Ein paar verzerrte Akkorde dröhnen aus dem Fenderverstärker am Rand. Das Bühnenbild besteht aus nicht viel mehr als einem Tisch und ein paar Stühlen. Im Hintergrund ist ein beschrifteter Pappkarton zu sehen. Ein Mann steht mit dem Rücken zum Publikum auf einem Stuhl. Eine Frau bewegt sich zur Musik. Erst stellt er die Gitarre hin, dann geht der Schauspieler Andreas Debatin zur Mitte der Bühne und beginnt zu sprechen: „Ein Mann kommt nach Deutschland…Er war lange weg, der Mann.“ Das ist der Auftakt zu Stefan Rogges Inszenierung des bekannten Heimkehrerdramas von Wolfgang Borchert.

Das Stück: Trümmerliteratur nach 1945
Das ist die Geschichte: Der Protagonist Beckmann kehrt desillusioniert aus dem Krieg in seine Heimat zurück. Dort ist er als hoffnungsloser Außenseiter nicht in der Lage einen Platz in der Gesellschaft einzunehmen. Als Repräsentant der unbequemen Vergangenheit steht seine Person in direktem Gegensatz zum aufkommenden Fortschrittsgeist des Wiederaufbaus.

Der Schriftsteller Wolfgang Borchert (1921 – 1947) gilt als einer der wichtigsten Vertreter der sog. Trümmerliteratur, einer kurzen und heute fast vergessenen Epoche, die sich direkt nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs mit seinen unmittelbaren Folgen beschäftigt hat.
„Draußen vor der Tür“ wurde 1947 zunächst als Hörspiel realisiert und am 21. November desselben Jahres schließlich, genau einen Tag nach Borcherts Tod, unter der Regie von Wolfgang Liebeneiner in Hamburg uraufgeführt. Heute ist das Stück nur noch selten auf der Bühne zu sehen.

Die Inszenierung: Wahrheit, Kunst und erstklassige Hornbrillen
Dem Inhalt des Dramas entsprechend gab sich die Aufführung im voll besetzten Bauturm betont karg. Das Bühnenbild war dabei so einfach wie möglich gehalten. Die im ursprünglichen Rollenverzeichnis aufgeführten16 Figuren wurden alle von nur vier Schauspielern verkörpert, was durch die Geschlossenheit der Vorlage und ihrer gründlichen Bearbeitung aber zu keiner Verwirrung führte. Hervorzuheben ist vor allem die Darstellung von Michael Schories, der zu den unterschiedlichen Rollen oft gleich mehrere Interpretationen überzeugend lieferte.

Stefan Rogges Inszenierung hat ihre stärksten Momente, wenn es um die Rolle der Kunst und ihre Darstellungsmöglichkeiten zum Thema Kriegsfolgen geht. Das düstere Thema wird dabei ernst genommen, allerdings auch nicht überstrapaziert. So zeigt die Aufführung, dass Borcherts Stück durchaus auch komisches Potential aufweist.

Der ratlose und konfuse Gott trägt einen Rauschebart, Beckmanns ehemaligen Vorgesetzten im Krieg zeichnet eine überdimensionale Nase aus, und die Sammlung von Hornbrillen des auftretenden Kabarett-Direktors steht für die austauschbaren Sichtweisen des Trägers. Sie zeichnet den Kulturspießer aber auch als solchen aus – und das zum Amüsement des Publikums.

Auch wenn „Draußen vor der Tür“ von seinem historischen Bezug nicht wirklich isoliert gesehen werden kann, stellt das Stück doch zentrale und damit zeitlose Fragen über den Umgang mit dem Thema Krieg vor allem im künstlerischen Kontext. Sowohl die Inszenierung von Stefan Rogge als auch die Darstellung durch nur vier Schauspieler wurden dem Potential des Stückes gerecht, ohne dabei das Thema zu trocken zu behandeln. 
Man darf jedenfalls gespannt sein, wie es mit der Reihe „Kriegs-Erklärungen“ weitergeht.

Premiere: 24.1.2009
Draußen vor der Tür
von Wolfgang Borchert
mit: Claudia Braubach, Andreas Debatin, Ingo Heise, Michael Schories
Inszenierung: Stefan Rogge
Ausstattung: Malte Lübben (Bühne)
Musik: Andreas Debatin

Edgar Naporra für report-k.de / Kölns Internetzeitung