Jährlich bewerben sich bis zu 7.000 junge Menschen bei der Polizei um einen Ausbildungsplatz. Rund ein Drittel davon sind Frauen, erklärt Yvonne Entrup aus der Abteilung für Personalwerbung bei der Polizei Köln. Sie selbst ist täglich als Personalwerberin unterwegs. Sie besucht etwa Bildungsmessen und Schulen und fährt sogar zu interessierten Bewerberinnen nach Hause. Entrup kann jungen Frauen nicht nur über die nötigen Anforderungen und die Ausbildung selbst informieren, sondern auch Einblicke in den konkreten Polizeialltag geben. Denn sie war jahrelang selbst als Streifenpolizistin auf den Straßen Kölns unterwegs. Daher weiß sie: Frauen, die den Polizeiberuf ergreifen wollten, sollten „eine Portion Selbstbewusstsein und gute Kommunikationsfähigkeiten mitbringen und gerne im Team arbeiten“, so Entrup

Auch wenn heute fast genauso viele Frauen wie Männer eingestellt werden, ist die Polizei immer noch eine „Männer-Domäne“, betont Dagmar Diefenthaler, Gleichstellungsbeauftragte der Polizei Köln. In einem Interview mit Report-k.de verriet sie, warum immer noch so wenige Frauen in Führungspositionen vertreten sind und inwiefern Frauen die Polizei selbst verändert haben.

Report-k.de: Seit wann stellt die Polizei in Köln Frauen ein?

Dagmar Diefenthaler, Gleichstellungsbeauftragte der Polizei Köln: Schon seit mehreren Jahrzehnten arbeiten  Frauen bei der Kripo. Allerdings wurden sie bis in die 70er Jahre nur mit eingeschränkten Aufgaben beschäftigt, also im Bereich Kinder- und Jugendkriminalität und Sittendelikte. Erst danach wurden auch die anderen Arbeitsfelder der Polizei für Frauen geöffnet. Die ersten Schutzpolizistinnen begannen 1982 ihre Ausbildung. 1985 sah man dann die ersten Frauen in Polizei-Uniform auf der Straße.

Wie viele Frauen arbeiten derzeit bei der Kölner Polizei?

Insgesamt arbeiten etwa 1.500 Frauen bei uns, davon sind circa 900 Polizeibeamtinnen. 600 Frauen arbeiten im Bereich der Verwaltung oder als Tarifbeschäftigte in den verschiedensten Bereichen des Polizeipräsidiums. In ganz Nordrhein-Westfalen liegt der Frauen-Anteil bei den Polizeivollzugsbeamten bei 16 Prozent.

Sind Frauen auch in Führungspositionen bei der Polizei Köln vertreten?

Es gibt Frauen, die in Führungspositionen tätig sind, allerdings sind das noch sehr wenige. Bei der Polizei Köln haben wir eine Polizeioberrätin, die eine der sieben Polizei-Inspektionen leitet. Eine weitere Beamtin ist die Leiterin eines der Kriminalkommissariate, die Leiterin der Pressestelle ist ebenfalls eine Polizeibeamtin. Dazu kommen einige Wachdienstführerinnen und Dienstgruppenleiterinnen auf den einzelnen Wachen. Insgesamt sind jedoch nur knapp zwölf Prozent der Führungspositionen von Frauen besetzt.

Woran liegt es, dass so wenige Frauen in einer Führungsposition arbeiten?

Das liegt zum einen daran, dass der Karriereweg bei der Polizei sehr lang ist. Da die ersten Frauen 1985 ihre Arbeit bei der Schutzpolizei aufnahmen, sind die Meisten erst knapp über 40 Jahre alt. Zudem ist die Zahl der Frauen in der Polizei erst langsam angestiegen. Andererseits fällt für viele Frauen die Bewerbungszeit für den Aufstieg zu Führungsaufgaben mitten in deren Familienplanung. Viele verzichten dann auf eine weitere Karriere.

Erschwerend kommt hinzu, dass Frauen auch heute noch teilweise schlechter beurteilt werden als Männer. Während über 35 Prozent der Männer die zwei höchsten Punktzahlen bei der Beurteilung erhalten, erreichen dies nur rund 21 Prozent der Frauen. Natürlich sind die Frauen nicht schlechter, aber diese unterschiedliche Bewertung hängt vor allem auch damit zusammen, dass Frauen öfter als Teilzeitkräfte arbeiten und den Dienststellenleitern daher weniger häufig zur Verfügung stehen. Hier besteht jedenfalls noch ein sehr großer Handlungsbedarf. Übrigens nicht nur bei der Polizei.

Wann wird es Ihrer Einschätzung nach die erste Polizeipräsidentin in Köln geben?

Unser Polizeipräsident Klaus Steffenhagen geht im Sommer 2012 in den Ruhestand und dann muss der Innenminister über die Nachfolge entscheiden. Es gibt ja in NRW schon einige Polizeipräsidentinnen, vielleicht also auch mal in Köln. Die Politik könnte ja mit gutem Beispiel voran gehen und eine Quote von Frauen in dieser Position festlegen.

Gibt es Frauen mit Migrationshintergrund bei der Polizei?

Ja, sowohl Frauen wie Männer. Aber genaue Zahlen kann ich nicht nennen, weil wir hinsichtlich der Herkunft unserer Beschäftigten nicht differenzieren. Sehr viele sind es aber noch nicht. Gleichwohl hat die Polizei großes Interesse daran, Menschen mit Migrationshintergrund einzustellen. Im Rahmen der Interkulturellen Wochen hier in Köln findet daher auch immer eine große Werbekampagne für den Beruf  „Polizeibeamtin/Polizeibeamter“ statt.

Gibt es Unterschiede im Berufsalltag, die die Arbeit eines Polizisten von der einer Polizistin unterscheiden?

Grundsätzlich nicht. Längst fahren auch zwei Frauen gemeinsam Streife, wenngleich das noch nicht die Regel ist.  Es ist aber egal, ob Beamte als Frauen- oder gemischtes Team auf Streife unterwegs sind, denn im Mittelpunkt steht nur die Erledigung der polizeilichen Aufgaben.

Die Polizei warnt vor mehr Gewalt gegen Beamte. Sind dabei Frauen und Männer gleich betroffen?

Zahlen dazu werden erst seit Neuestem erhoben. Ich glaube, dass mehr männliche Beamte davon betroffen sind. Frauen nutzen mehr ihre Kommunikationsfähigkeit, um körperlicher Gewalt aus dem Weg zu gehen. Zudem ist die Hemmschwelle, eine Frau zu schlagen, höher, als Gewalt gegenüber einem Mann auszuüben.

Hat sich die Polizei verändert, seit auch Frauen den Beruf ausüben?

Die Polizei ist „weiblicher“ geworden. Frauen in Uniform sind inzwischen keine Besonderheit mehr. Aber auch intern hat sich einiges getan. Ich empfinde es so, dass die Polizei offener geworden ist, auch wenn sie natürlich immer noch hierarchisch strukturiert ist. Die Polizei ist eben keine reine Männergesellschaft mehr und damit hat sich strukturell vieles verändert, was vor 20 Jahren noch undenkbar gewesen wäre. Die Art Dinge zu betrachten, Umgangsformen, Denkmuster.

Wie wird man als Polizistin im Kollegenkreis wahrgenommen? Werden Kolleginnen von männlichen Beamten akzeptiert?

Die Polizei ist immer noch eine Männer-Domäne. Die Polizisten mussten sich erst einmal daran gewöhnen, dass auch Frauen ihren Job gut machen. Einige wollten zunächst mit Frauen nicht auf Streifen gehen, weil sie befürchteten, sie ständig beschützen zu müssen. Viele haben sich jedoch auch um ihre jungen Kolleginnen bemüht. Inzwischen haben wir uns gut aneinander gewöhnt und sehen es als selbstverständlich an, dass wir gemeinsam die gleiche Arbeit machen. Akzeptanzprobleme gibt es nicht zwischen den Geschlechtern. Es ist wie in jedem anderen Betrieb auch: mit dem oder der einen komme ich besser zurecht, mit dem oder der anderen weniger. Das ist aber kein spezielles Männer-Frauen-Problem.

Gibt es Fälle von sexueller Belästigung am Arbeitsplatz bei der Polizei Köln?
 
Wie an jedem anderen Arbeitsplatz kommt so etwas auch bei der Polizei vor. Allerdings sind das wirklich sehr wenige Fälle. Viele Frauen regeln die Situation häufig selbst, indem sie ein ernstes Wort mit dem Kollegen sprechen. Wenn das nicht hilft, könnte sie sich aber an einen Vorgesetzten oder andere Vertrauensperson wenden, z.B. an die Gleichstellungsbeauftragte. Seit ich im Januar 2010 diese Stelle  übernommen habe, habe ich zwei derartige Fälle erlebt.

Wie reagiert die Öffentlichkeit auf Polizistinnen? Werden Frauen in Uniform
akzeptiert?

Auch die Bevölkerung musste sich erst einmal daran gewöhnen. Heutzutage gehören Polizistinnen zum täglichen Bild. Manch ein Mann lässt sich allerdings heute noch immer nicht gerne etwas von einer Frau sagen. Manchmal reden Männer – insbesondere wenn sie einen anderen kulturellen Hintergrund haben – gar nicht mit den Beamtinnen. Aber das sind wirklich Ausnahmesituationen. Inzwischen wird mehr über die neue –blaue- Uniform diskutiert als über die Person, die sie trägt.

Wie funktioniert der Beruf mit der Familie? Welche Möglichkeiten gibt es für Mütter?

Für Frauen im Schichtdienst ist das oftmals nicht einfach. Die Kindergärten haben leider nicht die gleichen Öffnungszeiten wie unser durchgehender Wachdienst. Doch Mütter und Väter sind sehr erfinderisch und finden meist eine Lösung. Viele Paare etwa, in denen beide Partner bei der Polizei arbeiten, sprechen sich bei ihren Schichten ab. Auch das Polizeipräsidium ist mit kreativen Lösungen dabei: So wurde vor ca. 10 Jahren bei uns die Heimarbeit eingeführt. Das geht natürlich nur in Teilbereichen der Polizei, also bei Büroarbeiten. Von manchen Kollegen wird die Heimarbeit allerdings noch kritisch betrachtet. Bestünde jedoch diese Möglichkeit nicht, könnten viele Beamtinnen nur eine Teilzeitstelle annehmen. Mit der Heimarbeit können sie aber ihre Stelle bis auf 100 Prozent aufstocken, was sich sowohl für die Betroffenen, aber auch für den Arbeitgeber auszahlt.  Denn in vielen Bereichen herrscht bei der Polizei Personalmangel.

Wie wird Ihrer Meinung nach die Polizei in 20 Jahren aussehen?

Ich hoffe, dass dann in allen Bereichen gleich viele Männer und Frauen arbeiten. Ich befürchte allerdings, dass dann immer noch deutlich weniger Frauen als Männer Führungspositionen bekleiden werden. Vielen Frauen ist es zu anstrengend, sich bis zur Spitze hoch zu kämpfen. Hier wünsche ich mir, dass die leitenden Beamten selbst die Frauen mehr fördern und ermutigen würden, sich für eine Führungsposition zu bewerben.

Frau Diefenthaler, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.

Das Interview führte Cornelia Schlößer für report-k.de/ Kölns Internetzeitung
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