Köln | Die „Agora Köln“ veranstaltet am kommenden Sonntag den „Tag des guten Lebens“ in Alt-Ehrenfeld, eine Art großes „Körnerstraßenfest“. Dabei wird Alt-Ehrenfeld zwischen der Innereren Kanalstraße, dem Ehrenfeldgürtel, der Vogelsangerstraße und Subbelrather Straße komplett für den Autoverkehr gesperrt und wie ein Sprecher der Initiative sagte auch 650 Parkplätze „vernichtet“. Nicht bei allen Anwohnern findet die Aktion Anklang, nicht nur wegen der Sperrung für Autos, sondern vor allem auch, weil Alt-Ehrenfeld Eventgeplagt ist und die Anwohner nicht gefragt wurden.

Die Partymeile

Keinen Monat, keine Woche ohne Party, so das Gefühl nicht weniger Alt-Ehrenfelder Bürger, als wir sie um Ihre Meinung baten. Denn schon wieder stehen 220 Halteverbotsschilder auf den Bürgersteigen und engen die sowieso schon engen Straßen ein, für die nächste Party. Gegen einen autofreien Sonntag gibt es weniger Ressentiments. Am 15.9. seien, so ein Sprecher der „Agora Köln“ 12.000 Haushalte und 20.000 Bürgerinnen und Bürger vom „Tag des guten Lebens“ betroffen. Dabei wurden sie nicht befragt. Die Initiative „Agora Köln“ hatte die Idee Bezirksbürgermeister Josef Wirges vorgetragen, der diese sofort begeistert aufnahm und in der Bezirksvertretung zur Abstimmung brachte. Wirges erklärte, dass das Abstimmungsergebnis der Politik einstimmig war und alle Parteien begeistert seien. Der Veranstalter die „Agora 21“ kommt anders, als etwa beim „Körnerstraßenfest“ oder beim „Venloerstraßenfest“, die von der Nachbarschaft, bzw. von den Ladengeschäften initiiert und organisiert werden, von außen. Dies ist neu.

650 Parkplätze werden „vernichtet“

Im Aktionsgebiet dürfen an diesem Tag nur Autos mit Sondergenehmigung fahren, die vorher beantragt wurde. Es handelt sich dabei nicht um ein freiwilliges Verbot des Veranstalters, sondern um eine ordnungsbehördliche Anordnung der Stadt Köln. Die Ein- und Ausfahrten in das Veranstaltungsgebiet werden für den Autoverkehr blockiert. 650 Parkplätze müssen freigeräumt werden, spätestens am Veranstaltungstag zwischen 7:00 und 10:00 Uhr. Wer seinen Parkplatz nicht geräumt hat, der wird kostenpflichtig abgeschleppt. Die „Agora Köln“ spricht davon, dass 650 Parkplätze vernichtet werden und ist der Auffassung, dass die Stadt diese den Bürgern an allen anderen Tagen kostenfrei zur Verfügung stellt. Dies ist aber nicht ganz richtig, denn die Hausbesitzer und damit indirekt auch die Mieter, müssen an die Stadt Köln beim Bau von Wohnungen entweder einen Stellplatz in Form einer Tiefgarage vorweisen, oder ansonsten eine nicht geringe Ablösesumme für öffentlichen Parkraum an die Stadt bezahlen. Den Anwohnern werden von der „Agora Köln“ Ersatzparkplätze angeboten, darunter der Parkplatz eines Baumarktes in der Nähe, der aber von Samstag bis Montag abgeschlossen ist und damit die Wagen eingeschlossen sein werden. Nur gegen Gebühr genutzt werden kann das Parkhaus im Barthonia Forum. Da man die Veranstaltung auch breit bewirbt, muss man den Anwohnern raten rechtzeitig sich um einen alternativen Parkplatz zu bemühen. Auch wer seinen Wagen in einer privaten Garage geparkt hat und nach 10 Uhr am Sonntag nutzen möchte muss diesen zuvor aus dem Gebiet herausgefahren haben.

150 angekündigte Veranstaltungen

Die „Agora Köln“ spricht von einer nicht kommerziellen Veranstaltung, was aber auch nur zum Teil stimmt, denn alleine auf der Venloerstraße haben rund 1/3 der Aussteller einen kommerziellen Hintergrund, auch wenn nicht alle an diesem Tag aktiv verkaufen werden. Dazu kommen Infostände der Stadt Köln, der politischen Parteien Piraten, SPD und Grüne, sowie zahlreiche Initiativen. Zudem gibt es fünf Veranstaltungsorte mit Bühnenprogramm von 12:00 bis 22:00 Uhr. In den Seitenstraßen weist der Werbeflyer derzeit rund 52 angekündigte Veranstaltungen aus. Daneben sollen sich hier die Nachbarn treffen oder ihre Blumen aus der Wohnung auf die Straße stellen.

Des einen Leid, des anderen Freud

Nicht alle Ehrenfelder Bürgerinnen und Bürger sind begeistert. Sie empfinden mittlerweile die Flut des Eventangebotes in ihrem Veedel als Last. Ein Fest jagt das nächste Fest, mit Absperraktionen und Lärmbelästigungen oder einem Scherbenmeer am nächsten Tag auf der Straße. Dazu kommen Gastronomen, die wilde Außengastronomie an jedem Wochenende bis 3:00 Uhr Morgens pflegen oder tagsüber auf den Bürgersteigen kein Durchkommen mehr ist. Vermehrt offenes Feuer oder Grillen in den Straßen und Hinterhöfen im Sommer, so dass Anwohner ihre Fenster bei 30 Grad schließen müssen und ein Partyverkehr an den Wochenenden mit Wildparken, so dass nicht einmal mehr Rettungsfahrzeuge durchkommen, sorgen auch nicht bei jedem Anwohner für Freudentränen.

Dabei herrscht immer noch viel Toleranz, weil die meisten das urbane Umfeld schätzen und auch sehen, dass dazu etwa eine Nacht- und lebendige Stadtkultur gehören. Auch gegen einen autofreien Sonntag hatte kaum einer etwas einzuwenden. Nicht Wenige, vor allem die, die schon länger in Alt-Ehrenfeld wohnen sind aber dennoch eher genervt, dass es jetzt noch eine Partyveranstaltung gibt und auch, dass man sie nicht gefragt hat, wie denn ihr „Tag des guten Lebens“ aussieht. Hier hätten sich viele gewünscht, dass sie von einer Bewegung, die sich selbst als Bewegung von unten präsentiert, ja sogar mit „Agora“ das Prinzip der direkten Demokratie im Namen trägt, der„Agora Köln“ im Vorfeld gefragt worden wären und nicht nur die Politik. Begeistert zeigen sich allerdings die, die frisch zugezogen sind. Faire Besucher von außerhalb des Veedels sollten am kommenden Sonntag mit den öffentlichen Verkehrsmitteln anreisen. Bezirksbürgermeister Josef Wirges hat angekündigt, dass er sich den „Tag des guten Lebens“ als Dauerveranstaltung wünscht.

„Tag des guten Lebens – Sonntag der Nachhaltigkeit“
Aktionstag in Alt Ehrenfeld
15.9.2013, von 11-20 Uhr

Autor: ag
Foto: Mit über 220 Parkverbotsschildern sind die Flächen ausgeschildert die am Sonntag den 15.9.2013 freigehalten werden müssen. Wer seinen Wagen nicht rechtzeitig entfernt riskiert abgeschleppt zu werden.