Die ganz jungen Wilden
Los ging es mit den Jüngsten der Jungen. Das Kinderballett "Schnäuzer Pänz" der KG UHU brillierte mit netten Tanzeinlagen. Es zeigt sich, dass man mit den Jugendtanzgruppen Nachwuchs für den Karneval rekrutieren kann. Denn so haben die UHUs festgestellt, beim Dellbrücker Straßenkarneval sind Kinder, deren Eltern nicht bei der Gesellschaft sind auf die Tanzgruppe aufmerksam geworden und verstärken jetzt die junge Truppe. Mittlerweile hat die Gruppe wie man selbst angibt, ein Repertoire von 25 Minuten. Philipp Bolz ist 14 Jahre jung und hat bei einem Spanienurlaub mit seinen Eltern die Figur des "Mallorca-Animateurs" erfunden. Sein großes Vorbild ist Hans Bols "Et Botterblömche". Stefan vom Bersch hat mittlerweile eine tiefe Stimme, ist heute 15 Jahre jung und ist seit seinem 4.Lebensjahr Mitglied des 1. Karnevalsvereins der Kiescheflitscher Rurberg Woffelsbach. Schon im zarten Alter von 5 Jahren stand er zum ersten Mal in der Bütt. Sein Vortrag drehte sich um die Auswirkungen der Schweinegrippe im Fasteleer, Bikinihöschen in Italien, klar mit tiefer Stimme interessiert man sich für dergleichen und die Fahrschule. Die Berater von der Akademie sollten sich allerdings die Frage stellen, ob ein 15jähriger frauenfeindliche Witze auf der Bühne verbreiten sollte, die übrigens auch im Saal nicht ankamen.

„Kölschraum“ – Kölschpop schlicht, aber eingängig
Die Texte von „Kölschraum“ sind auch dann noch mitsingbar, wenn man nicht mehr ganz klar sieht und mit "Fastelovend op d´r Eck, na wat is dat nett" macht man sicher auch nichts falsch. Mit dabei bei "Kölschraum" ist kein Unbekannter Christian Bröling, der 7 Jahre Kommandant beim Tanzcorps KG Sr. Tollität Luftflotte war und dort 10 Jahre tanzte. Er kennt den Fastelovend sicher wie kein Zweiter. Die vier jungen Musiker machen frischen Sound, der zugegebenermaßen jetzt nicht vor ausgefeilter und ausgefallener Melodien oder Rhythmik strotzt, sondern eher schlicht, aber dafür sehr eingängig organisiert ist. "Kölschraum" präsentiert sich so, als die nette Band von nebenan und greift auch diese Themen auf, wie "was wäre Köln ohne Dom" oder die Fahrten mit der KVB. "Kölschraum" war in diesem Jahr zum ersten Mal beim Literarischen Komitee auf der Bühne und ihre Ansätze sind durchaus ansehnlich. Man kann gespannt sein, wie sich "Kölschraum" entwickelt.

„Der Präsident“ – ist immer noch allein
Er ist immer noch sein erstes und einziges Mitglied in der "KG Övverm Bersch e.V.". „Der Präsident“ erzählt aber mittlerweile auch Opel Witze und erklärt wie das Internet funktioniert – scheint aber dabei selbst nicht mehr 100 % up to date zu sein, oder traut dies seinem Publikum nicht zu. Die Zeiten als Boris Becker den Menschen erklärte "Ich bin drin" sind vorbei und in dieser Internetzeit des letzten Jahrhunderts ist der Vortrag des „Präsidenten“ angelegt. Da wünschte man sich mehr Aktualität. In diesem Jahr allerdings hat er sein Programm ausgeweitet mit allgemeinen Witze-Einspielern, nicht ohne immer wieder auf die "KG Övverm Bersch e.V." zu retunieren. Wie der Einstieg mit der eigenen KG, so gestaltet er auch sein Finale. Der Präsident ist Thomas Beys aus Jülich. Spannend ist an der Rolle des "Präsidenten", dass sie ihren Interpreten eigentlich nicht aus seiner Rolle entlässt und ob da der Königsweg sein wird rollenfremde Witze einzuspielen? Wir sind gespannt auf die Reaktionen des echten Publikums.

„Harry und Achim“ – Haare in der Waschmaschine gewaschen
Ein klassisches Zwiegespräch. Plan A und Plan B sind: Man macht sich gegenseitig fertig. Einer ist der Schlaue und der Schnelle, der andere der Langsame. Natürlich geht es ums Aussehen des einen, auch wenn der andere seine Haare, die Perücke in der Waschmaschine waschen kann. Dafür aber ein imposantes Barthaar zur Bühne trägt. Im Programm kreist man um Kreisverkehre, Abwrackprämie und warum man seinen Wagen nicht in der Küche anderer Menschen zu parken hat. „Harry und Achim“ sind im zweiten Jahr bei der Akademie. Im Karneval kennt man bereits beide aus den Rollen „Dä Huusmeister“ und Achim von „Body und Schmal“. Man wohnt im selben Veedel, geht ab und an ein Kölsch gemeinsam trinken und will jetzt auch den Karneval gemeinsam erleben.

Die „2Jlöckspilze“ haben Zuwachs bekommen
Musik zum Zuhören. Wenn die „2Jlöckspilze“ über ihren Traum „ein Trömmelchen zu sein“ singen, dann ist das hochpoetisch. Die Musiker erzählen Geschichten und haben Liedermacherqualitäten. Etwa wenn sie über Navis für den Einkaufswagen singen, damit man sich im Supermarkt nicht verfährt. Auch der Song "Tatü tata" über die Feuerwehr von „Frengelsheim“ ist musikalisch und textlich fein gestrickt und hat Mitklatschqualitäten. Damit bespielen die „2Jlöckspilze“ sicher eine tolle Nische, dürften es aber leider im Mainstreammarkt schwer haben. Und so viele Flüstersitzungen gibt es nun auch nicht im Kölner Karneval. Die Gründer der „2Jlöckspilze“ verbindet eine schöne Geschichte. Winfried Steinbach und Wolfgang Müllers waren 19 Jahre lang Kollegen und spielten immer mal wieder zu besonderen Gelegenheiten mit der "Quetsch und Schrumm" auf. Die „2Jlöckspilze“ haben sich musikalisch verstärkt und sind jetzt zu Viert. Stevie Evers unterstützt mit der Flitsch und Schrumm und Kai Bosse mit dem Standbass. Damit sind die „2Jlöckspilze“ jetzt ein echtes Krätzchenquartett.

„Vingströschen“ – Geschichten mitten aus dem Vingst
Geschichten aus dem Leben mitten aus Köln-Vingst. Bräunungsstudio, Aldi, Okzident und Orient, das Vingster Gedeck und die große Liebe zu Ahmed. Nichts was „Vingströschen“ auslässt, keine Diät und natürlich singt sie auch einen Coversong auf den Emiliana Torrini-Titel "Ming Hätz klopft wie en Fastelovendstrumm". Rosi aus Vingst ist neu und seit diesem Jahr beim Literarischen Komitee des Festkomitees. Das „Vingströschen“ so der Begleittext hat die "Schnüss am Kopp". Die junge Dame tritt sehr kontrastreich auf in Neonpink und mit wie die Amerikaner zu sagen pflegen „High Hair“. Auch die Sonnenbrille spricht Bände. In Ihrer urwüchsigen Art platziert sich das „Vingströschen“ nicht unbedingt distinguiert auf der Bühne, aber das ist auch, so interpretieren wir das jetzt mal, so nicht beabsichtigt. Für einen ersten Auftritt auf einer so großen Bühne eine beachtliche Leistung.

Narrenrock – junge Nachwuchsgutelaunepopmusiker
"Ich wünsch mir einmal Prinz zu sein". Fünf flotte Jungs machen gute Laune Sound, sicher für den ein oder anderen älteren Besucher im Saal zu laut. Bei der gefühlvollen Nummer hätte der Mann am Lautstärkeregler aber definitiv einige Stufen runterfahren müssen. Das war ein wenig zu laut. Auch wenn man ab und an natürlich die großen Vorbilder durchhört, bemühen sich Narrenrock um einen eigenständigen Sound und Texte, der sehr eingängig ist, auch wenn der Sänger ein paar Höhen mehr vertragen könnte.

Knittler – die Musikkünstler auf der Bühne
Da steht einer auf der großen Bühne und singt immer noch "Kumm loss mer singe". Pur und mitten aus dem Herz, ungeschminkt. Knittler und die fünf Jungs die mit ihm Musik machen sind Vollblutmusiker und das merkt man. Da gehen musikalische Welten auf und von einem Moment auf den anderen spürt man hier machen Musiker Kunst. Auch Knittler bringt ein kölsches Cover auf "my heart is beating like a jungle drum – rakatungtungrakatungonburubummbummbumm…" von Emiliana Torrini mit, aber eine echte Interpretation und keine Karaoke Nummer. Ins Kölsche übertragen heißt das natürlich mein „Herz schlägt wie eine Fastelovendstrumm“, was sonst. Wie unsere Großmutter schon zu sagen pflegte: „Viele fühlen sich – nur wenige sind berufen.“ Knittler und seine Band gehört zu den Berufenen.

„En Spielerfrau vom 1. FC Köln“ – geniale Idee an der Umsetzung muss gefeilt werden
Die Idee ist gut. Die Rede ist aber leider nicht so wirklich witzig, sondern mehr eine monotone Aneinanderreihung von allgemeinen Platitüden. Die Type als blondes Dummchen nicht ganz verkehrt angelegt, aber dann werden leider nur platte und oftmals derbe Scherze deren Pointe mehr als vorhersehbar ist vorgetragen. Aber die Akademie wird hier sicher noch Unterstützung bieten. „En Spielerfrau vom 1. FC Köln“ ist Sabine Leuker und auch zum ersten Mal auf der Bühne des Literarischen Komitees.

Elke Breu – Schlagerpop
Elke Breu bringt sogar eine Sirtaki-Tanzgruppe mit aus der griechischen Gemeinde in Ehrenfeld. Elke Breu ist eine kölsche Schlagersängerin die musikalisch an die großen Zeiten des deutschen Schlagers des letzten Jahrhunderts anschließt. Dazu bietet sie eine professionelle Show.

Der Berliner Politikerinnenfahrer – „Dä Schofför“
Der Opa hat den Adenauer gefahren, der Papa den Schmidt und er der kölsche Jung die Merkel aus der Uckermark. Die Rede kreist um alte Frikadellen, Berliner Schnauze und die Prostata Probleme des Senats der Roten Funken. Natürlich lässt er sich den Wagen nicht klauen, natürlich kennt er Berlusconi und auch Frau von der Leyen ist nicht sicher vor ihm. Ab und an wirft er einen bösartigen Scherz ab, aber der Fluss in der Rede fehlte immer mal wieder und so richtig bissig war „Dä Schofför“ auch nicht. „Dä Schofför“ ist im wahren Leben Jens Singer und mehr durch Zufall auf die große Bühne gekommen als er bei einer Sitzung der Großen Dünnwalder KG Fidele Jonge einsprang und auf die Bühne kletterte. Aber nicht nur auf der Bühne hat Dr. Jens Peter Singer mit Berlin zu tun, denn im wahren Leben ist er im Auswärtigen Amt beschäftigt. Auch „Dä Schofför“ ist zum ersten Mal auf der großen Bühne und wird sicher in den nächsten Jahren noch reifen.

„Tino vom Taxi“ – der kölsche Pavarotti
Äußerst professionell dann der Auftritt von „Tino vom Taxi“ – Tino Selbach. Ein Künstler der sich mit Köln auseinandersetzt und dies intelligent in Sprache und gute Coversongs umsetzt. Witzig, kritisch und locker setzt er die Probleme des Alltags um und nennt sie einfach aber nicht bösartig beim Namen. Wenn er etwa Niedecken als den Muezin Kölns benennt, oder Kardinal Meisner als Rache Gottes für die Sünden dieser Stadt aufführt, dann sind ihm die Lacher im Saal sicher. Freuen sie sich auch im zweiten Jahr auf ein hervorragendes Programm, wenn „Tino vom Taxi“ auf dem Auftrittsprogramm ihrer Sitzung steht. Beim Literarischen Komitee gab es für seinen Auftritt ordentlich viel Applaus. Und wenn er seine kölsche Operninterpretation singt, dann gibt es Gänsehautfeeling im jecken Saal. Der Sartory spendete zum ersten Mal an diesem Abend Standing Ovations und schrie Zugabe. Denn wenn Tino vom Taxi singt "ich bin jot drop" dann trägt er diese positive Stimmung auch wirklich in den Saal.

„Schlabber und Latz“ – die Herren mit dem Genitiv hervorragend aufgelegt
Der eine der Herren spricht in wohlfeilem Deutsch, der andere Herr Schlabber übersetzt in perfekt witziger Art und wie man sich vorstellen kann, nicht 1:1 sondern wunderbar falsch ins Holländische. Dann widmen sich die Herren dem Walken, beidseitiger Herzmassage bei Damen in Notlagen mit dem Genitiv. „Denn ist der Genitiv einmal klein, nennt man es Zipperlein“, so die Erkenntnis. Der Genitiv ein besonderer Fall für die Herren „Schlabber und Latz“. Für „Schlabber und Latz“ gab es ebenfalls Standing Ovations. Denn die drei Jahre Akademie sind jetzt absolviert und die beiden gehen als hervorragendes Zwiegespräch in den Kölner Karneval.

Die Kölschen Adler
Mit der Feststellung dass es einem gut geht, wenn man ein Kölscher ist starten die Kölschen Adler als finaler musikalischer Akt in den Treffpunkt Nachwuchs. Neun Musiker bringen fetten Sound auf die Bühne und viel Spaß mit, selbst wenn es um Melaten geht. Die Kölschen Adler haben bestimmt den fröhlichsten Song über den kölschesten der Kölner Friedhöfe geschrieben. Auf alle Fälle platzen die neun Musiker vor Spielfreude und können dies auch in den Saal übertragen. Der letzte Song widmet sich den Kölschen Originalen. Musikalisch breit aufgestellt, machen die neun Jungs pfiffigen und richtig guten Sound.

Das report-k.de-Fazit:
Es gibt viel Neues beim Literarischen Komitee. Nicht alle Künstler können auf Anhieb überzeugen. Das müssen Sie aber auch nicht, denn dafür sind sie in der Akademie und der Vorstellabend ist auch die erste Möglichkeit direktes, aber auch indirektes Feedback eines größeren und noch dazu fachkundigen Publikums einzuholen. Allerdings musste man bei manch einem Scherz schlucken und fragte sich, ob der ein oder andere Hau tief unter der Gürtellinie nicht doch hinter geschlossener Akademietür diskutiert werden sollte bevor er das Scheinwerferlicht erblickt, ohne dabei die künstlerische Freiheit einschränken zu wollen. Geben muss es auch gerade die grellen Künstler, die vielleicht nicht auf eine Galasitzung passen, dafür aber sicher auf manch eine Kölner Kostümsitzung, vor allem zu fortgeschrittener Session. Aber auch nicht jeder Scherz, Witz muss eins zu eins erzählt werden, sondern würde mit einer verblüffenderen Pointe oder Wendung gewinnen. Eine Lanze muss der Kölner Karneval allerdings auch für die leiseren Künstler brechen. Ähnlich wie es ja schon die Flüstersitzung macht, müsste es für die poetischen Beobachterkünstler des Kölner Karnevals, die modernen Krätzchensänger noch ein oder zwei Formate geben, bzw. gerade die kölschen Sitzungen sich ihrer annehmen, um die Kultur hier weiterzuentwickeln und leben zu lassen. Denn auf einer großen trinkfreudigen Sitzung gehen gerade die feinen Töne manchmal unter oder werden je nach Laune auch gerne mal wegignoriert. Mit „Tino vom Taxi“, „Knittler“ und „Schlabber und Latz“ gibt es allerdings gewichtige Hinzugewinne und die schlauen Literaten werden sicher wissen, wie sie sie richtig einsetzen.

Andi Goral für report-k.de / Kölns Internetzeitung