Anna Dogonadze kam im Jahr 1996 nach Deutschland, weil ihr damaliger Mann hier lebte. Sie wollte ihren Sport aufgeben, eine Familie gründen und Hausfrau werden. „Das war für mich damals wie für viele Frauen meiner Kultur der Sinn des Lebens.“, sagt sie. Heute ist Anna Dogonadze nicht nur Integrationsbeauftragte des Deutschen Olympischen Sportbundes, sondern gewann außerdem 2004 olympisches Gold im Trampolinturnen. Ihr Mann hatte sie dazu animiert, sich in seinem Verein anzumelden. „Dort habe ich nicht nur die deutsche Sprache gelernt, sondern auch viele Freunde gefunden. Sport kann Integration schaffen, aber dazu müssen die Immigranten auch integriert werden wollen.“, betont sie.

Eltern fürchten um den Ruf ihrer Töchter
Unter dem Motto „Dabei sein ist alles! – Einbindung von jungen Frauen mit Zuwanderungsgeschichte in den Sport“ trafen sich heute in Köln der Integrationsbeauftragte der Landesregierung, Thomas Kufen, das Innenministerium und der Landesportbund zusammen mit zahlreichen Vereinssportlern, um sich diesem Problem zu stellen. Denn nur etwa zehn Prozent aller Mädchen mit Migrationshintergrund sind sportlich aktiv. Grund dafür ist zumeist die Angst der Eltern, der Ruf der Tochter könnte beschädigt werden. Viele der Eltern treiben selbst keinen Sport und sind mit dem Vereinswesen nicht vertraut. Schnupperangebote und Sportfeste könnten hier Abhilfe schaffen, meint Thomas Kufen. Denn haben die Eltern Verein und Übungsleiter einmal kennen gelernt, erlauben sie den Mädchen die Teilnahme am Sport auch zumeist.

Sport stärkt das Selbstbewusstsein
Diese Erfahrung hat auch Güllü Yilmaz gemacht. Sie arbeitet als Übungsleiterin bei der Diakonie Wuppertal. Bevor sie die Mädchen mit Migrationshintergrund in ihr Training eingeladen hat, hat sie mit deren Müttern Sport getrieben. Danach hat sie in persönlichen Gesprächen die Väter davon überzeugt, dass ihre Töchter bei ihr gut aufgehoben sind. Erst über den Umweg über die Eltern gelang es ihr, die Mädchen an den Sport heranzuführen. Andere Vereine – insbesondere Schwimm- oder Kampfsportvereine – bieten inzwischen spezielle „Frauen-Tage“ an. An diesen können Frauen alleine die Hallen oder Bäder nutzen. Dass Sport gerade junge Frauen in ihrer Entwicklung unterstützen kann, beweist Cemre Altas. „Seit ich schwimme, habe ich viel mehr Selbstbewusstsein bekommen. Ich habe nun weniger Ängste.“, erklärt die junge Schwimmerin.

Sportvereine als Integrationsmotoren
Sport stärkt nicht nur den Einzelnen, sondern kann auch Integration ermöglichen. „In gemeinsamer sportlicher Aktivität werden ganz nebenbei Werte wie Teamgeist und Fairplay vermittelt. Die sind für eine funktionierende Gesellschaft unerlässlich.“, betont Integrationsbeauftragter Thomas Kufen. Darum möchte er den Sport als Integrationsmotor nutzen. „Durch persönliche Begegnungen können Freundschaften entstehen, Ressentiments abgebaut und die Integration in das Gemeinwesen erleichtert werden.“, so Kufen. Problematisch sind daher Vereine, die sich nur einer Ethnie öffnen. Häufig können sie jedoch auch als Sprungbrett in die Gesellschaft dienen. Die rund 150 Teilnehmer der heutigen Veranstaltung zeigten sich dennoch zuversichtlich. „Vor einigen Jahren haben wir hier noch über die Menschen mit Zuwanderungsgeschichte geredet. Heute sprechen wir mit ihnen. Mein Wunsch wäre es, dass nach mir ein Sportler mit Migrationshintergrund meinen Job übernimmt.“, meint Hans-Peter Schmitz, Integrationsbeauftragter der Landessportjugend in NRW.

Cornelia Schlößer für report-k.de/ Kölns Internetzeitung