Köln | aktualisiert | Die Kölner Grünen sprechen von einem Dammbruch in der politischen Kultur. Der CDU-Mann Henk van Benthem sei mit den Stimmen des Vertreters der als rechtsextrem geltenden Bürgerbewegung „Pro Köln“ und der Alternative für Deutschland AfD zum Bezirksbürgermeister in Porz gewählt worden. Die SPD, Linke und Grünen wollen schriftlich erklären, dass sie in der geheimen Wahl nicht für van Benthem gestimmt haben. Sie fordern den Rücktritt von van Benthem, die CDU will ein Spitzengespräch und in sachpolitischen Themen mit SPD und Grünen zusammenarbeiten.

Grüne „Dammbruch in der politischen Kultur“

In Porz wurde CDU-Ratsherr Henk van Benthem knapp mit 10:9 Stimmen zum Bezirksvorsteher gewählt. Hierzu teilt Katharina Dröge, Vorsitzende der Kölner GRÜNEN, mit: „In Porz haben die Bezirksvertreter*innen von Pro Köln und AfD öffentlich gemacht, dass sie Herrn van Benthem wählen werden, und dies hinterher bestätigt. Um den letzten Zweifel auszuräumen, werden die Vertreter*innen von SPD, GRÜNEN und Linken schriftlich erklären, dass sie diesen Vertreter der CDU nicht gewählt haben. Die Wahl von van Benthem ist ein Dammbruch in der politischen Kultur nicht nur in Porz, sondern in ganz Köln. Es ist völlig inakzeptabel und unanständig, sich mit den Stimmen von Rechtsradikalen wählen zu lassen. Bis jetzt waren sich alle demokratischen Parteien Kölns einig, sich nicht von der Unterstützung von Pro Köln abhängig zu machen. Stattdessen haben wir stets Mehrheiten innerhalb des demokratischen Spektrums gesucht. Daher fordern wir die CDU in Köln und in Porz auf, sich von Herrn van Benthem unzweideutig zu distanzieren. Die grüne Fraktion Porz wird den Rücktritt von van Benthem fordern. Wir schließen uns dem ausdrücklich an.“

Die Linke: „van Benthem heuchelt überraschte Unschuld“

Jörg Detjen, Sprecher der Fraktion DIE LINKE, dazu: „Henk van Benthem heuchelt die überraschte Unschuld. Es ist aber in Porz bekannt, dass er vor der Bürgermeisterwahl mit der AfD gesprochen hat. Der CDUler hat ganz offensichtlich mit den Stimmen der Rechtspopulisten gerechnet, um Porzer Bürgermeister zu werden.“ Karl Eberle, LINKER Bezirksvertreter in Porz, hatte als Sitzungsältester der Bezirksvertretung die Wahl des Bezirksbürgermeisters geleitet. Karl Eberle zum Vorgang: „Einen Bürgermeister von Gnaden der Rechtsextremen darf es in Porz nicht geben! Henk van Benthem sollte von diesem Amt zurücktreten. Sonst würde die Arbeit der BV auf nicht absehbare Zeit belastet und erschwert.“

CDU hält an van Benthem fest

Im Nachgang zur Wahl des Porzer Bezirksbürgermeisters Henk van Benthem äußerte sich der Kölner CDU-Vorsitzende Bernd Petelkau: „Die Kölner CDU und ihre Untergliederungen werden keine inhaltlichen und sachpolitischen Koalitionen mit Parteien eingehen, die in Verfassungsschutzberichten des Bundes oder der Länder aufgelistet sind. Das gilt für linke wie für rechte Parteien.“ Henk van Benthem hat glaubhaft versichert, dass es im Vorfeld seiner Wahl zum Bezirksbürgermeister zu keinerlei Absprachen, Vereinbarungen o.ä. zwischen ihm bzw. der Porzer CDU und ProKöln gekommen sei. Im Übrigen gelte: Die Wahl zum Porzer Bezirksbürgermeister wurde geheim durchgeführt, d.h. es wäre durchaus denkbar, dass auch Vertreter von SPD oder Grünen ihn gewählt hätten. Als Spitzenkandidat und Vorsitzender der größten Fraktion in der Porzer Bezirksvertretung habe van Benthem einen klaren Wählerauftrag hierfür erhalten. SPD und Grüne haben sich einem Bündnis der demokratischen Parteien jedoch bisher verweigert, so die CDU. Der Kölner CDU-Chef Bernd Petelkau bietet der Führungsspitze von SPD und Grünen ein Spitzengespräch an, um ein Bündnis der demokratischen Parteien für Porz auf den Weg zu bringen, um die anstehenden sachpolitischen Entscheidungen für Porz auf eine breite demokratische Basis zu stellen.

„Pro Köln“ nennt sich das „Zünglein an der Waage“

Auf der Website von „Pro Köln“ heißt es zur Bezirksbürgermeisterwahl: „Wie vorausgesagt, nahm die Bürgerbewegung  PRO KÖLN gestern in der Sitzung der Bezirksvertretung Porz erstmals ihre neue Rolle als “Zünglein an der Waage” wahr: Dank der Stimme der PRO-KÖLN-Bezirksvertreterin Regina Wilden gab es eine knappe 10 zu 9 Mehrheit für den CDU-Bürgermeisterkandidaten. Der von einem Linksblock aus SPD, Grünen und Linkspartei unterstütze SPD-Bewerber zog den Kürzeren.“ Regina Wilden, die in der Porzer BV für „Pro Köln“ sitzt spricht zudem von einer Normalisierung im Umgang mit Ihrer Bürgerbewegung.

AfD: Es gab auch Gespräche mit der SPD

Hendrik Rottmann der für die AfD im Kölner Rat aktiv ist und in der Bezirksvertretung Porz als Beisitzer mit beratender Stimme agiert, erklärte gegenüber report-k.de, dass man sich für die Unterstützung des CDU Kandidaten entschieden habe, weil die CDU die meisten Stimmen bei der Kommunalwahl 2014 in Porz erhalten habe. Es habe am 23.6.2014 in einem Porzer Restaurant auch Gespräche mit SPD-Mann Joisten gegeben, so Rottmann. Die SPD habe bei der AfD angefragt, ob diese den SPD-Kandidaten für das Bezirksbürgermeisteramt unterstützten. Diese habe mit dem Hinweis auf die Stimmenanzahl verneint und klar gemacht, dass man den CDU-Mann Henk van Benthem unterstützen werde. Eine Zusammenarbeit mit den Rechtspopulisten von „Pro Köln“ schloss Rottmann kategorisch aus.

Der SPD-Vorsitzende in Köln Jochen Ott hat einen offenen Brief geschickt, den report-k.de im Wortlaut veröffentlicht:

OFFENER BRIEF kursiv gesetzt

27.06.2014

Sehr geehrter Herr Petelkau!

mit Entsetzen haben wir zur Kenntnis nehmen müssen, dass sich in der Bezirksvertretung in Porz ein Christdemokrat mit Hilfe der rechtspopulistischen, rassistisch und menschenverachtend agierenden Partei Pro Köln zum Bezirksbürgermeister hat wählen lassen.

In einer Demokratie ist der Wechsel von Mehrheiten immer möglich und auch ist es nur normal, wenn die Besetzung von repräsentativen politischen Ämtern Änderungen erfahren und sich neue Mehrheiten innerhalb des demokratischen Spektrums ergeben.

Das, was sich gestern in der Porzer Bezirksvertretung, nicht zufällig, sondern wohl mit einem Vorlauf von Absprachen, ergeben hat, ist eine neue „Qualität“, die es in Köln bisher noch nicht gegeben hat. Es ist ein Tabubruch in der Kölner Politik.

Noch im Wahlkampf wurde immer wieder bekräftigt, dass dem braunen Mob mit seiner Hetzerei und den widerlichen Parolen begegnet werden muss und die Demokraten zusammen zu stehen haben.

Alle Demokraten, unabhängig von der Bewertung des eigenen Wahlergebnisses, waren froh, dass die Wählerinnen und Wähler den Rechtsextremen Menschenverachtern die Quittung gegeben haben bei der Kommunalwahl.

Der aktuellen Medienberichterstattung ist zu entnehmen, dass der Bezirksbürgermeisterwahl wohl aktives Werben der Porzer CDU um die Stimme des Pro Köln Vertreters voraus gegangen sei. Das würde bedeuten, dass nicht auszuschließen ist , dass die Kölner CDU bzw. Teile von ihr aktiv mit einer rechtsradikalen Gruppe zusammen arbeitet, um sich in repräsentative Funktionen. wählen zu lassen.

Und das zwei Wochen nach dem Birlikte Fest. Der machtvollen Demonstration der Kölnerinnen und Kölner gegen Rechts.

Im Vorfeld der Wahl hat Herr van Benthem im KSTA erklärt, sich in keinem Fall von Pro Köln wählen zu lassen. Das Ergebnis von gestern Abend spricht allerdings eine andere Sprache und ist ein klarer Wortbruch gegenüber dem Versprechen, dass er der Öffentlichkeit gemacht hat.

Auch wir dachten , dass Herrn van Benthem und die Porzer CDU sich ein Beispiel nehmen an dem ehemaligen Bürgermeister der Kreisstadt Gummersbach im Oberbergischen Kreis. Der CDU Bürgermeister Hubert Sülzer, damals schon 3 Wahlperioden im Amt, wurde 1989 mit den Stimmen der Republikaner zum Bürgermeister gewählt. Herr Sülzer nahm die Wahl nicht an, weil er es nicht hätte ertragen können „ von den braunen Brüdern“ ins Amt gehieft zu werden. Schweren Herzens verzichtete Herr Sülzer, weil er als gradliniger und aufrichtiger Demokrat der Versuchung widerstand. Diese Haltung sollte auch Maßstab für die CDU in Porz, die CDU in Köln insgesamt sein.

Sehr geehrter Herr Petelkau, ich kann Sie nur eindringlich bitten Ihren Einfluss als Vorsitzender der Kölner CDU in die Waagschale zu werfen und diese Schande für die Gemeinschaft der Demokraten zu beenden. Sorgen Sie dafür, dass Herr van Benthem dieses Amt nicht antritt.

Die demokratische Kultur in Porz und Köln hat schweren Schaden genommen. Gerne will ich auch mithelfen in Porz, auf der Grundlage des Rücktritts von Herrn van Benthem, mitzuhelfen eine Lösung zu finden, die das Wahlergebnis der Bezirksratswahl in Porz berücksichtigt.

Lassen sie uns gemeinsam mit allen Parteien einen Neuanfang in Porz machen.

Autor: Andi Goral