Um was geht es genau. Schon zum Cologne Pride 2005 hatte eine Ausstellung und ein Gespräch im Bezirksrathaus Köln Innenstadt für Furore gesorgt. In Polen werden Schwule und Lesben diskriminiert. Der neueste, bekanntgewordene, Fall ist in Poznan am 19.11.2005 vorgefallen. Der KLuST (Kölner Lesben und Schwulentag e.V.) berichtet: Lesben und Schwule hatten einen sogenannten "Gleichberechtigungsmarsch" angemeldet. Dieser war vom Bürgermeister der Stadt Poznan (Posen) zunächst auch genehmigt worden. Auf Druck rechter polnischer Gruppierungen war die Demonstration dann verboten worden. Dennoch versammelten sich einige Lesben und Schwule friedlich. Die Polizei löste daraufhin gewaltsam die Versammlung auf, das Vorgehen der Polizei ist auf einem Videoband das dem Kölner Lesben- und Schwulentag vorliegt dokumentiert.

Potyrala in der Mitte des Fotos mit dem schwarzen T-Shirt und er Aufschrift: "Keiner ist befleckt" – was so viel bedeutet wie Jeder Mensch hat seine Rechte, lebt seit sechs Monaten in Deutschland. Rechts neben ihm Markus Dannuser mit der Resolution des KLuST

Der junge schwule Pole Potyrala, der seit sechs Monaten in Deutschland lebt, hat noch Kontakt in seine Heimat und in die dortige Szene. Er nahm an der Demo heute teil und berichtete, daß ein Teil der Lesben und Schwulen wieder freigelassen wurden, es aber immer noch Menschen der friedlichen Versammlung von Poznan gibt, die momentan noch inhaftiert sind. Seine Situation als Schwuler Mann in Polen, selbst als er in Warschau lebt, bezeichnete er als ein Leben in Angst vor körperlicher Gewalt. "Mann kann nicht offen leben", sagte Potyrala. Für die inhaftierten Lesben und Schwulen fürchtet er wird es Strafen, im besten Fall Geldstrafen geben.

Andreas Wolter (Bündnis 90/Grüne), Kölner Ratsmitglied, steht auch in der Lindenallee. Wolter berichtet von einer Polenreise in diesem Herbst, daß auch er mit eigenen Augen gesehen hat wie diskriminiert Lesben und Schwule in Polen werden und wie versteckt sie als Minderheit leben müssen. Ratsmitglied Ralph Sterck, FDP, findet treffende Worte. "Wir leben in Deutschland und besonders in Köln auf einer Insel der Glückseligkeit", was lesbisches und schwules Leben betrifft. Der direkte Nachbar ist da 30-40 Jahre zurück und es kann für Sterck nicht sein, daß die Lesben und Schwulen in Polen den gleichen langen Kampf wie die Bewegung in Deutschland durchmachen muss.

Aufgerufen zur Kölner Demonstration haben der Landesverband NRW des Lesben und Schwulenverband in Deutschland e.V. (LSVD), das Schwule Netzwerk NRW e.V. und der Kölner Lesben- und Schwulentag e.V.. Gemeinsam hat man auch eine Resolution an den polnischen Staatspräsidenten Aleksander Kwasniewski verfasst, in der die Einhaltung der europäischen Menschenrechte gefordert wird, aber auch die Botschaft vermittelt wird Lesben und Schwule in Polen als Bereicherung des gesellschaftlichen Lebens im Lande zu begreifen. Diese Resolution wird auch an die Bundesregierung und an den Europäischen Rat und die Europäische Kommission weitergeleitet.

Immerhin läuft ja zur Zeit das "Deutsch-Polnische  Jahr", ein Jahr des Dialogs, so haben es die Präsidenten Köhler und Kwasniewski festgelegt. In der Idee heisst es dann auch so schön: "Es kann nicht genug Gelegenheiten geben, unsere gemeinsame europäische Identität darzulegen, die im gemeinsamen Wertesystem, in der Tradition, in der Kultur, in den Bräuchen und im Rhythmus des Alltags zum Ausdruck kommt." (Die gesamte Erklärung finden Sie im Netz hier: http://www.de-pl.info/de/page.php/category/2)

In Marienburg war der Dialog heute sehr einseitig. Die Demonstranten hielten Ihre Transparente hoch, die Sicherheitskameras guckten zu, ein Polizeiwagen. Die Generalkonsulin Elzbieta Sobotka war nicht zu sprechen, ein Anruf des KlusT die Tage zuvor gab die Auskunft am Wochenende sei niemand da. Auch kein Aussenbriefkasten, so musste die Resolution unter ein regensicheres Vordach geworfen werden. Der KLuST wird die Resolution aber auch sicherheitshalber noch per Post zuschicken. Ein bischen mehr Offenheit und Dialog von polnischer Seite wäre, europäisch gesehen, erfreulicher gewesen, auch wenn es Wochenende und das Thema schwierig ist. Aber gerade bei schwierigen Themen manifestiert sich offener Dialog.


Nur die Kameras sahen sich die Demo an, kein Vertreter des Generalkonsulats weit und breit

Der KLuST will den Dialog auf alle Fälle fortsetzen. "Der Cologne Pride 2006 wird unter ein europäisches Motto gestellt", erklärte Markus Danuser. Auch will man wieder Lesben und Schwule aus Polen einladen, generell aus den östlich gelegenen Staaten. Um einerseits den Dialog zu fördern, aber auch um über die Lebensituation von Lesben und Schwulen, in Ländern wie Polen, sich und andere zu informieren. Und die Lesben und Schwulen weiterhin dabei zu unterstützen für gesellschaftliche Akzeptanz und rechtliche Gleichstellung von Homosexuellen zu kämpfen.

Text und Fotos: Andi Goral für report-k.de / Kölns Internetzeitung

Köln – 3.12.2005 –