich erwünscht. Um diese nicht zu sehr zu stören, soll die Installation nur zwischen 20 Uhr und Mitternacht laufen. Der Geisterzug spielt auf diese Weise mit der rastlosen Mobilität seiner selbst. Denn er fährt unsichtbar und ohne Haltestellen ständig im Kreis.


Bild: Entwurf zum Wandfies von Heimo Zobernig


Rathaus: Wandfries mit Selbstreflexion
Der Entwurf von Heimo Zobernig spielt mit den beiden Haltestellenseiten. In der Mitte beider wird ein Wandfries – bestehend aus einzelnen, zweischaligen Aluminiumtafeln – montiert. Einmal als Negativ und einmal als positiv stellen die Tafeln abstrahiert den Schriftzug der Haltestelle dar. Dabei sollen die Buchstaben als fließender Text ohne Unterbrechung aneinandergereiht werden. Dadurch soll sich das Wandfries erst in mehrmaliger Betrachtung erschließen und bei jeder Wiederholung neue Aspekte offenbaren. Der Text im Wortlaut: „Wandgestaltung NordSüdStadtbahn Köln Haltestelle Rathaus Richtung Süd“ bzw. „Richtung Nord“.


Bild: Entwurf für die Wandmalerei von Katharina Grosse


Chlodwigplatz: Farbgewalt statt Graffiti
An dieser Station wird Katharina Grosse eine farbgewaltige, abstrakte Wandmalerei in Sprühtechnik anbringen. Die Nähe zu Graffitis im öffentlichen Raum soll jedoch nur angedeutet werden. Denn bewusst grenzt sich Grosse davon ab. So breitet sich bei ihr die Farbe über die gesamte Wand und verzichtet daher im Gegensatz zu Graffitis auf Konturen. Zudem baut sie keinerlei Verbindung zur Alltagskultur auf – beispielsweise durch Zitate oder figürliche Darstellungen. So will Grosse die gegenweltliche Erfahrung unter der Erde unterstützen und erlebbar machen.

Cornelia Schlößer für report-k.de/ Kölns Internetzetiung
[Entwürfe der Haltestellen-Gestaötung: KVB]