100.000 Euro jährlich für die Steuerzahler
Rund 1.000 Mal, also drei Mal am Tag, wird der Heinrich-Böll-Platz über der Kölner Philharmonie komplett gesperrt. Damit kein Straßenlärm die Akustik der Philharmonie stört, wird der Platz bei jeder Probe und jedem Konzert gesperrt. Das kostet laut dem Bund der Steuerzahler die Bürger rund 100.000 Euro pro Jahr. Mit diesem Fall hat es die Stadt Köln nun auf den vierten Platz im Bereiche „Fehlplanung“ des Schwarzbuches des Bundes der Steuerzahler geschafft. „Da wäre es doch günstiger, den Schallschutz zu verbessern“, heißt es in dem Schwarzbuch. Die Stadt sähe das jedoch anders und hätte in einer Untersuchung im Jahr 1998 festgestellt, dass die Verbesserung des Schallschutzes 9,2 Millionen Mark kosten würde. Der Bund der Steuerzahler wirft der Stadt jedoch vor, dass der Umbau auf lange Sicht den Bürgern dennoch günstiger käme. So würde eine Umrüstung verteilt auf 30 Jahre jährlich etwa 157.000 Euro kosten. Laut dem Bund der Steuerzahler habe die Stadt, nachdem der Fall aufgegriffen wurde, erklärt, die Umrüstung würde zehn Millionen Euro kosten.

Das Schwarzbuch der Steuerzahler kritisiert darüber hinaus folgende Tatsache: Die Nord-Süd-Bahn verlaufe so dicht an der Philharmonie, dass jede Bahn im Konzertsaal zu hören sein würde. Das wiederum scheine die Stadt nicht zu stören, da keine Maßnahmen zur Schalldämpfung unternommen worden seien. Der Kölner Heinrich-Böll-Platz ist einer von 128 Beispielsfällen, anhand deren der Verband den verschwenderischen, unwirtschaftlichen oder fahrlässigen Umgang mit Steuergeldern aufzeigt. In verschiedenen Kategorien werden z.B. Fehlplanungen, Baukostenexplosionen oder die Folgekosten der Bürokratie für die Steuerzahler exemplarisch benannt. Auch die Reiselust einiger Volksvertreter wird in einem Kapitel aufgegriffen.

Stadt Köln: Lärm konnte man nicht ahnen
Der Einsatz von Personal auf dem Heinrich-Böll-Platz oberhalb der Kölner Philharmonie stellt nach Ansicht der Stadt Köln im Vergleich zu einem kompletten Neubau des Daches die derzeit die wirtschaftlichere Lösung dar. Die Stadt Köln wies damit heute die Kritik des Deutschen Steuerzahlerbundes zurück. Der Heinrich-Böll-Platz wurde oberhalb des Großen Konzertsaales der Philharmonie in den achtziger Jahren angelegt. Die Gestaltung des Platzes mit seiner Einbeziehung von verschiedenen Kunstwerken gelte heute noch als eine der herausragenden städtebaulichen und architektonischen Leistungen in der Bundesrepublik. Die notwendige Schallisolierung für den Saal wäre damals entsprechend der geltenden DIN errechnet, geplant und durchgeführt worden. In den 80er Jahren wären jedoch weder Skateboardfahren noch Inline-Skaten noch das Ziehen von Rollkoffern mit Hartgummirollen gängige Erscheinungen auf deutschen Plätzen gewesen. Für Probleme bei der Schallübertragung seien aber ausschließlich Hartgummirollen verantwortlich. Fußgänger und Radfahrer, die den Platz queren, würden dagegen keine problematischen Geräusche im großen Konzertsaal verursachen.

Erste Beschwerden erst 1996
Erst 1996 seien Beschwerden wegen Störungen der Probetätigkeit, meist in den Tagesstunden, bekannt geworden. Ein 1998 in Auftrag gegebenes Gutachten hätte damals die erhöhten Fremdgeräuschpegel festgestellt. Danach erfolgten laut Stadt diverse Beratungen unter Einbeziehung der Architekten, der früheren Baufirmen, der Bauleitung sowie Statikern und weiterer Fachleute. Bis heute hätte jedoch keine in sich überzeugende technische Lösung erarbeitet werden können, da die vorgeschlagenen Lösungen nicht dem architektonischen Anspruch an die Umgebung des Komplexes und nicht den statischen Anforderungen an die Konzertsaaldecke genügen würden. Außerdem hätten sie nicht die notwendige Reduzierung der störenden Geräusche im Konzertsaal erbracht.

Aufpasser heute auch Besucherauskunft
Die Kosten für tragbare Lösungen seien damals mit circa 9,2 Millionen Mark beziffert  worden. Die damaligen Kölner Baudezernenten Christoph Blume und später Prof. Bela Dören, hätten deshalb auf einen Neubau des Platzes verzichtet, da sich der Einsatz von Personal als die wirtschaftlichere Lösung gezeigt hatte. Das dort eingesetzte Personal habe inzwischen nicht nur die Aufgabe übernommen, zu Probe- und Aufnahmezeiten im Konzertsaal auf dem Platz eine Besucherlenkung vorzunehmen, sondern habe sich zu einer Art Besucherauskunft entwickelt. Sie würden gleichzeitig Touristen und Messebesuchern Auskünfte zu gesuchten Orten und Sehenswürdigkeiten geben. Derzeit teste die Stadtverwaltung verschiedene Fugenmaterialien am Pflasterbelag. Mit diesen Versuchen soll die Reparaturhäufigkeit des Belages durch lose Pflastersteine und dementsprechend die Verkehrssicherheit des Platzes verbessert werden.

Cornelia Schlößer für report-k.de/ Kölns Internetzeitung
[Foto: nikolaus67/ www.pixelio.de]