Berlin | aktualisiert 09.25 Uhr, 09.30 Uhr | Im Fall der ehemaligen ukrainischen Regierungschefin Julia Timoschenko erhöht die Bundesregierung den Druck auf die Regierung in Kiew: Die ukrainische Regierung müsse noch vor der Anfang Juni beginnenden Fußball-Europameisterschaft eine Lösung finden. „Aus meiner Sicht kann das nur bedeuten, dass Frau Timoschenko und den anderen Betroffenen unverzüglich die medizinische Versorgung zukommt, die sie benötigen und sie zumindest aus humanitären Gründen sofort freigelassen werden“, sagte der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Markus Löning (FDP), „Handelsblatt-Online“. Von einem Boykott des Fußballturniers hält Löning wenig.

Die EM sei zu einem Zeitpunkt an die Ukraine vergeben worden, als die positiven Entwicklungen in dem Land alle hoffnungsvoll gestimmt hätten. „Leider sehen wir in den letzten Jahren eine Rückwärtsbewegung, die uns sehr enttäuscht.“ Doch, so Löning weiter: „Wir müssen nun mit der Vergabeentscheidung leben.“
Das internationale Augenmerk dürfe daher nicht nur auf den Fußball gerichtet werden, sondern vor allem auch auf die menschenrechtlichen Probleme. So müsse etwa über den Umgang mit Julia Timoschenko und den anderen ehemaligen Regierungsmitgliedern gesprochen werden. „Das passiert gegenwärtig ja auch sehr intensiv“, sagte Löning. Dadurch wird der Druck auf das Regime erhöht.

Sportausschuss-Vorsitzende fordert von UEFA klare Worte zur Ukraine

Berlin | Die Vorsitzende des Bundestags-Sportausschusses, Dagmar Freitag (SPD), hat die Europäische Fußball-Union (UEFA) im Fall der ehemaligen ukrainischen Regierungschefin Julia Timoschenko zum Handeln aufgefordert.

„Ich erwarte, dass auch die nationalen Fußballverbände und die UEFA im Umfeld der Europameisterschaft ihre Verantwortung wahrnehmen und sich kritisch zur Situation in der Ukraine äußern“, sagte die SPD-Politikerin „Handelsblatt-Online“. Als Positivbeispiel nannte sie den Präsidenten des Deutschen Fußballbunds (DFB), Wolfgang Niersbach, der sich bereits deutlich zu Fragen der Menschenrechte und der Unabhängigkeit von Justiz und Medien in der Ukraine geäußert hatte.

UEFA-Präsident Michel Platini hatte die Einmischung in Regierungsangelegenheiten vor der Fußball-EM (8. Juni bis 1. Juli) in der Ukraine und Polen ausgeschlossen. In der Ukraine ist die frühere Regierungschefin Julia Timoschenko aus Protest gegen ihre Haftbedingungen in einen unbefristeten Hungerstreik getreten. Deshalb das Fußball-Turnier zu boykottieren, lehnt Freitag aber ab.
Die Vergabe der EM an die Ukraine sei im April 2007 erfolgt, zu einem Zeitpunkt, als sich das Land im Nachgang zur sogenannten Orangenen Revolution auf dem Weg zu demokratischen Verhältnissen befunden habe. „Diese Hoffnung hat sich durch die politische Entwicklung nach den Wahlen 2010 leider nicht erfüllt“, sagte die SPD-Politikerin. „Unter diesem Gesichtspunkt erscheint es mir aber wichtig, dass auch die UEFA im Licht dieser Entwicklung klare Worte findet, diese fehlen bisher.“

Freitag lobte dagegen Bundespräsident Joachim Gauck, der eine Reise in die Ukraine abgesagt hatte. „Das ist ein wichtiges Signal Deutschlands in Richtung der ukrainischen Regierung.“

Westerwelle: Sorge um Timoschenko wächst

Berlin | Außenminister Guido Westerwelle macht sich wachsende Sorgen um die inhaftierte ehemalige ukrainische Regierungschefin Juli Timoschenko. „Dass die ukrainische Menschenrechtsbeauftragte die Vorwürfe von Misshandlungen bestätigt hat, verstärkt meine große Sorge über die Gesundheit von Julia Timoschenko“, sagte der FDP-Politiker der „Rheinischen Post“. Er erwarte, dass die im Raum stehenden Vorwürfe unverzüglich und restlos aufgeklärt würden.

„Ich fordere die Ukraine auf, dafür Sorge zu tragen, dass Frau Timoschenko und andere oppositionelle Häftlinge gut behandelt werden und endlich auch medizinisch angemessene Betreuung erhalten“, betonte der Außenminister.

Autor: dts | ncn
Foto: Der Fall Timoschenko weitet sich immer mehr aus.